Wanderausstellung „Menschen, Bilder, Orte“
Im März startete die Ausstellung „Menschen, Bilder, Orte – 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“, mit rund 100.000 Euro gefördert aus Mitteln der LWL-Kulturstiftung, ihre Wanderschaft in Essen und zog von dort weiter nach Münster, Köln, Wesel und Dortmund. Annähernd 4.500 Gäste fanden im Wechsel der geltenden Zutrittsregelungen den Weg in Präsentation, die vom MiQua kuratiert wurde. Bei gemeinsamen Aktivitäten kamen Vertreterinnen und Vertreter der beiden Verbände in den Regionen regelmäßig zusammen und machten als Botschafterinnen und Botschafter jüdisches Leben sichtbar. Einvernehmlich werteten sie dieses Themenjahr als wichtigen Beitrag zum interreligiösen Dialog und als Zeichen gegen antisemitische Strömungen.
Von Berlin über Köln bis in die Städte und Gemeinden NRWs
In Partnerschaft mit dem Verein 321, der unter dem Titel „#2021JLID – Jüdisches Leben in Deutschland“ alle geförderten und kooperierenden Projekte bundesweit öffentlichkeitswirksam bündelt, bildeten die Verbände eine starke Allianz in NRW. Die Kombination der drei Wirkungskreise führte zur bundesweiten Wahrnehmung einzelner Vorhaben der Landschaftsverbände, wie eine digitale Veranstaltung in der Landesvertretung NRW in Berlin zur Wanderausstellung „Menschen, Bilder, Orte“. Ebenso entfalteten die zahlreichen Angebote des LWL und des LVR in den Städten und Gemeinden der Verbandsregionen ihre Wirkung: Die mit insgesamt rund 800.000 Euro geförderten Projekte der LWL-Kulturstiftung bildeten für die Umsetzung ein engmaschiges Netz von Partnerschaften, an dem sich über 140 Einrichtungen, Kulturinstitutionen, Jüdische Gemeinden, Vereine und Schulen beteiligten. Getragen von diesen Bündnissen wirkte das Themenjahr bis weit in die Fläche Westfalen-Lippes hinein und trug zu neuen Kooperationen zwischen jüdischen und nichtjüdischen Aktiven bei. Das Vorhaben des LVR-KULTURHAUS Landsynagoge Rödingen, den Europäischen Tag der jüdischen Kultur am 5. September 2021 auf weitere Regionen auszuweiten, stieß durch die bereits aktiven Netzwerke der Kulturszene, der Jüdischen Gemeinden und ihnen nahestehenden Vereine auf großen Anklang im Rheinland und in Westfalen-Lippe. Anlässlich des seit 22 Jahren europaweit gefeierten Tages präsentierten rund 47 Einrichtungen erstmals gebündelt in einem NRW-weiten Programmheft über 50 Veranstaltungen, unter anderem in Aachen, Bocholt, Detmold und Niederzissen.
Gemeinsam gegen Antisemitismus
Die Übergriffe auf jüdische Synagogen im Mai dieses Jahres und geplante Anschläge überschatteten insbesondere in Westfalen-Lippe manche Veranstaltungen. Nur drei Tage nach dem vereitelten Anschlag auf die Synagoge in Hagen im September hielt die Evangelische Stadtakademie Bochum an ihrer Exkursion „Musik & Kultur in westfälischen Landsynagogen“ zur ehemaligen Landsynagoge Hagen-Hohenlimburg fest. Ihre Veranstaltung wurde Teil einer aus bürgerschaftlichen Initiativen hervorgehenden Zeichensetzung gegen Antisemitismus, die medial in TV und Zeitung Berücksichtigung fand. Mit Stadtrundgängen, Literatur und Musik richteten die Veranstalterinnen und Veranstalter an insgesamt neun Orten in Westfalen-Lippe den Blick auf jüdisches Leben in ländlichen Regionen.
Die Ausstellung „In die Weite“ von MiQua-Kolumba (noch bis zum 15. August 2022 in Kolumba, Kunstmuseum des Erzbistums Köln) zeigt Aspekte jüdischen Lebens anhand von künstlerisch hochrangigen Artefakten, Urkunden und Schriftstücken bis hin zu scheinbar banalen Gebrauchsgegenständen. Gerade die Objekte der Alltags- und Sachkultur zeigen eine gemeinsame Geschichte und Gegenwart von Juden und Nichtjuden: Vorurteile sollen aufgelöst, Wissen und Kenntnis vermittelt werden, um dadurch Berührungsängste und Schubladendenken abzubauen. Die Ausstellung wendet sich gegen Engstirnigkeit, die zu Intoleranz, Anfeindung und Antisemitismus führt.
