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03. November 2022 | Newsletter "Rechtsfragen der Jugendhilfe"
Newsletter "Rechtsfragen der Jugendhilfe"
Ausgabe November 2022
Inhalt dieser Ausgabe:
1. Aus der Gesetzgebung des Bundes
2. Rechtsprechung
3. Veranstaltungen
4. Publikationen
Datenschutz
1. Aus der Gesetzgebung des Bundes

Gesetzentwurf zur Änderung des Europawahlgesetzes

Die Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP haben einen Gesetzentwurf (Drucksache 20/3499) in den Bundestag eingebracht, der vorsieht, das aktive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament auf 16 Jahre herabzusenken (§ 6 Abs. 1,3 Europawahlgesetz). Durch die bisherige Altersgrenze von 18 Jahren würden Menschen vom Wahlrecht ausgeschlossen, die an zahlreichen Stellen in der Gesellschaft Verantwortung übernähmen und sich in den politischen Prozess einbringen könnten und wollten. Gerade die junge Generation werde durch Fragen betroffen, die aktuell Gegenstand demokratischer Entscheidungsprozesse seien. Der Gesetzentwurf befindet sich in der Beratung des federführenden Ausschusses für Inneres und Heimat. Für den 10. November 2022 ist die 2. und 3. Lesung im Bundestag vorgesehen.

Gesetzentwurf zur Änderung des Europawahlgesetzes

Bürgergeld-Gesetz

Der Bundestag hat am 13. Oktober 2022 über die Reform des Arbeitslosengeldes II und der staatlichen Grundsicherung, die durch das neue Bürgergeld abgelöst werden soll, in 1. Lesung beraten und hat den Gesetzentwurf zur weiteren Beratung in den federführenden Ausschuss für Arbeit und Soziales verwiesen. Am 10. November 2022 soll nun darüber in 2. und 3. Lesung abgestimmt werden. Abgestimmt wird dann auch über mehrere Oppositionsanträge.

Inhaltlich ist geplant, dass Menschen im Leistungsbezug sich stärker auf Qualifizierung, Weiterbildung und Arbeitssuche konzentrieren können. Dies soll unter anderem durch eine Neugestaltung der Berechnung der Regelbedarfe erreicht werden. Familien junger Menschen, die sich mit kleinen Jobs neben der Schule oder während der Ferien etwas dazuverdienen, soll durch den Zuverdienst der Kinder im Regelfall nichts mehr abgezogen werden. In der Schulzeit können junge Menschen das Geld von einem Minijob behalten, Ferienjobs bleiben komplett anrechnungsfrei.

Entwurf zum Bürgergeld-Gesetz

Chancen-Aufenthaltsrechtsgesetz

Am 6. Juli 2022 hat die Bundesregierung das vom Bundesministerium des Inneren und für Heimat vorgelegte erste Migrationspaket beschlossen. Die wichtigsten Bausteine sind die Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts, Erleichterungen bei der Fachkräfteeinwanderung, der unmittelbare Zugang zu Integrationskursen sowie die Ausweisung von Straftätern.

Mit dem Chancen-Aufenthaltsrecht wird es Menschen, die am 1. Januar 2022 seit fünf Jahren geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis in Deutschland leben, ermöglicht, ein einjähriges Chancen-Aufenthaltsrecht zu erwerben. Zudem werden die geltenden Bleiberechtsregelungen weiterentwickelt. Auswirkungen hat dies auch auf Regelungen für Jugendliche und Heranwachsende. Bislang eröffnete § 25a AufenthG gut integrierten Jugendlichen und Heranwachsenden den Weg zum Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis aufgrund erfolgter Integration und einer vierjährigen Duldung oder Gestattung. Nach diesem Gesetz wird diesen Jugendlichen und Heranwachsenden die Aufenthaltsgewährung nach § 25a AufenthG ermöglicht, wenn sie sich seit drei Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten haben.

Der Bundestag hat am 19. Oktober 2022 erstmals den Gesetzentwurf der Bundesregierung beraten und zur weiteren Beratung in den federführenden Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen.

