Lockerung der Anforderungen an eine Namensänderung bei befehlender Zustimmung eines Elternteils
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25. Januar 2023
Az. XII ZB 29/20
Der Bundesgerichtshof beschloss in dem ihm zur Entscheidung vorliegenden Fall, dass die fehlende Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils auch dann ersetzt werden könne, wenn das Kindeswohl nicht gefährdet ist und gab damit seine bisherige Rechtsprechung teilweise auf.
Das aus der mittlerweile geschiedenen Ehe der beteiligten Eltern hervorgegangene Kind trägt den Nachnamen des Kindesvaters. Nach der Trennung heiratete die Mutter erneut und nahm den Nachnamen des Ehemannes an. Auch das später geborene Geschwisterkind trägt diesen Namen. Zum leiblichen Vater des Kindes besteht seit vielen Jahren kein Kontakt. Die Mutter des Kindes beantragte die Ersetzung der Zustimmung des Kindesvaters in die Einbenennung des Kindes. Den Antrag wies das Familiengericht zunächst zurück. Mit ihrer eingelegten Beschwerde hatte die Mutter vor dem Oberlandesgericht Erfolg, hiergegen richtete sich die Beschwerde des Vaters.
Zwar hob der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Oberlandesgerichts auf und wies den Rechtsstreit zur Entscheidung erneut an das Oberlandesgericht zurück. Zugleich entschied es aber, dass eine Gefährdung des Kindeswohl nicht mehr erforderlich sei und lockerte damit die Voraussetzungen einer Einbenennung. Ausreichend ist nach Auffassung des Senats, wenn auch ohne Vorliegen einer Gefährdung, die Umbenennung für das Kindeswohl erforderlich ist. Dies bejahte er im konkreten Einzelfall, da die Beibehaltung des bisherigen Namens eine außerordentliche Belastung für das Kind darstelle. Die Belastung ging über das Maß an typischerweise mit der Einbeziehung eines Kindes in die Stieffamilie verbundenen Schwierigkeiten hinaus. Nach umfassender Abwägung der Kindeswohlbelange und des Kontinuitätsinteresses des namensgebenden Elternteils sei zudem eine additive Einbenennung als milderes Mittel zu prüfen.
Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 25. Januar 2023
Altersfeststellung
Oberverwaltungsgericht Bremen, Beschluss vom 9. März 2023
Az. 2 B 117/22
Der aus Gambia stammende Antragsteller gab in einer Ersteinrichtung in Bremen an, minderjährig zu sein.
Daraufhin erfolgte ein Erstgespräch zum Zwecke der Alterseinschätzung durch das vorläufig in Obhut nehmende Jugendamt. Hierbei kam das Jugendamt zu dem Ergebnis, dass bei dem Antragsteller zweifelsfrei von Volljährigkeit auszugehen ist. Aus diesem Grunde beendete das Jugendamt die vorläufige Inobhutnahme nach § 42a SGB VIII. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein.
Der Antrag vor dem Verwaltungsgericht, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen, wurde abgelehnt. Nachdem auch ein Antrag auf Änderung des Beschlusses erfolglos geblieben war, legte der Antragsteller Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Bremen ein.
Die Beschwerde ist unbegründet. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts hat das Verwaltungsgericht zu Recht die aufschiebende Wirkung abgelehnt. Durch den vom Antragsteller nach Beendigung der vorläufigen Inobhutnahme vorgelegten Reisepass sei keine erhebliche neue Tatsachenlage im Sinne von § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO entstanden, die Zweifel an der vorgenommenen Alterseinschätzung begründe.
Da die im Pass enthaltene Altersangabe allein auf der Grundlage einer Zweitschrift der der ausstellenden gambischen Behörde nur als Foto vorliegenden Geburtsurkunde beruhe und weitere Erkenntnisse, die die Altersangabe hätten verifizieren können, nicht herangezogen worden seien, biete das im Pass vermerkte Geburtsdatum keine gesteigerte Richtigkeitsgewähr.
