Rheinland/Köln, 20. Juni 2016. Rund 384.000 Menschen mit Behinderung benötigen bundesweit ambulante oder stationäre Unterstützung beim Wohnen – knapp drei Prozent mehr als im Vorjahr. Bundesweit lebt mehr als die Hälfte von ihnen (54 Prozent) stationär untergebracht in Wohneinrichtungen. Im Gebiet des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) dagegen haben sich die Verhältnisse bereits umgekehrt: Rund sechs von zehn Leistungsberechtigten (61 Prozent) leben im Rheinland mit ambulanter Unterstützung selbstständig in den eigenen vier Wänden. Damit hat der LVR die höchste Ambulantisierungsquote aller Flächenländer in der Bundesrepublik.
Dies sind einige der Ergebnisse der aktuellen Ausgabe 2014 des Kennzahlenvergleichs Eingliederungshilfe, den die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe (BAGüS) in Zusammenarbeit mit der Hamburger Firma con_sens GmbH erstellt und jährlich veröffentlicht. In der heutigen Sitzung des Sozialausschusses informierte LVR-Sozialdezernent Dirk Lewandrowski über die Ergebnisse.
„Seit 2003 fährt der LVR mit Unterstützung der kommunalen Familie und der Freien Wohlfahrtspflege einen ehrgeizigen Kurs unter der Überschrift ‚ambulant vor stationär‘. Dadurch ist es gelungen, viel mehr Menschen mit Behinderung als bisher ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen“, so Lewandrowski. Zu Beginn des Projektes lebten lediglich 25 Prozent der leistungsberechtigten Menschen in der eigenen Wohnung, heute sind es 61 Prozent. Gleichzeitig sei damit eine aktive Kostensteuerung bei den Leistungen für Menschen mit Behinderung verbunden, zur Entlastung der Kommunen: „Die Umsteuerung führt zu reduzierten Gesamtfallkosten bei den Wohnhilfen. Die ambulante Wohnunterstützung ist im Schnitt um mehr als die Hälfte günstiger als die Betreuung in einer Wohneinrichtung“, führte Lewandrowski aus. Die Kosten für stationäre Wohnbetreuung liegen beim LVR pro Fall und Jahr bei durchschnittlich etwa 50.000 Euro. 2014 gab der LVR insgesamt 1,15 Milliarden Euro für die stationäre Wohnunterstützung aus.
Auch bei den Leistungen zur Beschäftigung für Menschen mit Behinderung – neben den Wohnhilfen der zweite große Bereich – verzeichnet der Benchmarking-Bericht moderat wachsende Fallzahlen. 302.000 Frauen und Männer mit Behinderung waren bundesweit in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt oder besuchten eine Tagesförderstätte – zwei Prozent mehr als im Jahr zuvor. Im Rheinland liegt die Zahl der Werkstattbeschäftigten bei rund 33.100. Dazu betonte Lewandrowski: „Es ist uns sehr wichtig, Teilhabe am Arbeitsleben für alle Menschen mit Behinderung zu ermöglichen, auch bei hohem Unterstützungsbedarf. Neben der Beschäftigung in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung legt der LVR auch großen Wert auf Integration in den regulären Arbeitsmarkt – etwa durch Außen-Arbeitsplätze der Werkstätten oder durch Übergänge auf den Arbeitsmarkt, zum Beispiel in Integrationsbetriebe.“
Bundesregierung plant Gesetzesreform
Die Bundesregierung arbeitet derzeit an einer Gesetzesreform der sogenannten Eingliederungshilfe (soziale Leistungen für Menschen mit Behinderung zur gesellschaftlichen Teilhabe). Seit einigen Wochen liegt ein Entwurf für ein neues Bundesteilhabegesetz vor. Allein im Rheinland wären rund 75.000 Frauen und Männer mit Behinderung direkt davon betroffen, die derzeit Leistungen der Eingliederungshilfe beziehen.
Ambulante Wohnunterstützung in den Städten und Kreisen des Rheinlands
Der Anteil der Menschen mit Behinderung, die selbstständig mit ambulanter Unterstützung in der eigenen Wohnung leben, schwankt innerhalb des Rheinlands zwischen 45 Prozent im Rhein-Sieg-Kreis und 73 Prozent im Kreis Heinsberg. Die Werte (Ambulantisierungsquoten)* für die einzelnen Städte und Kreise sind wie folgt:
- Düsseldorf (55 Prozent)
- Duisburg (57 Prozent)
- Essen (59 Prozent)
- Krefeld (64 Prozent)
- Leverkusen (53 Prozent)
- Mönchengladbach (68 Prozent)
- Mülheim/Ruhr (58 Prozent)
- Oberhausen (65 Prozent)
- Remscheid (57 Prozent)
- Solingen (50 Prozent)
- Wuppertal (55 Prozent)
- Kreis Mettmann (56 Prozent)
- Rhein-Kreis Neuss (49 Prozent)
- Kreis Viersen (59 Prozent)
- Kreis Kleve (56 Prozent)
- Kreis Wesel (52 Prozent)
- Bonn (58 Prozent)
- Köln (70 Prozent)
- Rhein-Erft-Kreis (57 Prozent)
- Kreis Euskirchen (52 Prozent)
- Oberbergischer Kreis (52 Prozent)
- Rheinisch-Bergischer Kreis (54 Prozent)
- Rhein-Sieg-Kreis (45 Prozent)
- StädteRegion Aachen (67 Prozent)
- Kreis Düren (60 Prozent)
- Kreis Heinsberg (73 Prozent)
* Quelle: LVR-Datenmeldung an das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes NRW, Entwicklung der Wohnhilfen zum 31.12.2014
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