Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (SGB VIII-Reform)
Der Bundesrat hat am 2. Juni 2017 eine Stellungnahme zum Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG, BT-Drs. 18/12330) beschlossen (BR-DRs. 314/17 (B)). Darin schlägt er 60 Änderungen des Gesetzesentwurfs vor. Bereits am 18. Mai 2017 war der Gesetzesentwurf im Bundestag debattiert worden.
Der Gesetzesentwurf sieht zahlreiche Änderungen im SGB VIII vor, zum Beispiel zu Inklusion und Eingliederungshilfe, zum Schutz vor Kindeswohlgefährdungen, im Bereich der Aufsicht, im Rahmen der Hilfeplanung, im Pflegekinderwesen und im Kostenbeitragsrecht.
Die Beteiligungsrechte von Kindern sollen gestärkt werden. Berufsgeheimnisträger sollen zum Schutz vor Kindeswohlgefährdungen in die Gefährdungseinschätzung einbezogen werden.
Auch soll der Umfang der Aufsicht durch die Aufsichtsbehörden durch eine Verschärfung der Nachweispflichten erweitert werden.
Im Rahmen der Hilfeplanung ist eine Perspektivklärung dahingehend vorgesehen, ob die Leistung zeitlich befristet sein oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten soll.
Für unbegleitete Minderjährige sieht der Entwurf in § 78f Abs. 2 SGB VIII die Möglichkeit des Abschlusses von Rahmenverträgen zwischen den obersten Landesjugendbehörden und den kommunalen Spitzenverbänden vor. Den Bundesländern soll das Recht eingeräumt werden, die Kostenerstattung nach § 89d Abs. 1 SGB VIII an die Rahmenverträge zu knüpfen.
Am 19. Juni 2017 findet eine Sachverständigenanhörung zu diesem Gesetzentwurf im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestags statt.
Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken
Der Bundesrat hat am 2. Juni 2017 zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG, BT-Drs. 18/12356) Stellung genommen (BR-Drs. 315/17). Der Bundestag hatte den Entwurf bereits in seiner Sitzung am 19. Mai 2017 debattiert.
Der Bundesrat begrüßt die Intention des Gesetzesentwurfs, verstärkt gegen Hetze und Fake News im Internet vorzugehen. Allerdings müssten die geplanten Maßnahmen verhältnismäßig sein. So könnten hohe Bußgelder dazu führen, dass soziale Netzwerke Einträge vorzeitig löschten. Der Bundesrat schlägt daher die Einrichtung einer Clearingstelle vor. Dort sollen sich Betroffene melden können, wenn ein Eintrag gelöscht wurde, der nicht rechtswidrig gewesen sein soll.
Schutz vor Infektionskrankheiten
Mit einer erweiterten Meldepflicht soll in Deutschland der Schutz vor Infektionskrankheiten verbessert werden. Der Bundestag verabschiedete dazu Anfang Juni 2017 einen Gesetzentwurf (BT-Drs. 18/10938) zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten in veränderter und ergänzter Fassung (BT-Drs. 18/12604).
Unter anderem beinhaltet der Entwurf eine Neuerung zur Verbesserung des Impfschutzes. Bei der Aufnahme von Kindern in eine Kita müssen Eltern nachweisen, dass sie für ihr Kind eine ärztliche Impfberatung erhalten haben. Ist dieser Nachweis nicht erbracht, wird für die Kita-Leitung eine Berichtspflicht an das jeweilige Gesundheitsamt neu eingeführt. Die Behörde kann die Eltern dann zu einer Beratung laden. Der Nachweis einer Impfberatung ist schon seit zwei Jahren Pflicht. Bislang ist es den Kitas freigestellt, ob sie die Eltern melden.
Der Bundesrat muss den Gesetzentwurf noch billigen.
Bekämpfung von Kinderehen
Der Bundestag hat am 1. Juni 2017 das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen (BT-Drs. 18/12086) in der Fassung der Empfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drs. 18/12607) beschlossen.
Zukünftig sollen Ehen nur noch von Erwachsenen geschlossen werden können. Die Möglichkeit nach § 1303 Abs. 2 BGB, wonach das Familiengericht der Heirat eines 16- oder 17-jährigen Ehepartners zustimmen kann, soll entfallen. Ist ein Ehepartner bei der Eheschließung 16 oder 17 Jahre alt (gewesen), ist die Ehe in der Regel durch richterliche Entscheidung aufzuheben. Ist ein Ehepartner bei der Eheschließung jünger als 16 Jahre alt (gewesen), soll die Ehe unwirksam sein, ohne dass ein gerichtliches Verfahren erforderlich ist. Diese Regelungen gelten sowohl für Ehen, die vor Inkrafttreten des Gesetzesentwurfs geschlossen wurden, als auch für im Ausland geschlossene Ehen.
Eine Änderung in § 11 Personenstandsgesetz erweitert das Eheverbot für Minderjährige auch auf religiös oder traditionell geschlossene Ehen. Außerdem kann die Trauung einer minderjährigen Person mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 Euro geahndet werden.