Gesetzentwurf Chancen-Aufenthaltsrechtsgesetz

Gesetzentwurf zur Abschaffung der Kostenheranziehung von jungen Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe

In der Kinder- und Jugendhilfe werden junge Menschen, die in einer Pflegefamilie oder einer Einrichtung oder sonstigen Wohnform der Kinder- und Jugendhilfe leben und die ein eigenes Einkommen haben, zu den Kosten der Leistung der Kinder- und Jugendhilfe aus ihrem Einkommen herangezogen. Sie haben bis zu 25 % ihres Einkommens als Kostenbeitrag einzusetzen. Das Bundeskabinett hat am 13. Juli 2022 den vom Bundesfamilienministerium vorgelegten Gesetzentwurf zur vollständigen Abschaffung der Kostenheranziehung in der Kinder- und Jugendhilfe beschlossen. Am 10. November wird der Bundestag in 2. und 3. Lesung über den Gesetzentwurf abstimmen.

Gesetzentwurf zur Abschaffung der Kostenheranziehung von jungen Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe

Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ – Ende des Jahres 2022 soll das Programm auslaufen

Mit dem Bundesprogramm „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ fördert das BMFSFJ seit 2016 die sprachliche Bildung als Teil der Qualitätsentwicklung in der Kindertagesbetreuung. Das Bundesprogramm richtet sich vorwiegend an Kitas, die von einem überdurchschnittlich hohen Anteil von Kindern mit sprachlichem Förderbedarf besucht werden. Das Programm verbindet drei inhaltliche Schwerpunkte: alltagsintegrierte sprachliche Bildung, inklusive Pädagogik und die Zusammenarbeit mit Familien. Für jede Sprach-Kita stellt das Programm eine zusätzliche Fachkraft zur Verfügung. Die zusätzlichen Fachkräfte werden im Verbund von einer externen Fachberatung begleitet. Seit 2021 liegt ein zusätzlicher Fokus auf digitalen Medien und die Integration medienpädagogischer Fragestellungen in die sprachliche Bildung. In Nordrhein-Westfalen werden ca. 1400 Kitas als „Sprach-Kita“ geführt.

Die Bundesregierung hat das Auslaufen des Programms zum Ende des Jahres 2022 beschlossen. Ziel sei es, die Förderung in das Kita-Qualitätsgesetz zu überführen und damit zu verstetigen. Den Ländern sollen dafür in den kommenden Jahren zwei Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden.

Gegen die Beendigung des Bundesprogramms ist dem Petitionsausschuss des Bundestages eine Petition vorgelegt worden.

2. Rechtsprechung

Anspruch auf staatlichen Schutz bei Rückführung in den elterlichen Haushalt

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 5. September 2022

Az. 1 BvR 65/22

Die Beschwerdeführerin ist Verfahrensbeiständin eines minderjährigen Kindes, dessen nicht miteinander verheiratete Eltern aufgrund langjähriger Betäubungsmittelkonsumation und psychiatrischer Behandlungen der Mutter mit der Erziehung überfordert waren. Das Kind wurde in Obhut genommen und in eine Bereitschaftspflegefamilie gegeben. Nachdem das Jugendamt ein Kindeswohlgefährdungsverfahren angeregt hatte, wurde den Eltern im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens vorläufig die elterliche Sorge in den Teilbereichen Aufenthaltsbestimmung, Regelung ärztlicher Versorgung und Recht zur Beantragung von Jugendhilfemaßnahmen entzogen.

Auf die Beschwerde der Eltern bestätigte das Oberlandesgericht die familiengerichtliche Entscheidung.

Im Hauptsacheverfahren bestätigte ein auf die Erziehungsfähigkeit bezogenes Gutachten, dass ein Wechsel des Kindes in den Haushalt der Eltern eine Kindeswohlgefährdung darstelle. Im Hauptsacheverfahren entzog das Familiengericht sodann den Eltern wegen Kindeswohlgefährdung das Recht zur Aufenthaltsbestimmung gemäß § 1666 BGB.

Hiergegen legten die Eltern getrennt voneinander Beschwerde ein. Zwischenzeitlich war der Vater drogenfrei und psychisch stabiler.

Das Oberlandesgericht änderte die amtsgerichtliche Entscheidung ab und übertrug das alleinige Recht zur Aufenthaltsbestimmung und zur Regelung der ärztlichen Versorgung sowie der schulischen Angelegenheiten auf den Vater.

Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts legte die Verfahrensbeiständin Verfassungsbeschwerde ein. Das Bundesverfassungsgericht entschied zunächst im Eilverfahren, dass das Kind bis zur endgültigen Klärung des Gerichtsverfahrens zur eventuellen Rückführung des Kindes bei der Pflegefamilie verbleiben könne.

Das Bundesverfassungsgericht entschied nun auch im Hauptsacheverfahren, dass die Entscheidung des Oberlandesgerichts das Grundrecht des Kindes auf staatlichen Schutz gemäß Art. 2 Abs. 1 und Art. 2 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG verletze. Kinder haben einen Anspruch auf den Schutz des Staates, wenn die Eltern ihrer Pflege- und Erziehungsverantwortung (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) nicht gerecht werden oder wenn sie ihrem Kind den erforderlichen Schutz und die notwendige Hilfe aus anderen Gründen nicht bieten können.

Bei Anhaltspunkten dafür, dass das Kind bei einer Rückführung in die Herkunftsfamilie weiterhin einer Gefährdung ausgesetzt ist, müsse das Gericht nachvollziehbar darlegen, weshalb es eine Trennung von Eltern und Kind nicht mehr für erforderlich halte. Dies gelte insbesondere dann, wenn das Gericht der Einschätzung der Sachverständigen oder der beteiligten Fachkräfte nicht folge. Jugendamt und die Verfahrensbeiständin sprachen sich mehrfach für einen Verbleib des Kindes in der Pflegefamilie aus. Weicht das Gericht von der Einschätzung der beteiligten Fachkräfte ab, bedarf es einer eingehenden Auseinandersetzung und Begründung.

Das Oberlandesgericht hat nach Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts nicht sämtliche festgestellten prognoserelevanten Umstände in die erforderliche Prognose über eine Kindeswohlgefährdung einbezogen.

Beschluss des Bundesverfassungsgerichts

Schutz der Informantendaten vor Weitergabe

Landgericht Koblenz, Beschluss vom 15. September 2022

Az. 4 Qs 56/22

Das Kreisjugendamt leitete aufgrund eines Hinweises auf Drogenkonsum während der Schwangerschaft, ein Verfahren zum Schutz des ungeborenen Kindes der Anzeigenerstatterin ein. Nachdem die werdende Mutter durch eine Mitarbeiterin des Kreisjugendamtes vor Ort aufgesucht wurde und Kenntnis über die Vorwürfe erlangte, erstattete sie Anzeige gegen Unbekannt. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin ein Verfahren gegen Unbekannt wegen falscher Verdächtigung gemäß § 164 StGB ein.

Das Amtsgericht Koblenz ordnete zunächst durch Beschluss die Durchsuchung der Räume des Jugendamts zur Auffindung der Unterlagen und gegebenenfalls deren Beschlagnahme zum Verfahren betreffend der Anzeigeerstatterin nach § 98 StPO an. Hiergegen legte die Kreisverwaltung erfolgreich Beschwerde ein. Das Landgericht entschied, dass die Durchsuchungs- sowie Beschlagnahmeanordnung rechtswidrig ergangen waren, da die besonderen sozialdatenschutzrechtlichen Bestimmungen gemäß § 73 SGB X insoweit den allgemeinen strafprozessualen Vorschriften vorgehen.

Die Staatsanwaltschaft Koblenz beantragte daraufhin beim Amtsgericht Koblenz die Anordnung der unbeschränkten Offenbarung des kompletten Verwaltungsvorgangs hinsichtlich des vermeintlichen Drogenkonsums der Anzeigeerstatterin gemäß §§ 35 Abs. 1 und 2 SGB I, 73 Abs. 1 SGB X, hilfsweise die Anordnung der beschränkten Offenbarung gemäß § 73 Abs. 2 SGB X. Das Amtsgericht Koblenz ordnete die beschränkte Offenbarung der lediglich zur Identitätsfeststellung dienenden Daten, Angaben zu derzeitigen und früheren Anschriften der betroffenen Person sowie Namen und Anschriften ihrer derzeitigen und früheren Arbeitgeber gemäß §§ 35 Abs. 1 und 2 SGB I, 73 Abs. 2 SGB X an. Hiergegen wandte sich das Kreisjugendamt im vorliegenden Verfahren erneut erfolgreich.

