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15. Januar 2024 | Newsletter "Rechtsfragen der Jugendhilfe"
Newsletter "Rechtsfragen der Jugendhilfe"
Ausgabe Januar 2024
Inhalt dieser Ausgabe:
1. Aus der Gesetzgebung des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen
2. Rechtsprechung
3. Veranstaltungen
4. Publikationen
5. Aktuelles
Datenschutz
1. Aus der Gesetzgebung des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen

Änderung im SGB VIII durch das SGB XIV

Durch das zum 1. Januar 2024 in Kraft getretene SGB XIV sind auch Änderungen im SGB VIII erfolgt. Für den Bereich der Kostenheranziehung relevant sind die Änderungen in §§ 10 und 93 SGB VIII.

§ 10 wurde ein neuer Absatz 5 hinzugefügt. Hiernach gehen Leistungen zum Lebensunterhalt nach § 39 SGB VIII den Leistungen zum Lebensunterhalt nach § 93 SGB XIV vor. Die Leistungen der Sozialen Entschädigung kommen insoweit nur ergänzend zum Einsatz, so dass in der Folge auch keine zweckgleichen Leistungen im Sinne des § 93 Abs. 1 S. 3 SGB VIII mehr entstehen.

D§ 93 Abs. 1 S. 1 SGB VIII wurde im Wortlaut an die Leistungen nach dem neuen SGB XIV angepasst. Die Leistungen nach dem SGB XIV dürfen nicht als Einkommen der kostenbeitragspflichtigen Eltern gezählt werden.

Änderung im SGB VIII durch das SGB XIV

Bundesrat zur Kindergrundsicherung

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 24. November 2023 Kritik am Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Kindergrundsicherung geäußert. Das Ziel der Kindergrundsicherung, mehr Familien mit Unterstützungsbedarf zu erreichen und so mehr Kinder aus der Kinderarmut zu holen, lasse sich mit dem Entwurf nur in Teilen realisieren. Unter anderem kritisiert der Bundesrat die Regelungen, die den Anspruch auf den Kinderzusatzbetrag definieren. Nicht gesetzeskonform sei die Regelung, den Anspruch des Kindes auf den Zusatzbetrag davon abhängig zu machen, dass das Kind mit einem Elternteil in einer Familiengemeinschaft lebe, in der für dieses Kind der Garantiebetrag bezogen werde. Auch beim Anspruch auf Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes gibt es Kritikpunkte. Zudem wird an verschiedenen Stellen des Gesetzentwurfs um eine Klarstellung des Wortlauts gebeten.

Bundesrat zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Kindergrundsicherung

Änderung der Verordnung zur Festsetzung der Kostenbeiträge für Leistungen und vorläufige Maßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe

Die Regelungen in der Kostenbeitragsverordnung sind an die Änderungen durch das Gesetz zur Abschaffung der Kostenheranziehung von jungen Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe angepasst worden. Zudem ist die Höhe der Beiträge aus der Tabelle in der Anlage zur Kostenbeitragsverordnung an den unterhaltsrechtlichen Selbstbehalt aus der Düsseldorfer Tabelle und die Pfändungsfreigrenze angepasst worden. Gestiegene Wohnkosten werden im Rahmen der ausgewiesenen Kostenbeiträge berücksichtigt.

Der Bundesrat hat der geänderten Kostenbeitragsverordnung in seiner Sitzung am 15. Dezember 2023 unter der Maßgabe einer Folgeänderung in einer Einkommensgruppe zugestimmt.

Änderung der Verordnung zur Festsetzung der Kostenbeiträge für Leistungen und vorläufige Maßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe

Anpassung der Verwaltungskostenpauschale in Nordrhein-Westfalen

Die Verwaltungskostenpauschale nach § 7 Abs. 1 S. 2 5. AG-KJHG ist durch Verordnung vom 27. November 2023 auf 4.547 Euro festgesetzt worden.