Schließlich sieht der Gesetzesentwurf eine Änderung in § 42a SGB VIII vor. § 42a Abs. 1 SGB VIII soll um folgenden Satz erweitert werden: „Ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher ist grundsätzlich dann als unbegleitet zu betrachten, wenn die Einreise nicht in Begleitung eines Personensorgeberechtigten oder Erziehungsberechtigten erfolgt; dies gilt auch, wenn das Kind oder der Jugendliche verheiratet ist.“
Die Zustimmung des Bundesrates ist nicht erforderlich. Das Gesetz wird am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten.
Bessere Durchsetzung der Ausreisepflicht
Der Bundesrat hat am 2. Juni 2017 dem Gesetzesentwurf zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht (BT-Drs. 18/11546) zugestimmt (BR-Drs. 390/17). Bereits am 18. Mai 2017 hatte der Bundestag den Gesetzesentwurf in der vorgeschlagenen Fassung des Innenausschusses des Bundestages (BT-Drs. 18/12415) verabschiedet.
Neben verschiedenen Änderungen im Aufenthalts- und Asylgesetz sieht das Gesetz auch eine Ergänzung in § 42 SGB VIII vor. Zukünftig sind Jugendämter verpflichtet, unverzüglich, also noch vor Bestellung eines Vormunds, einen Asylantrag für Minderjährige zu stellen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie internationalen Schutz benötigen.
Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ist eine neue Regelung in § 1597a BGB zum Verbot der missbräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft vorgesehen. So darf etwa die Vaterschaft nicht gerade zu dem Zweck anerkannt werden, um die rechtlichen Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes, des Anerkennenden oder der Mutter zu schaffen.
Das Gesetz wird dem Bundespräsidenten zur Unterschrift vorgelegt und soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.
Ausbau der Kindertagesbetreuung
Am 2. Juni 2017 hat der Bundesrat dem Gesetzesentwurf zum weiteren quantitativen und qualitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung (BT-Drs. 18/12158) zugestimmt.
In den Jahren 2017 bis 2020 unterstützt der Bund die Bundesländer mit 1,126 Milliarden Euro zur Finanzierung von weiteren 100.000 Plätzen in der Kindestagesbetreuung. Die Gelder können für Neu-, Aus- und Umbauten sowie für Sanierungen und als Investitionen in die Ausstattung von Kitas verwendet werden. Die Bundesländer können sie bis Ende 2019 abrufen.
Das Gesetz wird nun dem Bundespräsidenten zur Unterschrift vorgelegt. Es soll rückwirkend zum 1. Januar 2017 in Kraft treten.
Unterhaltsvorschussgesetz
Am 1. Juni 2017 hat der Bundestag das Gesetz zum Ausbau des Unterhaltsvorschusses verabschiedet. Einen Tag später, am 2. Juni 2017, hat es auch der Bundesrat beschlossen (BR-Drs. 430/17 (B)). Das Gesetz ist Teil einer umfangreichen Reform der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen.
Nach der Neuregelung soll der Unterhaltsvorschuss ab dem 1. Juli 2017 bis zur Volljährigkeit des Kindes gezahlt werden. Die bisherige Höchstbezugsdauer von 72 Monaten wird für alle Kinder aufgehoben.
Für Kinder nach Vollendung des 12. Lebensjahres ist zusätzlich Voraussetzung, dass sie selbst nicht auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen sind oder dass der alleinerziehende Elternteil im SGB II-Bezug eigene Einkünfte in Höhe von mindestens 600 Euro brutto monatlich erzielt.
Das Gesetz wird dem Bundespräsidenten zur Unterschrift vorgelegt. Die Änderungen zum Unterhaltsvorschuss sollen zum 1. Juli 2017 wirksam werden.
Änderungen beim Kindergeld
Am 2. Juni 2017 hat der Bundesrat dem Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (BT-Drs. 18/12127) zugestimmt (BR-Drs. 365/17).
Der Gesetzesentwurf sieht unter anderem vor, dass Kindergeld zukünftig nur noch für sechs Monate rückwirkend beantragt werden kann. Bisher konnte Kindergeld für die vergangenen vier Jahre beantragt werden.
Das Gesetz wird dem Bundespräsidenten zur Unterschrift vorgelegt. Die Änderungen zum Kindergeld sollen zum 1. Januar 2018 in Kraft treten.
Änderungen im Mutterschutzrecht
Am 29. Mai 2017 wurde das Gesetz zur Neuregelung des Mutterschutzrechts im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl. Teil I, S. 1228).
Die Neuregelungen zur Verlängerung der Mutterschutzfrist auf 12 Wochen bei Geburt eines behinderten Kindes sowie zur Einführung eines viermonatigen Kündigungsschutzes bei einer Fehlgeburt nach der 12. Woche sind damit bereits am 30. Mai 2017 in Kraft getreten.
Die Erweiterung des Mutterschutzes unter anderem auf Schülerinnen und Studentinnen wird zum 1. Januar 2018 wirksam.
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