Was motiviert Sie persönlich, sich so stark für die Kinder- und Jugendhilfe zu engagieren?
Wir sagen ja oft: Kinder und Jugendliche sind unsere Zukunft – und das stimmt. Aber wenn man sieht, wie wenig Einfluss Kinder und Jugendliche auf politische Entscheidungen haben, obwohl sie am längsten mit deren Folgen leben müssen, wird deutlich: Sie brauchen Erwachsene, die ihre Interessen vertreten. Kinder haben in unserer Gesellschaft keine starke Lobby. Sie machen nur etwa 17 Prozent der Bevölkerung aus und dürfen frühestens mit 16 Jahren wählen – zum Beispiel bei den Kommunalwahlen in NRW. Ihre Anliegen finden politisch oft zu wenig Gehör. Deshalb brauchen sie Menschen, die sich für sie starkmachen.
Darüber hinaus empfinde ich die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen als unglaublich bereichernd. Es macht einfach Freude, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Sie sind engagiert, neugierig und bringen viele gute Ideen mit. Dieser Austausch ist inspirierend und motivierend zugleich.
Was macht aus Ihrer Sicht die Arbeit in einem Jugendhilfeausschuss besonders spannend – oder auch herausfordernd?
Der Jugendhilfeausschuss ist unter all den Ausschüssen wirklich einzigartig. Er ist – neben dem Haupt- und Finanzausschuss sowie dem Rechnungsprüfungsausschuss – ein Pflichtausschuss. Besonders ist auch seine Struktur: Das Jugendamt besteht nicht nur aus der Verwaltung, sondern aus der Verwaltung und dem Jugendhilfeausschuss. Diese sogenannte Zweigliedrigkeit ist im Kinder- und Jugendhilfegesetz ausdrücklich festgeschrieben.
Hinzu kommt, dass auch Vertreterinnen und Vertreter aus Wohlfahrtsverbänden und Jugendverbänden stimmberechtigt sind. Das heißt: Verwaltung, Politik und Träger arbeiten gemeinsam an der Weiterentwicklung der Jugendhilfe. Sie bündeln ihre Kräfte und Ideen, um für Kinder und Jugendliche das Beste zu erreichen. Diese Vielfalt der Perspektiven macht die Arbeit spannend – aber sie erfordert auch viel Abstimmung und Kooperation.
Was sind aus Ihrer Sicht derzeit die größten Herausforderungen für die Jugendhilfeausschüsse im Rheinland?
Ganz klar: die finanziellen Engpässe. Auf allen Ebenen ist die Haushaltslage angespannt. Gleichzeitig wächst der Aufgabenbereich der Jugendhilfe ständig. Auch der Fachkräftemangel ist ein großes Thema. Denken Sie nur an die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung im Primarbereich ab dem Schuljahr 2026/27 – das ist eine riesige Aufgabe, die alle Beteiligten fordern wird.
Wie können die Fortbildungen des LVR dazu beitragen, dass die Jugendhilfeausschüsse informierter, beteiligter und wirksamer arbeiten?
Solche Fortbildungen sind eine hervorragende Möglichkeit, aktuelle Informationen zu teilen und sich über Erfahrungen auszutauschen. Besonders wichtig finde ich den Kontakt untereinander – dass sich Mitglieder aus verschiedenen Ausschüssen kennenlernen, voneinander lernen und Netzwerke aufbauen. So entstehen neue Perspektiven und gemeinsame Lösungen.
Danke für das Gespräch.
Hintergrund
Die Online-Veranstaltungsreihe „Entscheiden im Jugendhilfeausschuss“ findet am 13., 20. und 28. Januar 2026, jeweils von 17 bis 19 Uhr statt. Die Teilnahme ist kostenfrei. Eine Anmeldung ist über den Online-Fortbildungskatalog auf der Website des LVR-Landesjugendamtes Rheinland möglich.