Begegnungen schaffen, Dialoge von jüdischen und nichtjüdischen Menschen fördern
Alle Angebote der Verbände boten Foren für Begegnungen von jüdischen und nichtjüdischen Schülerinnen und Schüler, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Kulturinteressierten, die durch die enge Zusammenarbeit mit jüdischen Akteuren und Akteurinnen, Künstlerinnen und Künstlern und Gemeinden einen authentischen Dialog ermöglichten.
Die Jüdischen Gemeinden Bielefeld, Gelsenkirchen, Unna und Münster luden selbst zu Veranstaltungen im Rahmen des Förderschwerpunktes der LWL-Kulturstiftung ein. Alle weiteren sechs Jüdischen Gemeinden aus Westfalen-Lippe beteiligten sich als Veranstaltungsstätten oder in beratender Funktion. Gemeinsam mit der Jüdischen Gemeinde Münster baute die LWL-Kulturstiftung zum Sukkotfest im September eine sogenannte Laubhütte (Sukka) im Innenhof des LWL-Landeshauses und beteiligte sich damit am bundesweiten Festival „SUKKOT XXL“. Mit mehr als 300 Gästen an fünf Veranstaltungen wurde die Sukka Zentrum eines abwechslungsreichen Kulturprogramms und des Dialogs.
Die Veranstaltungen des MiQua schufen durchweg Begegnungen von jüdischen und nichtjüdischen Menschen in verschiedensten Bereichen wie Musik, Literatur und Kunst sowie in Fragen zu Alltag und Identität. Dies betraf z.B. das Podiumsgespräch „Queer und religiös – geht das?“, bei dem Vertreterinnen und Vertreter aus queeren jüdischen, christlichen und muslimischen Communities über ihren Alltag, ihre Möglichkeiten und auch Schwierigkeiten sprachen. Das galt auch für ein Konzert des jüdischen Tenors Aron Proujanski und seiner Frau und Pianistin Olga Proujanskaia mit jüdischen liturgischen Stücken in der evangelischen Antoniterkirche Köln, das einen Einblick in die musikalische Tradition jüdischer Gottesdienste gewährte und auch als weiterer Schritt für den interreligiösen Dialog besonders wertvoll ist.
Lernen durch Begegnung – Schul- und Bildungsprojekte
Nachhaltig wirken die Ergebnisse des Medienprojektes „Jüdisch hier“ vom LWL-Medienzentrum für Westfalen, das 25 Schulklassen aus 14 Orten für einige Monate auf jüdischen Spuren in Westfalen begleitet: Der digitale Stadtrundgang vom Annette-von-Droste-Hülshoff Gymnasium führt über elf Stationen durch Münster – jüdische Münsteraner Familien werden vorgestellt und die Namensgebung für die Straßennamen in der ehemaligen York-Kaserne in Gievenbeck erläutert. Ebenso wie in diesem Projekt stehen Stadtarchive, Medienzentren, Museen, jüdische Gemeinden und weitere Vereine den Schülerinnen und Schülern zur Seite, die in den kommenden Monaten digitale Stadtrundgänge wie in Detmold, Schnitzeljagden mit der App BIPARCOURS wie in Bochum und Videobeiträge fertigstellen.
Das Festjahr führte im Rheinland ebenfalls zu einer vertieften Zusammenarbeit mit Hochschulen in Köln, Berlin und Düsseldorf. Im Kooperationsseminar „Theorien und Formen der Geschichtsdarstellung/Historisches Lernen und Geschichtskultur“ des MiQua mit den Public History-Studiengängen der Freien Universität Berlin und der Universität Köln, gemeinsam mit der interaktiven Website „Jewish Places“ des Jüdischen Museums Berlin, recherchierten 40 Studierende jüdische Orte in Berlin und Köln und erstellten Einträge für die Jewish Places-Plattform. Ergebnis sind unter anderem gelungene Beiträge zu Trude Joan Schiff, der Familie Oppenheim und über das Kaufhaus „Leonhard Tietz“.
Die Landingpage des LWL und des LVR bietet allgemeine Informationen zur Kooperation und einen Veranstaltungskalender für die Regionen Westfalen-Lippe und Rheinland: www.2021juedischesleben.de
Eine Übersicht der Aktivitäten des MiQua und der Landsynagoge Rödingen finden Sie auf https://miqua.blog/ und https://synagoge-roedingen.lvr.de/
Alle Informationen zu den Projekten der LWL-Kulturstiftung, sowie Rückblicke in Fotos, Videos und Texten bietet die Internetseite: www.lwlkulturstiftung.blog