Verordnung zur Anpassung der Verwaltungskostenpauschale

2. Rechtsprechung

Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 17. November 2023

Az. 1 BvR 1076/23

Die Beschwerdeführerin ist Mutter von zwei in den Jahren 2012 und 2016 geborenen Kindern. Die Eltern trennten sich im Jahr 2020. Seitdem ist das Verhältnis der Eltern hochstrittig und durch eine Vielzahl von kindschaftsrechtlichen Verfahren geprägt. Der Vater behauptet, die Beschwerdeführerin leide an psychischen Problemen und habe ihm die Kinder entfremdet. Die Beschwerdeführerin wirft dem Vater Drogenmissbrauch und Gewalttätigkeit vor.

Im Juli 2020 übertrug das Familiengericht im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide Kinder dem Vater. Diese Anordnung war anschließend unter Mitwirkung von Jugendamt, Gerichtsvollzieher und der Polizei vollzogen worden, nachdem zuvor bereits zwei auf die Herausgabe gerichtete Polizeieinsätze erfolglos verlaufen waren.

Ein eingeholtes Gutachten im Hauptsacheverfahren war im Oktober 2020 zum Ergebnis gelangt, dass die Kinder ihren Lebensmittelpunkt bei der Beschwerdeführerin haben sollten. Auch die Kinder hätten den Wunsch geäußert, bei der Mutter zu leben und den Vater regelmäßig besuchen zu wollen. Das Familiengericht hatte mit Beschluss vom 17. Februar 2021 das Aufenthaltsbestimmungsrecht dem Gutachten insoweit folgend auf die Beschwerdeführerin übertragen.

Trotz der getroffenen Umgangsregelung ließ die Mutter danach keine Umgangsregelung des Vaters mit den Kindern mehr zu. In einem einstweiligen Anordnungsverfahren wurde das Aufenthaltsbestimmungsrecht vom Familiengericht mit Beschluss vom 15. November 2022 auf den Vater zurückübertragen.

Im weiteren Verlauf des Verfahrens wurde aufgrund des klar geäußerten Willens der Kinder, bei der Beschwerdeführerin leben zu wollen, das Aufenthaltsbestimmungsrecht wieder der Beschwerdeführerin rückübertragen.

Hiergegen legte der Vater Beschwerde ein, mit Beschluss vom 8. Mai 2023 änderte das Oberlandesgericht den Beschluss des Familiengerichts und übertrug das Aufenthaltsbestimmungsrecht wieder auf den Vater und stütze seine Entscheidung auf § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB. Die Übertragung dieses Teilbereichs der elterlichen Sorge auf den Vater entspreche trotz der Ablehnung von Kontakten mit dem Vater durch die Kinder derzeit ihrem Wohl am besten. Die Mutter entfremde die Kinder dem Vater in unzumutbarer Weise.

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdeführerin die Verletzung von Art. 6 Abs. 2 GG und Art. 103 Abs. 1 GG geltend.

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig und begründet. Der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 8. Mai 2023 verletzt die Beschwerdeführerin in Ihrem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG. Bei der Entscheidung über die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1671 Abs. 1 oder 2 BGB sei der Wille des Kindes zu berücksichtigen, soweit das mit seinem Wohl vereinbar sei. Mit der Kundgabe seines Willens mache das Kind von seinem Selbstbestimmungsrecht gebrauch. Maßstab und Ziel einer Sorgerechtsentscheidung sei nicht der Ausgleich persönlicher Defizite zwischen den Eltern, sondern allein das Kindeswohl.

Den Anforderungen an die Begründung der fachgerichtlichen Entscheidung genügt der Beschluss des Oberlandegerichts nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts nicht. Er trage dem Elternrecht der Mutter sowohl materiell als auch in seiner Anwendung auf die Verfahrensgestaltung und die Begründungsanforderungen nicht hinreichend Rechnung. Er lasse nicht hinreichend deutlich werden, dass es sich gemäß den verfassungsrechtlichen Vorgaben vorrangig am Wohl des Kindes orientiert und nicht das als Fehlverhalten bewertete Agieren der Beschwerdeführerin sanktionieren wolle.