Das Landgericht Koblenz entschied, dass einer Offenbarung der zur Identitätsfeststellung dienenden Daten der besondere Vertrauensschutz nach § 65 SGB VIII entgegenstehe. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen könne nicht gewährleistet werden, wenn jeder Informant sich der Gefahr einer Strafanzeige oder Unterlassungsklage aussetzen würde. Potentielle Informanten könnten davon absehen Mitteilungen gegenüber dem Jugendamt zu machen und so würden zahlreiche Kindeswohlgefährdungen und Kindesmisshandlungen unentdeckt bleiben. Zur Abwehr von Kindeswohlgefährdungen schützt § 65 SGB VIII auch das Interesse eines Informanten, dass dessen Angaben zu Kindeswohlgefährdungen und seine Identität vertraulich behandelt werden. Etwas anderes gilt nach Auffassung des Landgerichts nur, wenn der Informant eindeutig wider besseren Wissens Falschbehauptungen mit Schädigungsabsicht erhoben hat und feststeht, dass keine Gefahr für das Wohl von Kindern oder Jugendlichen bestand.

Die Entscheidung ist nicht veröffentlicht.

Sozialversicherungspflichtige Tätigkeit einer vom Träger der Jugendhilfe beauftragte Pflegemutter

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 7.September2022

Az. L 2 BA 6/22

Die Klägerin schloss mit dem Beigeladenen, dem Träger des örtlichen Amtes für Jugendhilfe, eine Vereinbarung über die vorübergehende Aufnahme von minderjährigen Jungen/Mädchen im Alter von Geburt bis 12 Jahren. Als Gegenleistung war ein heilpädagogisches Pflegekindergeld in Höhe von zunächst monatlich 305 € auch ohne Zuweisung von Pflegekindern für die Vorhaltung von Räumen vereinbart. Bei Aufnahme gab es zusätzlich das Pflegekindergeld, welches nach Alter differierte und sich über die Jahre erhöhte. Die Klägerin beantragte bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status im Verhältnis zum Beigeladenen. Sie war der Ansicht die Formulierungen im Vertrag entsprächen denen eines Arbeitsvertrages. Das SG Stade wies die Klage ab, woraufhin die Klägerin Berufung einlegte. Diese wies das LSG Niedersachsen-Bremen ebenfalls ab.

Das Gericht ist der Ansicht, die Pflegetätigkeit sei keine zu Erwerbszwecken ausgeübte Tätigkeit. Aus der monatlichen Zahlung fester Beträge folge nicht die Zuordnung der Pflegetätigkeit zum rechtlichen Typus der Beschäftigung. Es handele sich vielmehr um eine sozialversicherungsfreie ehrenamtliche Tätigkeit, welche demgegenüber ihren Charakter durch ihre ideellen Zwecke und Unentgeltlichkeit erhalte. Bei den der Klägerin gewährten Zuwendungen vom Beigeladenen handele es sich um eine pauschalierte Aufwandsentschädigung und nicht um eine (verdeckte) Entlohnung. Auch die Höhe der finanziellen Zuwendungen führe im Rahmen der Evidenzkontrolle nicht zu einer beitragspflichtigen Entlohnung. Diese stünden hier nicht im Missverhältnis zur Leistung.

Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen

Zuständigkeit für eine Hilfe nach § 19 SGB VIII bei bestehender Leistungskonkurrenz

Verwaltungsgericht München, Urteil vom 7. September 2022

Az. M 18 K 18.1925

Seit mehreren Jahren erhielt die mittlerweile volljährige und schwangere Leistungsempfängerin Leistungen der Sozialhilfe, zuletzt Eingliederungshilfe in Form des betreuten Wohnens durch den Kläger.

Im Jahr 2016 zog sie, nachdem ihr Hilfe nach § 19 SGB VIII bewilligt wurde, in eine Eltern-Kind-Einrichtung. Die Kostenübernahme erfolgte durch den Kläger bis zum 1. Januar 2017. Da die Mutter am 2. Januar 2017 das 27. Lebensjahr vollende, sei nach Auffassung des Klägers ab diesem Zeitpunkt das Jugendamt auch für die Kosten der geistig behinderten Mutter nach § 10 Abs. 4 SGB VIII zuständig.