Das in § 42f Abs. 1 SGB VIII geregelte Verfahren, die Minderjährigkeit vorrangig durch die Einsichtnahme in die Ausweispapiere festzustellen, bedeute nicht, dass das in einem Reisepass angegebene Geburtsdatum in jedem Fall verbindlich sei. Zumindest müsse eine hinreichend verlässliche Identität des Inhabers des Ausweispapiers und der im Ausweis bezeichneten Person bestehen sowie das Ausweispapier eine ausreichende Gewähr für die Richtigkeit des ausgewiesenen Geburtsdatums bieten.
Wille eines nicht sorgeberechtigten Elternteils ist bei Auswahl des Vormunds mit zu berücksichtigen
Oberlandesgericht Braunschweig, Beschluss vom 17.März 2023
Az. 1 UF 2/23
Das vorliegende Verfahren betraf die Frage der Auswahl des Vormunds, für die zu diesem Zeitpunkt dreijährige Tochter des Beschwerdeführers.
Die Betroffene lebte seit der Ermordung ihrer Mutter bei ihren Großeltern mütterlicherseits. Kurz darauf wurde aufgrund der Festnahme des Beschwerdeführers zunächst das Ruhen dessen elterlicher Sorge festgestellt und der Großvater mütterlicherseits als Vormund bestellt. Durch einstweilige Anordnung wurde dem Beschwerdeführer die elterliche Sorge sodann entzogen, wobei die Vormundschaft beim Großvater verblieb. Nach der Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Mordes an der Kindsmutter, wurde ihm die elterliche Sorge entzogen, wobei die Auswahl des Vormunds dem Rechtspfleger vorbehalten blieb. Dies sei notwendig gewesen, um zu prüfen, ob der Vorschlag des Beschwerdeführers, dessen Schwester als Vormund zu bestellen, in Betracht komme. Nach Anhörung der Schwester, sowie der Großeltern durch das Amtsgericht, bestellte es die Großeltern gemeinschaftlich zu den Vormündern, da sich das Kind bereits gut bei Ihnen eingelebt habe und auch die körperliche Verfassung nicht entgegenstehe. Zudem bestehe trotz der kurz zuvor erfolgten Verurteilung des Beschwerdeführers ein neutrales Klima ihm gegenüber.
Gegen diesen Beschluss wendete sich der Beschwerdeführer und begehrt die Einsetzung seiner Schwester als Vormund. Der Aufenthalt bei den Großeltern mütterlicherseits stelle eine Kindeswohlgefährdung dar, da diese durch ihr Alter und ihren Gesundheitszustand nicht mehr in der Lage seien sich ausreichend um seine Tochter zu kümmern. Zudem werde durch die ständige Traueratmosphäre ein unbescholtenes und fröhliches Aufwachsen verhindert.
Die Beschwerde wurde als unbegründet zurückgewiesen. Als Maßstab für die Eignung als Vormund wurde § 1779 BGB herangezogen, wonach eine natürliche Person nach ihren Kenntnissen, Erfahrungen, persönlichen Verhältnissen und Eigenschaften, sowie ihrer Fähigkeit und Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den anderen an der Erziehung des Mündels beteiligten Personen geeignet sein muss.
Diesen Maßstab zugrunde legend kam das Gericht zu dem Schluss, dass die Bestellung der Großeltern mütterlicherseits zu Vormündern nicht zu beanstanden sei. Gerade die körperliche und psychische Verfassung stehe dem nicht entgegen. Als zentraler Punkt wurde angenommen, dass weitere Beziehungsabbrüche nicht im Sinne des Mündels wären. Dadurch wurde der Kontinuitätsgrundsatz in den Mittelpunkt der Argumentation gerückt. Auch eine negative Prägung des Mündels durch das Umfeld der Großeltern ihrem leiblichen Vater gegenüber sei nicht zu erkennen. Vielmehr sei bei einem Beziehungsabbruch zusätzlich noch eine Verunsicherung des Mündels zu befürchten, da der Beschwerdeführer, als auch dessen als Vormund im Raum stehende Schwester, trotz dessen Verurteilung an der Unschuld des Beschwerdeführers festhielten.
|