Das Bundesverfassungsgericht hat den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 8. Mai 2023 aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Beschluss des Bundesverfassungsgerichts

Unterhaltsvorschussleistungen bei Mitbetreuung durch den anderen Elternteil

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 12. Dezember 2023

Az. 5 C 9.22

Die Klägerin beantragte Anfang 2020 Unterhaltsvorschussleistungen für ihre siebenjährigen Zwillinge. Der Beklagte lehnte die Leistung mit der Begründung ab, die Kinder lebten im Sinne des Unterhaltsvorschussgesetzes (UVG) nicht bei der Klägerin, weil sie gemäß einer familienrechtlichen Vereinbarung vierzehntägig von Mittwochnachmittag bis Montagmorgen beim Vater seien, der sie in dieser Zeit betreue. Die auf Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen gerichtete Klage blieb vor dem Verwaltungs- und dem Oberverwaltungsgericht erfolglos. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen auf das gemeinsame Sorgerecht der Eltern und darauf abgestellt, dass dieses auch tatsächlich praktiziert werde. Dies zeige sich an einem Betreuungsanteil des Vaters, der während der Schulzeiten 36 vom Hundert betrage und zu einer wesentlichen Entlastung der Klägerin bei der Betreuung der Kinder führe.

Das Bundesverwaltungsgericht hat den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Der Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen setze neben ausbleibenden oder unzureichenden Unterhaltszahlungen durch den barunterhaltspflichtigen Elternteil weiter voraus, dass das Kind bei einem Elternteil lebt (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG). Das verlange eine auf Dauer angelegte häusliche Gemeinschaft, in der das Kind auch betreut werde. Die Vorschrift knüpfe damit nach ihrem auch bereits in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebrachten Sinn und Zweck an die durch das Alleinerziehen geprägte prekäre Situation an. Diese bestehe darin, dass das Kind "nur" bei diesem Elternteil lebt, weil hauptsächlich dieser die Betreuung (Pflege und Erziehung) des Kindes tatsächlich wahrnehme und wegen des Ausfalls des anderen Elternteils besonders belastet sei. Außer in den Fällen vollständigen Alleinerziehens liege eine solche Belastung auch dann vor, wenn der Schwerpunkt der Betreuung ganz überwiegend bei diesem Elternteil liege, obgleich auch der andere Elternteil Betreuungsleistungen für das Kind erbringe.

Eine wesentliche Entlastung des einen Elternteils, welche die faktische Gesamtlage der gesetzlich in Bezug genommenen Alleinerziehung und damit den Anspruch auf Unterhaltsvorschuss ausschließe, liege vor, wenn sich der andere (barunterhaltspflichtige) Elternteil in der Weise an der Pflege und Erziehung des Kindes beteiligt, dass sein Betreuungsanteil 40 vom Hundert erreicht oder überschreitet. Der durch die Mitbetreuung eintretende Entlastungseffekt sei insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit sowie unter Berücksichtigung der Verwaltungspraktikabilität ausschließlich im Hinblick auf die Zeiten der tatsächlichen Betreuung zu ermitteln, also nach den Zeiten, die das Kind in der Obhut des einen oder des anderen Elternteils verbringe, und zwar ohne Wertung und Gewichtung einzelner Betreuungsleistungen. Bei ganztätig wechselweiser Betreuung komme es typisierend darauf an, wo sich das Kind zu Beginn des Tages aufhalte. Dem Bezug des Kindergeldes sowie Vereinbarungen zum Umgangsrecht könne demgegenüber nur eine indizielle und dem Bestehen eines gemeinsamen Sorgerechts grundsätzlich keine Bedeutung zukommen.

Da das Oberverwaltungsgericht zu den maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen und zur Zahlung von Unterhalt nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts keine hinreichenden Feststellungen getroffen hat, ist die Sache zurückverwiesen worden.