Das beklagte Jugendamt bewilligte die Kosten des Kindes, lehnte eine Kostenübernahme der Mutter jedoch ab. Das Leistungsangebot des SGB VIII richte sich explizit an Kinder, Jugendliche und junge Menschen bis zum 27. Lebensjahr. Eine vollstationäre Unterbringung von Elternteilen jeden Alters im Rahmen einer Jugendhilfeleistung könne nicht gewollt sein. Zudem seien die persönlichen Defizite der Mutter eindeutig auf ihre geistige Behinderung zurückzuführen. Das jugendhilferechtliche Ziel des § 19 SGB VIII könne damit nicht erzielt werden und ein Vorrang der Eingliederungshilfe sei gegeben.

Der Kläger gewährte aufgrund der strittigen Zuständigkeit die Leistung nach § 43 SGB I vorläufig weiter. Die vorrangige Zuständigkeit des Klägers gemäß § 10 Abs. 4 SGB VIII gelte nur, bis der Elternteil das 27. Lebensjahr vollendet habe. Danach habe die Mutter einen Anspruch auf Leistungen der Jugendhilfe und es bleibe gemäß § 10 Abs. 4 SGB VIII beim Vorrang der Jugendhilfe.

Da der Beklagte eine Fallübernahme und Kostenerstattung weiterhin ablehnte, hat der Kläger die vorliegende Klage beim Verwaltungsgericht München erhoben.

Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die zulässige Klage begründet ist.

§ 19 SGB VIII setze einen Unterstützungsbedarf voraus, der in der Persönlichkeitsentwicklung des alleinsorgenden Elternteils begründet sei. Das Persönlichkeitsdefizit müsse nicht auf fehlender Reife zur Erziehung, sondern könne auch auf seelischer, geistiger oder körperlicher Behinderung des Elternteils beruhen. Maßstab sei daher immer das Entwicklungspotential im Hinblick auf die Elternkompetenz und nicht auf die Erreichbarkeit der Verselbstständigung.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts ist der Anspruch der Leistungsempfängerin nach § 19 SGB VIII gegenüber dem Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 53 SGB XIII für über 27-Jährige Personensorgeberechtige gemäß § 10 Abs. 4 SGB VIII vorrangig. Der Beklagte sei somit zur Erstattung der Kosten verpflichtet.

3. Veranstaltungen

Sozialverwaltungsverfahrensrecht in der Kinder- und Jugendhilfe

Am 7. Februar 2023 bietet das LVR-Landesjugendamt eine Online-Fortbildung zum Sozialverwaltungsverfahrensrecht in der Kinder- und Jugendhilfe an.

In der Fortbildung werden im Austausch mit den Teilnehmenden die für die Kinder- und Jugendhilfe relevanten Aspekte des Sozialverwaltungsverfahrensrecht dargestellt und besprochen. Es geht dabei um die Antragstellung, Beteiligung, Erlass von Verwaltungsakten wie Hilfegewährung, Inobhutnahme, Erlaubniserteilung, Kostenbeteiligung sowie die Rechtschutzmöglichkeiten und Spielräume der Jugendämter.

Die Fortbildung richtet sich an Mitarbeitende von Jugendämtern und freien Trägern sowie weitere Interessierte im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe. Auch die insoweit relevanten Änderungen durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) im SGB VIII werden thematisiert.

Referentin ist Diana Eschelbach.

Veranstaltungs-/Anmeldeseite im Katalog

Schweigepflicht und Sozialdatenschutz in der Kinder- und Jugendhilfe

Das LVR-Landesjugendamt bietet am 10. Mai 2023 in Köln eine Online-Veranstaltung zur Schweigepflicht und zum Sozialdatenschutz in der Kinder- und Jugendhilfe an.

