LVR und ehemalige Heimkinder
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- Vorstellung der LVR-Studie "Verspätete Modernisierung"
Der LVR beschäftigt sich seit 2008 intensiv mit der Geschichte und dem Schicksal der ehemaligen Heimkinder. Außerdem hat der LVR im Jahre 2009 eine Telefon-Hotline für ehemalige Heimkinder eingerichtet, die seitdem vielen Betroffenen bei der Recherche in der eigenen Vergangenheit geholfen hat, etwa durch Hilfe bei der Suche nach Heimakten. Die Beteiligung am Fonds „Heimerziehung in der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1949 bis 1975“ ist in der Kette aus Aufklärung, Entschuldigung und Entschädigung das dritte Glied.
Aufklärung
In seiner im Juni 2010 veröffentlichten Heimkinderstudie untersuchte der LVR die Vorgänge in seinen Jugendhilfe-Einrichtungen und die Rolle des Landesjugendamtes (LJA) als Heimaufsicht im Zeitraum vom Kriegsende bis in die 1970er Jahre. Das Projekt hat dabei erstmals die Geschichte der Heimerziehung in der Zuständigkeit eines bundesdeutschen Landesjugendamtes in Blick genommen. Beauftragt wurden unabhängige Wissenschaftler verschiedener Universitäten: Sarah Banach (Uni Siegen), Andreas Henkelmann (Uni Bochum), Uwe Kaminsky (Uni Bochum), Judith Pierlings (Uni Siegen) und Thomas Swiderek (Uni Wuppertal).
Die Studie identifiziert eine verspätete Modernisierung als Kernproblem. Diese resultierte – so die Forscherinnen und Forscher – vor allem aus einer strukturellen Unterfinanzierung sowohl des Landesjugendamtes als auch der Einrichtungen. Ebenfalls wird konstatiert, dass das LJA wie auch die Heim-Einrichtungen des LVR für ein Ordnungsdenken standen, das den Jugendlichen als Störfaktor wahrnahm und äußerst repressive Seiten hatte. Obwohl rechtliche Regelungen ausdrücklich auf Erziehung abzielten, behielt die Heimerziehung in der Praxis einen stark diskriminierenden und strafenden Charakter.
Entschuldigung
Schon bevor die Ergebnisse der Studie vorlagen, hat das höchste politische Gremium des LVR, die Landschaftsversammlung Rheinland, einstimmig eine Resolution zum Thema „Ehemalige Heimkinder" beschlossen. Die rheinischen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker drücken in der Resolution ihr „tiefstes Bedauern" aus und die Versammlung „entschuldigt sich bei allen ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohnern, die körperliche und psychische Demütigungen erlitten haben". Weiter wird erklärt, dass die „Landschaftsversammlung Rheinland sich weiterhin offensiv mit diesem Kapitel seiner Vergangenheit auseinandersetzen" wird.
Entschädigung
Am Fonds „Heimerziehung in der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 1949 bis 1975“ beteiligt sich der LVR im Rahmen des NRW-Anteils. Diese Beteiligung und die Arbeit der beim LVR angesiedelten Anlauf- und Beratungsstelle sollen einen Beitrag zur Herstellung des Rechtsfriedens leisten, da Ansprüche der Betroffenen gegen die am Unrecht in der Heimerziehung beteiligten Institutionen und Personen nur schwer oder gar nicht durchgesetzt werden können.
Der Hilfsfonds sieht einerseits Leistungen vor, die die Folgeschäden der Heimunterbringung abmildern sollen. Andererseits soll ein Rentenersatzfonds Leistungen erbringen, wenn die Rentenansprüche Betroffener aufgrund nicht gezahlter Sozialversicherungsbeiträge gemindert wurden.
Verspätete Modernisierung - Öffentliche Erziehung im Rheinland 1945 bis 1972
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- Titelseite der Broschüre Verspätete Modernisierung
Die Studienergebnisse sind nun als Buch (LVR (Hg.), „Verspätete Modernisierung", Klartext-Verlag, Essen, 2010) und als Broschüre mit CD veröffentlicht. Sie können die Broschüre kostenlos bestellen oder eine Zusammenfassung herunterladen.