Anvertraute Daten im Sinne von § 65 Abs. 1 SGB VIII

Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Beschluss vom 28. November 2023

Az. 11 LC 273/21

Der Kläger ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er reiste im Jahr 2003 nach Deutschland ein. Sein Asylantrag wurde als offensichtlich unbegründet angelehnt, die dagegen gerichtete Klage als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Der Kläger ist seit Januar 2005 vollziehbar ausreisepflichtig. Die Abschiebung des Klägers konnte bis 2020 in Ermangelung von Pass- oder Passersatzpapieren nicht erfolgen. Dem Kläger wurden deshalb seit 2005 aufenthaltsrechtliche Duldungen erteilt. Der Kläger ist im Bundesgebiet wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten und verurteilt worden. Mit Bescheid von Juli 2012 wies der Beklagte den Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland aus.

Im Jahr 2019 wurde das nichteheliche Kind deutscher Nationalität geboren, dessen Vaterschaft der Kläger anerkannte. Im Rahmen der Anerkennung wurde der Heimatpass des Klägers sichergestellt. Das Umgangsrecht des Klägers mit seiner Tochter wurde in einem gerichtlichen Vergleich festgelegt.

Im September 2020 bat ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde des Beklagten das Jugendamt des Beklagten um eine Auskunft zum Umgangsrecht des Klägers mit seiner Tochter, woraufhin eine Mitarbeiterin des Jugendamtes Auskunft erteilte und eine perspektivisch nicht stabile Vater-Kind-Beziehung beschrieb.

Der Kläger forderte das Jugendamt des Beklagten auf, Auskunftserteilungen gegenüber der Ausländerbehörde zukünftig zu unterlassen und hat Feststellungsklage bezüglich der Rechtswidrigkeit der Datenübermittlung vom Jugendamt an die Ausländerbehörde erhoben, welche das Verwaltungsgericht in der Vorinstanz als unbegründet abgewiesen hatte. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers als unbegründet zurückgewiesen, die Datenübermittlung sei rechtmäßig erfolgt und verletzte den Kläger nicht in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 GG und Art 8 Abs. 1 EUGrdRCh (II).

Grundlage der Datenübermittlung seien §§ 87 f. AufenthG. Das Gericht stellt fest, dass es sich vorliegend zwar um Sozialdaten handelt, die nur bei Vorliegen einer besonderen Erlaubnis übermittelt werden dürfen. Im vorliegenden Fall habe § 65 SGB VIII der Übermittlung nicht entgegengestanden, da die Daten der Mitarbeiterin des Jugendamtes der Beklagten nicht zum Zwecke persönlicher und erzieherischer Hilfe anvertraut worden sind. „Anvertraut“ im Sinne des § 65 SGB VIII seien nur die Daten, die dem Mitarbeiter eines Trägers der Jugendhilfe zum Zwecke persönlicher und erzieherischer Hilfe in einem bewussten Akt des Anvertrauens mitgeteilt worden seien oder die dem Mitarbeiter in einem sensiblen Lebensbereich in Erwartung einer Vertraulichkeit bekannt werden. All dies sei vorliegend nicht gegeben.

Für die Übermittlung existierte vielmehr eine spezielle Verarbeitungserlaubnis nach § 71 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 d) SGB X.

Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg

Vorrang des ehrenamtlich tätigen Vormunds

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 27.Oktober 2023

Az. 6 UF 104/22

Die getrenntlebenden Eltern des Kindes O. konsumierten in erheblichem Maße Heroin und Kokain und wurden immer wieder rückfällig, bis sie in ein Methadonprogramm aufgenommen wurden. Das Sorgerecht für das im Haushalt der Mutter lebende Kind erhielten die beiden Elternteile durch Beschluss des Amtsgerichts Paderborn zur gemeinsamen Ausübung. Auf Antrag des Jugendamtes wurde am 27. Juli 2021 das aktuelle Verfahren eingeleitet. Anlass waren konkrete Hinweise darauf, dass die Mutter erneut massiv Alkohol und Kokain konsumiere.