Fachkräften in Jugendämtern werden viele persönliche Dinge bekannt. Der richtige Umgang mit solchen persönlichen Daten und Geheimnissen ist unverzichtbare Grundlage für eine vertrauensvolle Beziehung zwischen allen Beteiligten in der Kinder- und Jugendhilfe. Der Sozialdatenschutz hat an vielen Stellen Auswirkungen auf die tägliche Arbeit in den Jugendämtern und bei den Trägern der freien Jugendhilfe. Das Seminar vermittelt einen praxisnahen Überblick über die Systematik und die für die Kinder- und Jugendhilfe relevanten Vorschriften zu Schweigepflicht und Datenschutz. Es wird erläutert, wann und welche Daten erhoben und gespeichert werden dürfen, was bei der Verwendung der Daten innerhalb des Jugendamtes bzw. des freien Trägers zu beachten ist und unter welchen Voraussetzungen eine Übermittlung an andere erlaubt ist. Zudem werden die Rechte der Betroffenen thematisiert, insbesondere das Recht auf Auskunft.

In dem Seminar sollen Fragen behandelt werden, die sich den in der Kinder- und Jugendhilfe tätigen Fachkräften regelmäßig stellen.

Referentin ist Prof. Dr. Brigitta Goldberg, Professorin für Jugendhilferecht, Jugendstrafrecht und Kriminologie am Fachbereich Soziale Arbeit der Ev. Hochschule Rheinland Westfalen-Lippe in Bochum.

Veranstaltungs-/Anmeldeseite im Katalog

4. Publikationen

Jugendhilfereport 4/2022

Die Ausgabe 4/2022 des Jugendhilfereports des LVR-Landejugendamts Rheinland ist mit dem Schwerpunkt „Das neue Vormundschaftsrecht“ erschienen.

Der Jugendhilfereport kann auch im digitalen Abonnement bezogen werden.

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zum Gesamtvorhaben zum Schutz von Kindern gegen sexuellen Missbrauch im privaten, virtuellen und öffentlichen Raum

Die Kleine Anfrage an die Bundesregierung vom 22. Oktober 2022 betrifft die im Koalitionsvertrag beschlossenen Maßnahmen, welche zum Kinderschutz innerhalb der Legislaturperiode umgesetzt werden sollen. Inhaltlich geht es unter anderem um die Frage, welche Maßnahmen kurzfristig und welche langfristig zum Kampf gegen Kinderpornografie beziehungsweise sexuellen Missbrauch geplant sind und welche Schwerpunkte gesetzt werden. Zudem wird Auskunft erteilt, welche Forschungsvorhaben mit Bundesmitteln gefördert werden, welche Maßnahmen im Zusammenhang mit Missbrauchsdarstellungen in Form von Bild- und Videodateien über Mobiltelefone geplant und welche Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für Fachkräfte vorgesehen sind. Zudem geht es um das Zusammenwirken von Bund, Ländern und Kommunen sowie um mögliche Änderungen im Strafgesetzbuch.

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage

Besteuerung des Einkommens für Kindertagespflegepersonen und die sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen

In aktualisierter 10. Auflage hat der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. und der Paritätische Wohlfahrtsverband Gesamtverband e. V. die Broschüre "Was bleibt?!" herausgegeben. Die Broschüre informiert über die veränderten aktuellen Rahmenbedingungen im Tätigkeitsfeld der Kindertagespflege, enthält Hinweise zu Förder- und Erstattungsmöglichkeiten und gibt wichtige Tipps und Informationen zur Besteuerung des Einkommens für Kindertagespflegepersonen. Sozialversicherungs-rechtliche Aspekte werden näher erläutert.

Broschüre "Was bleibt?!"

Schutzbrief gegen weibliche Genitalverstümmelung

Der Schutzbrief gegen weibliche Genitalverstümmelung informiert über die Strafbarkeit von weiblicher Genitalverstümmelung. Er dient zur Aufklärung der betroffenen und bedrohten Frauen und Mädchen sowie der Fachöffentlichkeit und Öffentlichkeit und soll Schutz vor der weiblichen Genitalverstümmelung bei Reisen in den Herkunftsländern vermitteln.

Die Kleine Anfrage der AFD-Fraktion fragt nach der Nutzung des Schutzbriefes durch Frauen und Mädchen, nach den ergriffenen Maßnahmen der Bundesregierung, sowie nach statistischen Daten und Fallzahlen.

In ihrer Antwort teilt die Bundesregierung mit, dass seit der Veröffentlichung insgesamt 29 496 Schutzbriefe gegen weibliche Genitalverstümmelung bestellt wurden. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat ein Projekt zu bundesweiten Schulungen von interdisziplinären Fachkräften zum Schutzbrief gegen weibliche Genitalverstümmelung gefördert. Seit Einführung des Straftatbestands des § 226a StGB (Verstümmelung weiblicher Genitalien) kam es zu vier Verurteilungen.

