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Newsletter Rechtsfragen der Jugendhilfe Februar 2016

1. Gesetzgebung des Bundes und des Landes NRW

Aus der Gesetzgebung des Bundes

Schutz von Kindern und Jugendlichen vor den Gefahren von elektronischen Zigaretten und Shishas

Am 28. Januar 2016 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor den Gefahren des Konsums von elektronischen Zigaretten und Shishas erfolgt (BT-Drs. 18/6858, 18/7205) in der Fassung des Familienausschusses (BT-Drs. 7394) verabschiedet.

Das Gesetz sieht unter anderem Änderungen im Jugendschutzgesetz vor. Die Abgabe- und Konsumverbote von Tabakwaren werden auf elektronische Zigaretten und elektronische Shishas ausgedehnt werden. Ferner soll das Gesetz sicherstellen, dass Tabakwaren sowie elektronische Zigaretten und elektronische Shishas auch über den Versandhandel nur an Erwachsene abgegeben werden dürfen.

Ferner hat der Bundestag in einer Entschließung die Bundesregierung aufgefordert, in einem zweiten Schritt das Jugendschutzgesetz nochmals zu ergänzen, nämlich in das Jugendschutzgesetz umgehend ein Abgabe- und Konsumverbot an Kinder und Jugendliche von nikotinfreien Erzeugnissen, die durch konventionelle Wasserpfeifen eingeatmet werden, einzufügen.

Beschwerdemöglichkeiten für Kinder

Am 25. Januar 2016 hat im Familienausschuss des Deutschen Bundestages eine Anhörung und eine kontroverse Diskussion zur Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz und der Forderung nach einem Bundeskinderbeauftragten stattgefunden (BT-Drs. 18/6042, 18/5103). Mehrheitlich befürworteten die Sachverständigen hingegen die Schaffung von niedrigschwelligen Angeboten auf kommunaler Ebene.

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2. Rechtsprechung

Sittenwidrigkeit des Leihmutterschaftsvertrages im Rahmen des § 1741 Abs. 1 S. 2 BGB

Amtsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 2. Dezember 2015; Az. 270 F 223/14

Der mit dem leiblichen Kindesvater in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebende Antragsteller beantragt im Rahmen der Adoption die Annahme der Kinder seines Lebenspartners auszusprechen. Die Kinder (Zwillinge) wurden im Ausland im Wege einer vereinbarten Leihmutterschaft mittels anonymer Eizellspende gezeugt und von der Leihmutter entbunden. Sie leben im Haushalt des Antragstellers und des leiblichen Kindesvaters. Sowohl der Kindesvater, als auch die Leihmutter haben der Adoption zugestimmt.

Das Familiengericht Düsseldorf hat den Antrag als unbegründet zurückgewiesen.

Die Zulässigkeit der Annahme richte sich nach § 1741 Abs. 1 S. 2 BGB, da die Zeugung und Geburt der Kinder im Rahmen eines Leihmutterschaftsvertrages eine gesetzes-/ sittenwidrige Vermittlung im Sinne dieser Vorschrift darstelle. Die Vermittlung sei bei der Leihmutterschaft lediglich auf einen Zeitpunkt vor der Zeugung des Kindes vorverlagert, jedoch auf Verschaffung des noch zu zeugenden und gebärenden Kindes gerichtet.

Die Sittenwidrigkeit der Leihmutterschaft ergebe sich insbesondere aus dem Schutz der Menschenwürde von Kind und Mutter. Die Leihmutterschaft mache die Zeugung des Kindes zum Objekt eines Rechtsgeschäftes, wobei bereits vor der Zeugung vereinbart werde, dass das Kind nicht bei seiner Mutter verbleiben wird.

Die Verletzung der Menschenwürde der Kinder dadurch, dass ihre Zeugung und Austragung zur handelbaren Dienstleistung gemacht werde, könne nicht durch eine Übereinstimmung der Leihmutter und der Bestelleltern ausgeschlossen werden. Die Würde des Menschen als das zentrale Prinzip des Grundgesetzes könne auch nicht mit der Begründung, die Begründung einer rechtlichen Eltern-Kind-Beziehung diene dem Kindeswohl und die Rechtsverletzung durch die Leihmutterschaft sei ohnehin irreparabel, als unbeachtlich zurück gestellt werden.