Am 28. Juli 2021 wurde das Kind durch das Jugendamt in Obhut genommen und in einer Bereitschaftspflegefamilie untergebracht. In einem einstweiligen Anordnungsverfahren entzog das Amtsgericht Paderborn der Mutter die elterliche Sorge. Im Rahmen dieses Verfahrens beantragte der Vater des Kindes die elterliche Sorge alleine zu übernehmen. Das Amtsgericht hielt die einstweilige Anordnung aufrecht und entzog auch dem Vater aufgrund von Drogenkonsum die elterliche Sorge.

Die Mutter und ihre Eltern hatten seitdem ein 14-tägiges Umgangsrecht mit O., welches sie auch regelmäßig wahrgenommen haben. Nach einem familienpsychologischen Sachverständigengutachten, in welchem geprüft wurde, ob die Großeltern mütterlicherseits die Fähigkeit hätten, die Versorgung und Erziehung es O. zu gewährleisten, hatten die Eltern des O. dem Antrag des Jugendamtes auf Entziehung des Sorgerechts mit der Maßgabe zugestimmt, dass für das Aufenthaltsbestimmungsrecht die Großeltern zum Ergänzungspfleger bestimmt werden. Am 11. Juli 2022 hat das Amtsgericht den Eltern die elterliche Sorge für O. entzogen und die Vormundschaft durch das Jugendamt angeordnet.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Mutter des O. und begehrt anstelle des Jugendamtes ihre Eltern zum Vormund zu bestellen. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Ist eine geeignete Person vorhanden, die als Vormund ehrenamtlich tätig wäre, ist das Familiengericht an den in § 1779 Abs. 2 S. 2 BGB normierten Vorrang der ehrenamtlich tätigen Person gebunden und hat die Person als Vormund auszuwählen, sofern sich aus der Zusammenschau mit den Auswahlkriterien des § 1778 Abs. 2 BGB nicht ausnahmsweise ergibt, dass ein bestimmter Berufs- oder Vereinsvormund bzw. das Jugendamt besser geeignet im Sinne des § 1778 Abs. 1 ist.

Das Oberlandesgericht ist der Auffassung, dass ein solcher Ausnahmefall nicht vorliegt. Vielmehr habe die Mutter den ausdrücklichen Wunsch geäußert, ihre Eltern als Vormund zu bestellen und das Sachverständigengutachten habe ein zukünftiges Aufwachsen des O. im elterlichen Familiensystem angeregt. Die Großeltern seien geeignet und bereit, die Vormundschaft ehrenamtlich zu führen und somit gegenüber dem Jugendamt vorrangig zu berücksichtigen.

Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm

3. Veranstaltungen

Stellungnahmen für das Familiengericht

Bei der Mitwirkung im familiengerichtlichen Verfahren sind Stellungnahmen oft eine Herausforderung für die Fachkräfte. Wie sollen Stellungnahmen für das Familiengericht aufgebaut sein? Welche Formulierungen können genutzt werden? Wie aussagekräftig sind Berichte der Jugendämter eigentlich für das Gericht?

Mit diesen und ähnlichen Fragen wird sich Andreas Hornung, Richter am Oberlandesgericht Hamm, in einem interaktiv gestalteten Seminar am 21. März 2024 in Köln, LVR-Horion Haus beschäftigen.

Veranstaltungsseite im Online-Katalog

Sozialverwaltungsverfahrensrecht in der Kinder- und Jugendhilfe

Am 15. April 2024 bietet das LVR-Landesjugendamt eine Online-Fortbildung zum Sozialverwaltungsverfahrensrecht in der Kinder- und Jugendhilfe an.

In der Fortbildung werden im Austausch mit den Teilnehmenden die für die Kinder- und Jugendhilfe relevanten Aspekte des Sozialverwaltungsverfahrensrecht dargestellt und besprochen. Es geht dabei um die Antragstellung, Beteiligung, Erlass von Verwaltungsakten wie Hilfegewährung, Inobhutnahme, Erlaubniserteilung, Kostenbeteiligung sowie die Rechtschutzmöglichkeiten und Spielräume der Jugendämter.

