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12. August 2020 | Kultur
Römische Säule mit seltener Gottheit
Fund einer Jupitersäule mit seltener Reliefdarstellung im Rheinland

Kerpen-Manheim. 12. August 2020. Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) hat am Rande des Tagebaus Hambach der RWE Power AG bei Kerpen-Manheim im Rhein-Erft-Kreis erneut einen römischen Brunnen mit bemerkenswerten Funden freigelegt. Im Inneren des wahrscheinlich vom 2./3. bis in das 5. Jahrhundert genutzten Brunnens konnte das Team des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland (LVR-ABR) Teile einer Jupitersäule freilegen, die Darstellungen von mehreren römischen Gottheiten zeigen.

Bei den Gottheiten handelt es sich zunächst um den obersten römischen Gott Jupiter, der auf einem Thron sitzend die nach ihm benannte Säule bekrönte. Von dieser Skulptur sind nur der Thron und der Unterkörper des Gottes erhalten. Möglicherweise zeigt ein stark beschädigtes Relief am Fuße der ehemals ungefähr fünf Meter hohen Säule ebenfalls Jupiter. Besser erhalten ist ein weiteres Relief, welches drei weibliche Göttinnen zeigt: Juno, die Gattin Jupiters, Minerva, die Göttin der Weisheit, und sehr wahrscheinlich Nemesis-Diana, die Göttin der gerechten Rache. „Die Darstellung von Nemesis-Diana ist im Rheinland etwas Besonderes“, erläutert Dr. Erich Claßen, Leiter des LVR-ABR. „Wir haben kaum Nachweise darüber, dass sie zu römischer Zeit im Rheinland verehrt wurde.“ Die Göttin ist auf dem Relief anhand des Wagenrads zu erkennen. Zudem ist sie aber auch mit einem kurzen Gewand ausgestattet, das normalerweise für Diana, die Göttin der Jagd, typisch ist. Diese Darstellung als sogenannte Nemesis-Diana ist aus dem gesamten Römischen Reich bisher nur selten nachgewiesen.

Anhand von Keramikscherben, die sich in der Verfüllung des Brunnens befanden, konnte Grabungsleiter Dr. Martin Grünewald von der Außenstelle Titz des LVR-ABR nachweisen, dass der Brunnen noch bis in das 5. Jahrhundert in Gebrauch war. „Eine so lange Nutzung des Brunnens ist außergewöhnlich. Normalerweise wurden die bisher entdeckten Brunnen mit Jupitersäulen bereits im 3. oder 4. Jahrhundert verfüllt.“, so Grünewald. Dieser Umstand könnte auch Aufschluss über die religiösen Verhältnisse im Rheinland während der spätrömischen Zeit geben. In vielen Brunnen auf den römischen Landgütern fanden sich die Reste von Jupitersäulen, die daher wahrscheinlich auf dem Hofgelände standen. Im Zuge der Christianisierung wurden diese als heidnisch erachteten Göttersäulen vielleicht absichtlich in die Brunnen gestürzt. Dass dies im Falle von Kerpen-Manheim erst im 5. Jahrhundert geschah, zeigt die zu dieser Zeit auf dem Land noch immer stattfindende Verehrung der römischen Gottheiten, nachdem in Köln und andernorts schon längst Kirchen errichtet worden waren. Es ist aber auch nicht auszuschließen, dass die Säule bei einem Einfall germanischer Stämme zerstört wurde und in den Brunnen gelangte. Denn seit dem 3. Jahrhundert drangen immer wieder Stammesverbände in das römische Gebiet links des Rheins ein.

Aber nicht nur der Inhalt, sondern auch der Brunnen selbst ist aufschlussreich. Die massive steinerne Fassung des Brunnens verrät einen hohen baulichen und logistischen Aufwand. „Die mehrere Tonnen wiegenden Sandsteine mussten über etliche Kilometer aus der Nordeifel zur Villa transportiert werden“, führt Dr. Udo Geilenbrügge an, Leiter der Außenstelle Titz des LVR-ABR. „Das konnte sich nur ein wohlhabender Gutsherr leisten.“ Wann der Brunnen errichtet wurde, ist jedoch noch nicht klar. Die Funde aus der Verfüllung des Brunnens, neben Keramikscherben auch einige Münzen und ein Lederschuh sowie ein Sieb aus Bronze, geben darüber leider keinen zuverlässigen Aufschluss, da sie eher gegen Ende der Brunnennutzung in diesen gelangt sind. Ähnliche Brunnen aus diesem Gebiet wurden meistens im 2./3. Jahrhundert errichtet, weswegen das auch für den jetzt ausgegrabenen Brunnen denkbar wäre. Geilenbrügge und seine Kollegen erhoffen sich von den noch ausstehenden Untersuchungen an den Hölzern der Brunnenkonstruktion eine genaue Erkenntnis über den Zeitpunkt des Baus.