Das Gericht sieht eine Annahme der Kinder durch den Antragsteller auch nicht als erforderlich für deren Kindeswohl an. Aus erbrechtlicher und schenkungsrechtlicher Sicht sei es dem Antragsteller unbenommen, den Kindern Vermögen zu schenken oder im Wege der gewillkürten Erbfolge zuzuwenden. Auch der Umstand, dass der Antragsteller etwa gegenüber Schule und Behörden nicht vollberechtigt als Vater auftreten kann, sei kein unzumutbarer Nachteil für die Kinder.

Erstattungsanspruch nach § 89c SGB VIII bei einer Zuständigkeit nach § 14 SGB IX

Verwaltungsgericht Hannover, Urteil vom 1. Dezember 2015; Az. 3 A 7061/12

Als bei C ein frühkindlicher Autismus und eine seelische Behinderung diagnostiziert wurden, beantragten die beiden sorgeberechtigten Eltern Sozialhilfeleistungen bei dem Landeswohlfahrtsverband Hessen (LWV). Dieser leitete den Antrag an den Kläger im Rahmen des § 14 SGB IX weiter, um darüber in eigener Zuständigkeit nach dem SGB VIII zu entscheiden. Der Kläger bewilligte C Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII. Er meldete gleichzeitig beim LWV Hessen einen Kostenerstattungsanspruch an und beantragte die Übernahme des Hilfefalls. Der LWV lehnte den Antrag ab, da eine Mehrfachbehinderung des Kindes nicht nachgewiesen sei.

Am 16. Juli 2008 verzogen die Eltern in den Bereich des Beklagten. Der Kläger beantragte beim Beklagten die Übernahme des Hilfefalls und Kostenerstattung nach § 89c SGB VIII ab Zuständigkeitswechsel und bis zur Übernahme des Falls. Der Beklagte lehnte die Anträge des Klägers mit Verweis auf § 10 Abs. 4 SGB VIII, den Vorrang der Eingliederungshilfe, ab. Am 20. Dezember 2012 hat der Kläger die vorliegende Klage beim Verwaltungsgericht Hannover erhoben. Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht Hannover hat entschieden, dass die zulässige Klage begründet sei. Der Kläger habe gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 89c SGB VIII. Da die örtliche Zuständigkeit mit Umzug der Eltern auf den Zuständigkeitsbereich des Beklagten gewechselt sei, lägen die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruches nach § 89c SGB VIII vor.

Dem Zuständigkeitswechsel stehe nicht entgegen, dass der Kläger zuvor nach § 14 SGB IX zuständig wurde. Die Regelung führe nicht zu einer statischen Zuständigkeit des betroffenen Leistungsträgers.

Wenn der Beklagte davon ausgeht, der Sozialhilfeträger sei für den Hilfefall vorrangig zuständig, obliege es dem nunmehr zuständigen Jugendhilfeträger einen Anspruch an den Sozialhilfeträger geltend zu machen.

Nach Ansicht des Verwaltungsgericht Hannover hat der Kläger gegen den Beklagten einen Erstattungsanspruch nach § 89c SGB VIII. Erstattungsansprüche aus § 89c SGB VIII gelten auch dann, wenn § 10 Abs. 4 SGB VIII greife.

Sie finden das Urteil unter www.rechtsprechung.niedersachsen.de .

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3. Publikationen

Beistandschaften 2020

Der Abschlussbericht des von den beiden Landesjugendämtern in Nordrhein-Westfalen durchgeführten Projekts "Beistandschaften 2020.." zur aktuellen Untersuchung des Fachdiensts Beistandschaft liegt vor. Das Projekt wurde mit Mitteln des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport gefördert.

Die beschriebenen Prozesse während der 12-monatigen Praxisberatung in den sechs Projektjugendämtern und die zusammengefassten Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Erhebungen des beauftragten Forschungsinstitutes liefern neue Erkenntnisse und Ergebnisse, die Sie im Abschlussbericht dargestellt finden. Sie spiegeln ein Bild der Aufgabenwahrnehmung durch den Fachdienst Beistandschaften sowie seiner Potentiale und auch die Hemmnisse für eine fachliche Weiterentwicklung wieder. Ebenso werden Ansatzpunkte für eine weitere Qualitätsentwicklung aufgezeigt.