Die Fortbildung richtet sich an Mitarbeitende von Jugendämtern und freien Trägern.

Referentin ist Diane Eschelbach.

Veranstaltungsseite im Online-Katalog

Schweigepflicht und Sozialdatenschutz in der Kinder- und Jugendhilfe

Das LVR-Landesjugendamt bietet am 15. Mai 2024 eine Online-Veranstaltung zur Schweigepflicht und zum Sozialdatenschutz in der Kinder- und Jugendhilfe an.

Fachkräften in Jugendämtern und bei freien Trägern der Jugendhilfe werden von ihren Klientinnen und Klienten viele persönliche, teilweise auch sehr intime Dinge bekannt. Der richtige Umgang mit solchen persönlichen Daten und Geheimnissen ist unverzichtbare Grundlage für eine vertrauensvolle Beziehung zwischen allen Beteiligten in der Kinder- und Jugendhilfe. Der Sozialdatenschutz hat an vielen Stellen Auswirkungen auf die tägliche Arbeit in den Jugendämtern und bei den Trägern der freien Jugendhilfe. Das Seminar vermittelt einen praxisnahen Überblick über die Systematik und die für die Kinder- und Jugendhilfe relevanten Regelungen zu Schweigepflicht und Datenschutz. Es wird erläutert, wann und welche Daten erhoben und gespeichert werden dürfen, was bei der Verwendung der Daten innerhalb des Jugendamtes bzw. des freien Trägers zu beachten ist und unter welchen Voraussetzungen eine Übermittlung an andere erlaubt ist. In dem Seminar sollen Fragen behandelt werden, die sich den in der Kinder- und Jugendhilfe tätigen Fachkräften regelmäßig stellen.

Referentin ist Brigitta Goldberg, Professorin für Jugendhilferecht, Jugendstrafrecht und Kriminologie am Fachbereich Soziale Arbeit der Ev. Hochschule Rheinland Westfalen-Lippe in Bochum.

Veranstaltungsseite im Online-Katalog

4. Publikationen

Finanzielle Aufwendungen für Pflege- und Erziehungsstellen

Das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration NRW hat mit Erlass vom 8. Dezember 2023 die materiellen Aufwendungen für Pflegekinder zum 1. Januar 2024 erhöht. Ebenfalls haben sich die jeweiligen Altersstufen verändert. Die Einteilung erfolgt nunmehr für Kinder von 0 bis zum vollendeten 6. Lebensjahr, für Kinder vom vollendeten 6. bis zum 12. Lebensjahr sowie für Jugendliche ab dem vollendeten 12. Lebensjahr bis zum vollendeten 18. Lebensjahr und junge Volljährige im Einzelfall. Der Erziehungsbeitrag Vollzeitpflege erhöht sich ebenfalls.

Rundschreiben des LVR-Landesjugendamts Rheinland zu den finanziellen Aufwendungen für Pflege- und Erziehungsstellen

Empfehlung zur Sicherung der Rechte von jungen Menschen in Pflegeverhältnissen der nordrhein-westfälischen Landesjugendämter

Die Empfehlung zur Sicherung der Rechte von jungen Menschen in Pflegeverhältnissen ist unter Beteiligung von zehn Jugendämtern aus Nordrhein-Westfalen und mit wissenschaftlicher Begleitung entstanden. Sie stellt die zentralen Prozesse vor, in denen die Rechte von jungen Menschen gewahrt werden sollen.

Es wird praxisorientiert beschrieben, wie das Thema Kinderschutz sowohl in der gesamten Infrastruktur der Pflegekinderhilfe als auch in jedem Pflegeverhältnis gelingen kann.

Die Empfehlung bietet eine Grundlage für mehr Handlungssicherheit für Fachkräfte in der Pflegekinderhilfe, die gesetzlichen Anforderungen durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz sowie das Landeskinderschutzgesetz NRW umzusetzen.