Im Rahmen des Bundesförderprogramms „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ wird das Modellprojekt „Prävention und Hilfe bei Genitalverstümmelung in Mitteldeutschland“ gefördert. Ziel des Projektes ist es, betroffenen und gefährdeten Mädchen und Frauen einen leichteren und nachhaltigen Zugang zur Hilfelandschaft zu ermöglichen.

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage mit Hinweis auf das Projekt

Empfehlungen für eine Reform des Familien- und Familienverfahrensrechts unter Berücksichtigung von häuslicher Gewalt

Das Präsidium des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. hat am 20. September 2022 seine Empfehlungen für eine Reform des Familien- und Familienverfahrensrechts bei häuslicher Gewalt verabschiedet.

Der Deutsche Verein stellt fest, dass die Umsetzung der Istanbul Konvention weiteren Handlungsbedarf erfordere. Umsetzungsdefizite werden im Bereich der familienrichterlichen Praxis benannt. Aktuell fehle es in Kindschaftssachen, sowohl im Verfahrensrecht als auch im materiellen Recht, an expliziten Regelungen zum Vorgehen bei häuslicher Gewalt. In Fällen häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt ist davon auszugehen, dass eine verantwortungsvolle gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge in der Regel nicht möglich sei und nicht dem Kindeswohl diene. Welche Maßnahmen aus Sicht des Deutschen Vereins notwendig sind, ist Gegenstand der Empfehlungen.

Die Empfehlungen richten sich insbesondere an die zuständigen Vertreter und Vertreterinnen des Bundes und der Länder, der Kommunen und Freien Wohl-fahrtspflege.

Empfehlungen des Deutschen Vereins für eine Reform des Familien- und Familienverfahrensrechts bei häuslicher Gewalt

Eckpunkte zur Durchführung von Auslandsmaßnahmen, insbesondere von intensivpädagogischen Maßnahmen im Ausland

Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. hat ein Eckpunktepapier zur Durchführung von Auslandsmaßnahmen vorgelegt, welches den gesetzlichen und fachlichen Rahmen für die Durchführung von Jugendhilfe im Ausland thematisiert.

Im Zuge der SGB VIII-Reform hat sich der rechtliche Rahmen auf verschiedenen Ebenen geändert und sowohl auf Bundes- als auch auf EU-Ebene sind bei der Unterbringung von Kindern und Jugendlichen im Ausland neue Punkte zu beachten, damit ein Auslandsaufenthalt gelingen kann. Adressaten der Eckpunkte sind insbesondere die örtlichen und überörtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die Träger der freien Jugendhilfe, die Hilfen zur Erziehung im Ausland erbringen und anbieten möchten, sowie die deutschen Auslandsvertretungen. Das Ziel der Eckpunkte ist es, diesen Akteuren Handlungshinweise zu geben, damit sie für die jungen Menschen eine Auslandsmaßnahme bedarfsgerecht gestalten können, sowohl in der Phase der Vorbereitung, des Aufenthalts im Ausland sowie nach der Rückkehr.

Eckpunktepapier des Deutschen Vereins zur Durchführung von Auslandsmaßnahmen, insbesondere von intensivpädagogischen Maßnahmen im Ausland

Landesweite Out of Home-Kampagne über mögliche Strafbarkeit beim Sexting

Für viele Jugendliche, die gerade dabei sind, ihre Sexualität zu entdecken, spielt Sexting eine wichtige Rolle. Die aktuelle Kriminalstatistik des Landeskriminalamts NRW zeigt jedoch, dass Jugendliche zu Opfern und immer häufiger auch zu Straftäter*innen werden, wenn es um die Verbreitung von Kinder- und Jugendpornografie geht. Das ist ein großes Problem und macht deutlich, dass es dringend Aufklärung braucht. Zu diesem Zweck hat die Landesanstalt für Medien NRW eine landesweite Kampagne entwickelt, mit der Aufmerksamkeit für das Thema geschaffen und sensibilisiert werden soll. Unter der Kampagnenwebsite https://www.safer-sexting.de/ können sie sich umfangreich dazu informieren, was beim Sexting erlaubt ist, worauf man achten sollte und was dringend zu unterlassen ist. Zudem wird die Kampagne mit zahlreichen Materialen begleitet, die für pädagogische Fachkräfte, Lehrkräfte oder auch Eltern auf der Website der Landesanstalt für Medien NRW kostenlos zur Verfügung stehen.