Sie finden die Evaluation des Projekts als pdf-Datei unter anderem auf den Seiten des LVR-Landesjugendamtes Rheinland.

Kindesunterhalt und soziale Leistungen

Die Ergebnisse aus dem Praxisprojekt "Beistandschaften 2020" sind auch in die neue Arbeits- und Orientierungshilfe "Kindesunterhalt und soziale Leistungen" aufgenommen worden, die Sie auf den Seiten des LVR-Landesjugendamtes Rheinland abrufen können.

Die Rechte der Kinder. Von logo! einfach erklärt

Gemeinsam mit dem ZDF hat das Bundesjugendministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die Broschüre "Die Rechte der Kinder. Von logo! Einfach erklärt" herausgegeben.

Mit der bunt gestalteten Broschüre soll Kindern auf 108 Seiten veranschaulicht werden, was Kinderrechte sind und in welchen Situationen sie eine Rolle spielen. Das geschieht in gut verständlicher Sprache, mit vielen kleinen Geschichten und Beispielen und Bildern. Nach einer Einleitung werden das Recht auf Fürsorge, private und öffentliche Rechte und der Schutz vor Ausbeutung und Gewalt anschaulich dargestellt. Im Schnellmerker sind die wichtigsten Kinderrechte noch einmal zusammengefasst. Zum Abschluss des Heftes sind die Übereinkommen über die Rechte des Kindes und Zusatzprotokolle abgedruckt.

Sie können die Broschüre unter www.bmfsfj.de (PDF-Download) kostenlos herunterladen.

Die Pflegefamilie in der sozialhilferechtlichen Eingliederungshilfe

Peter-Christian Kunkel hat ein siebenseitiges Diskussionspapier zur Pflegefamilie in der sozialhilferechtlichen Eingliederungshilfe erstellt. Sie finden es unter www.hs-kehl.de (PDF-Download).

Flüchtlingskinder und jugendliche Flüchtlinge in Schulen, Kindergärten und Freizeiteinrichtungen

Flüchtlingskinder in Nordrhein-Westfalen sollen möglichst schnell in das Schul- und Kindergartensystem integriert werden. Die von der Unfallkasse NRW publizierte Broschüre gibt Informationen über die Auswirkungen von Trauma, Trauer und dem Leben in einer fremden Kultur. Sie soll dem pädagogischen Personal helfen, die Kinder und Jugendlichen besser zu verstehen.

Zudem bietet der 40-seitige Ratgeber praktische und lebensnahe Handlungsempfehlungen, die Lehrkräfte und Erzieherinnen und Erzieher in der täglichen Arbeit unterstützen.

Schulen und Kindertageseinrichtungen in NRW sowie andere Mitgliedsunternehmen der Unfallkasse NRW, die Flüchtlingskinder und jugendliche Flüchtlinge betreuen, können die Broschüre kostenlos bei medienversand@unfallkasse-nrw.de bestellen.

Kinder und Jugendliche auf der Flucht: Junge Menschen mit Ziel

Das Bundesjugendkuratorium (BJK) spricht sich in einer aktuellen Stellungnahme auf 12 Seiten für einen Perspektivwechsel in der Debatte um junge Flüchtlinge aus und warnt vor schnellen und unüberlegten Gesetzesverschärfungen. Die gegenwärtige Situation der Zuwanderung von jungen Menschen auf der Flucht stelle für Deutschland eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe aus flüchtlingspolitischen und flüchtlingsrechtlichen Aufgaben und aus ethischen Fragestellungen dar.

Sie finden die umfangreiche Stellungnahme zum Download unter www.bundesjugendkuratorium.net (pdf.-Download).

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4. Termine

Praxisforum 2016: Ehrenamtliche Vormünder, Pfleger.eine ungenutzte Ressource

Die Landesjugendämter Rheinland und Westfalen-Lippe führen vor dem Hintergrund des anhaltenden Flüchtlingszustroms ein 3. Praxisforum "Ehrenamtliche Einzelvormünder-eine ungenutzte Ressource" durch. Termine sind der 7. April, der 9. Juni und der 1. September 2016 im LVR-Landesjugendamt Rheinland in Köln.