Im Rahmen des Braunkohletagebaus wurden in der Vergangenheit bereits mehrere römische Brunnen ausgegraben, die zu römischen Gutshöfen gehörten. Die villa rustica, zu der dieser Brunnen gehört, wurde bereits 1980/81 untersucht. Fast vier Jahrzehnte später erreichte der Tagebau Hambach den ca. 15 m tiefen Brunnen nun planmäßig. Nach vorsichtigem Abtrag der Tagebaurandböschung mit dem großen Schaufelradbagger konnte der Brunnen dank logistischer Unterstützung durch RWE Stück für Stück freigelegt und die Säulenfragmente geborgen werden.

Pressekontakte:

Birgit Ströter
Landschaftsverband Rheinland
LVR-Fachbereich Kommunikation
Tel 0221 809-7711
Mail birgit.stroeter@lvr.de

Jens Schubert
Landschaftsverband Rheinland
LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland
Tel. 0228 9834-126
Mail jens.schubert@lvr.de

Bilder zum Download:
Grabungsleiter Dr. Martin Grünewald (re.) und Grabungstechniker Daniel Gansera vom LVR-ABR diskutieren die Verfüllung des römischen Brunnens im Tagebau Hambach. Foto: Marcel Zanjani/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland
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Überraschend kam in dem Brunnen ein Relief mit der Darstellung von drei römischen Göttinnen zu Tage, das von einer Jupitersäule stammt. Foto: Marcel Zanjani/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland
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Die Montage zeigt alle drei auf dem Säulenrelief dargestellten Göttinnen: links Juno, in der Mitte sehr wahrscheinlich Nemesis-Diana und rechts Minerva. Foto: Marcel Zanjani/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland
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In dem Brunnen fand sich ebenfalls die beschädigte Skulptur des obersten römischen Gotts Jupiter, der die nach ihm benannte Säule bekrönte. Foto: Marcel Zanjani/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland
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Mit Hilfe eines durch RWE bereitgestellten Baggers kann der Brunnen Schritt für Schritt durch das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland freigelegt werden. Foto: Marcel Zanjani/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland
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Im Hintergrund geht der Braunkohleabbau weiter, während das archäologische Team am Brunnen arbeitet. Im Vorfeld der Arbeiten hatte der große Schaufelradbagger die Böschung vorsichtig abgetragen, um den Brunnen freizulegen. Foto: Marcel Zanjani/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland
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Die Holzfunde aus dem Brunnen werden von Yannik van Wezemael, Hussein Al-Moustafa und Daniel Gansera (v.l.n.r.) vorsichtig eingepackt, damit die Feuchtigkeit erhalten bleibt und das Holz nicht zerfällt. Foto: Marcel Zanjani/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland
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Die Fragmente der Jupitersäule werden mit schwerem Gerät von der Fundstelle abtransportiert, damit sie später gereinigt und untersucht werden können. Foto: Marcel Zanjani/LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland
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Über den LVR:

Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) arbeitet als Kommunalverband mit rund 22.000 Beschäftigten für die 9,8 Millionen Menschen im Rheinland. Mit seinen 41 Schulen, zehn Kliniken, 20 Museen und Kultureinrichtungen, vier Jugendhilfeeinrichtungen, dem Landesjugendamt sowie dem Verbund Heilpädagogischer Hilfen erfüllt er Aufgaben, die rheinlandweit wahrgenommen werden. Der LVR ist Deutschlands größter Leistungsträger für Menschen mit Behinderungen und engagiert sich für Inklusion in allen Lebensbereichen. „Qualität für Menschen“ ist sein Leitgedanke.

Die 13 kreisfreien Städte und die zwölf Kreise im Rheinland sowie die StädteRegion Aachen sind die Mitgliedskörperschaften des LVR. In der Landschaftsversammlung Rheinland gestalten gewählte Mitglieder aus den rheinischen Kommunen die Arbeit des Verbandes.

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