Kampagnenwebsite zur Out of Home-Kampagne über mögliche Strafbarkeit beim Sexting

Impulspapier zu den Ombudsstellen gemäß § 9a SGB VIII

Der Bundesverband für Erziehungshilfe e.V. (AFET) hat ein Impulspapier zur fachlichen Diskussion zum Kinder- und Jugendstärkungsgesetz veröffentlicht und beschäftigt sich mit den neuen Ombudsstellen gemäß § 9a SGB VIII. Junge Menschen und ihre Familien sollen in Konfliktsituationen durch den Ausgleich struktureller Machtasymmetrien unterstützt werden. Bei der Umsetzung des § 9a SGB VIII steht die Praxis vor der Herausforderung, wie die Ombudsstellen mit ihrer gesetzlich vorgesehenen umfassenden Zuständigkeit realisiert werden können und was es dabei zu beachten gilt. Das Impulspapier beschäftigt sich mit der generellen Ausrichtung der Ombudsstellen und ihren Aufgaben, ihrem Verhältnis zu anderen Beratungsangeboten, dem bedarfsgerechten Aus- und Aufbau, sowie deren Unabhängigkeit.

Impulspapier zu den Ombudsstellen gemäß § 9a SGB VIII

Umsetzung von § 20 SGB VIII als Chance für Familien in Notsituationen

Der Bundesverband für Erziehungshilfe e.V. - AFET hat das 15. Impulspapier zur fachlichen Diskussion zum Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) veröffentlicht. Thematisiert wird der § 20 SGB VIII in seiner neuen Fassung. Das Papier geht auf die Umsetzung der Empfehlungen 1 bis 4 der AG psychisch kranker und suchtkranker Eltern im KJSG ein sowie auf die niedrigschwellige Inanspruchnahme, den Zugang über die Erziehungsberatung, weitere Herausforderungen und die Vereinbarungen nach § 36a Abs. 2 SGB VIII.

Impulspapier zur Umsetzung von § 20 SGB VIII als Chance für Familien in Notsituationen des Bundesverbands für Erziehungshilfe e.V. - AFET

Impulspapier zu jungen Volljährigen – Übergangsplanung und Nachbetreuung gut gestalten

Der Bundesverband für Erziehungshilfe e.V. – AFET hat sich in einem Impulspapier mit den Veränderungen durch die Änderungen des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) für die Zielgruppe der jungen Volljährigen und Careleaver befasst. Thematisiert wird der Fortschritt durch die Änderungen des § 41 SGB VIII sowie die noch bestehenden Herausforderungen und offenen Fragestellungen. Eingegangen wird auf die nunmehr verbindliche Übergangsplanung nach § 36b SGB VIII sowie auf den Nachbetreuungsanspruch nach § 41a SGB VIII.

Impulspapier des Bundesverbands für Erziehungshilfe e.V. – AFET zu jungen Volljährigen

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Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) arbeitet als Kommunalverband mit rund 21.000 Beschäftigten für die 9,7 Millionen Menschen im Rheinland. Mit seinen 41 Schulen, zehn Kliniken, 20 Museen und Kultureinrichtungen, vier Jugendhilfeeinrichtungen, dem Landesjugendamt sowie dem Verbund Heilpädagogischer Hilfen erfüllt er Aufgaben, die rheinlandweit wahrgenommen werden. Der LVR ist Deutschlands größter Leistungsträger für Menschen mit Behinderungen und engagiert sich für Inklusion in allen Lebensbereichen. „Qualität für Menschen“ ist sein Leitgedanke.

Die 13 kreisfreien Städte und die zwölf Kreise im Rheinland sowie die StädteRegion Aachen sind die Mitgliedskörperschaften des LVR. In der Landschaftsversammlung Rheinland gestalten gewählte Mitglieder aus den rheinischen Kommunen die Arbeit des Verbandes.

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