Empfehlung zur Sicherung der Rechte von jungen Menschen in Pflegeverhältnissen der nordrhein-westfälischen Landesjugendämter

Studie zur Arbeit der Jugendämter bei sexuellem Kindesmissbrauch

Die unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauch hat eine Studie zur Arbeit der Jugendämter bei sexuellem Kindesmissbrauch veröffentlicht.

Betroffene und Angehörige hatten der Kommission immer wieder geschildert, wie sie das Handeln des Jugendamtes erlebt haben. Ergänzend dazu wurden dazugehörige Jugendamtsakten analysiert und mit Expertinnen und Experten vertiefende Interviews geführt.

Eine zentrale Erkenntnis der Studie ist, dass in einigen Fällen Hilfe möglich gewesen wäre, aber ausgeblieben ist, da es nicht gelungen war, das notwendige Vertrauen aufzubauen. Auch ein Mangel an fachlichen Kenntnissen war ausschlaggebend dafür, dass Fälle sexualisierter Gewalt nicht erkannt wurden.

Die Studie wird ergänzt durch vielfältige Empfehlungen für Rahmenbedingungen, die es braucht, damit Jugendämter schützend und unterstützend tätig werden und Hilfeverläufe verbessern können.

Erstellt wurde die Studie von SOCLES International Centre for Socio-Legal Studies gGmbH in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Jugendinstitut e.V. (DJI).

Studie der unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauch zur Arbeit der Jugendämter bei sexuellem Kindesmissbrauch

Häusliche Gewalt im Umgangs- und Sorgerecht

Die Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt des Deutschen Instituts für Menschenrechte hat die Analyse „Häusliche Gewalt im Umgangs- und Sorgerecht – Handlungsbedarfe und Empfehlungen“ veröffentlicht. Sie bietet einen Überblick über die aktuelle Rechtslage, über Reformbedarfe und –vorschläge und gibt konkrete Empfehlungen vor dem Hintergrund der menschenrechtlichen Anforderungen, insbesondere der Istanbul Konvention.

Analyse „Häusliche Gewalt im Umgangs- und Sorgerecht – Handlungsbedarfe und Empfehlungen“ der Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt des Deutschen Instituts für Menschenrechte

5. Aktuelles

Kampagne Kinderrechte und Prävention

Die Landesfachstelle Prävention sexualisierte Gewalt NRW hat eine neue Kampagne zu der zentralen Rolle von Kinderrechten in der Prävention sexualisierter Gewalt gestartet. Sie macht darauf aufmerksam, dass Kinder und Jugendliche das Recht auf Privatsphäre, Freiräume und Vertrauen sowie auf Beschwerde haben. Hierzu kann ein Materialpaket bestellt werden und die Kampagne heruntergeladen werden.

Neue Kampagne der Landesfachstelle Prävention sexualisierte Gewalt NRW zur zentralen Rolle von Kinderrechten in der Prävention sexualisierter Gewalt

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Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) arbeitet als Kommunalverband mit rund 21.000 Beschäftigten für die 9,7 Millionen Menschen im Rheinland. Mit seinen 41 Schulen, zehn Kliniken, 20 Museen und Kultureinrichtungen, vier Jugendhilfeeinrichtungen, dem Landesjugendamt sowie dem Verbund Heilpädagogischer Hilfen erfüllt er Aufgaben, die rheinlandweit wahrgenommen werden. Der LVR ist Deutschlands größter Leistungsträger für Menschen mit Behinderungen und engagiert sich für Inklusion in allen Lebensbereichen. „Qualität für Menschen“ ist sein Leitgedanke.

Die 13 kreisfreien Städte und die zwölf Kreise im Rheinland sowie die StädteRegion Aachen sind die Mitgliedskörperschaften des LVR. In der Landschaftsversammlung Rheinland gestalten gewählte Mitglieder aus den rheinischen Kommunen die Arbeit des Verbandes.

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