Die neuen fachlichen Herausforderungen haben bereits vielerorts zu neuen Kooperationen von Fachdiensten und -stellen sowie zu neuen Überlegungen zur Aufgabenwahrnehmung geführt. Da sich in vielen Städten und Gemeinden Bürgerinnen und Bürger engagieren wollen, gehören hierzu auch Überlegungen zu deren Einbeziehung als ehrenamtliche Vormünder, Pfleger, Paten oder Gasteltern für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge. Die Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen erfordert jedoch Konzepte, Zeit und personelle Ressourcen: Einerseits für deren Gewinnung und Schulung und auch für deren weitere Begleitung und Beratung.

Die Teilnahmegebühr je Institution beläuft sich auf 190 Euro inklusive Verpflegung. Für jede weitere Person wird eine Verpflegungspauschale von 30 Euro erhoben. Eine Anmeldung ist nur für das gesamte Projekt möglich.

Weitere Informationen und Anmeldung zum Praxisforum 2016.

Neu in der Adoptionsvermittlung

Die zentrale Adoptionsstelle des LVR-Landesjugendamtes Rheinland bietet am 25. Februar 2016 eine Fortbildungsveranstaltung zum Thema "Neu in der Adoptionsvermittlung" an.

Die Veranstaltung richtet sich an Fachkräfte, die neu oder noch nicht lange im komplexen Arbeitsfeld der Adoptionsvermittlung tätig sind. Im Mittelpunkt steht die Vermittlung von Basiswissen rund um die Adoption eines Kindes. Dabei werden rechtliche und fachliche Grundlagen und Abläufe nationaler und internationaler Adoptionsvermittlungsverfahren dargestellt sowie Rahmenbedingungen und Haltungsfragen in den Blick genommen. Anhand von eigenen Praxisfällen können einzelne Fragestellungen auch vertieft behandelt werden.

Der Teilnehmerbetrag beträgt 15 Euro und schließt ein Mittagessen ein.

Weitere Informationen und Anmeldung zur Veranstaltung "Neu in der Adoptionsvermittlung".

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5. Aktuelle Meldungen

Aufarbeitungskommission Kindesmissbrauch

Die nationale Kommission zur Aufarbeitung von Kindesmissbrauch hat im Januar 2016 ihre Arbeit aufgenommen. Der Bundestag hatte sich im vergangenen Sommer für die Einrichtung einer solchen Aufarbeitungskommission ausgesprochen.

Die Kommission wird Missbrauch in institutionellen Einrichtungen und in der Familie untersuchen. Bundesweit soll Betroffenen die Möglichkeit gegeben werden, über ihre Erlebnisse zu berichten. Im Mai 2016 will die siebenköpfige Kommission ihr Arbeitsprogramm für die kommenden drei Jahre vorstellen. Ein erster Zwischenbericht soll bereits 2017 vorgestellt werden, ein Abschlussbericht bis März 2019.

Weitere Einzelheiten über die Arbeit der Aufarbeitungskommission finden Sie unter beauftragter-missbrauch.de.

"Ankommen" - eine App für Flüchtlinge

Eine mehrsprachige App für Menschen, die nach Deutschland geflüchtet sind, hilft, die deutsche Sprache zu lernen, und will Kultur und Werte vermitteln und praktische Tipps für den Alltag liefern.

Welche Schritte durch das Asylverfahren muss ich beachten? Wann muss mein Kind in die Schule? Wie erhalte ich eine Arbeitserlaubnis? Was tun, wenn ich krank werde? Die Antworten auf diese und andere Fragen erhalten Flüchtlinge in der kostenlosen App "Ankommen". Ihr Ziel ist es, die wichtigsten Informationen zur Verfügung zu stellen. Hinweise zu Werten und Leben in Deutschland finden sich dort ebenso wie Informationen zum Asylverfahren sowie zum Weg in Ausbildung und Arbeit. In die App ist zudem ein kostenloser, multimedialer Sprachkurs integriert, der eine alltagsnahe Unterstützung für die ersten Schritte auf Deutsch bietet.

Entwickelt wurde die bundesweit bisher einmalige Service- und Lern-App gemeinsam von Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Bundesagentur für Arbeit (BA) und Goethe-Institut, in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Rundfunk (BR).

"Ankommen" steht in den Sprachen Arabisch, Englisch, Farsi, Französisch und Deutsch zur Verfügung und ist nach dem Download auch ohne Internetzugang nutzbar. Weitere Informationen finden Sie unter www.ankommenapp.de.

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