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Pressemeldung

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Newsletter "Rechtsfragen der Jugendhilfe"

Ausgabe April 2021

1. Aus der Gesetzgebung des Bundes

Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts

Der Bundestag hat am 5. März 2021 das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts in einer vom Rechtsausschuss geänderten Fassung verabschiedet (BT-Drs. 19/27287). Der Bundesrat hat am 26. März 2021 zugestimmt. Diese umfangreiche Reform hat insgesamt Änderungen in 48 Gesetzen zur Folge. Der Schwerpunkt der Änderungen liegt auf den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Auch Änderungen des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (SGB VIII) gehen hiermit einher. Das Gesetz tritt am 1. Januar 2023 in Kraft.

Ziel der Reform war es unter anderem, das in großen Teilen noch aus dem Jahre 1896 stammende Vormundschaftsrecht der Gegenwart anzupassen. Das alte Vormundschaftsrecht hat die Konstellation des Waisenkinds vor Augen, das bei Pflegeeltern lebt, und legt den Schwerpunkt auf die Vermögensorge des Mündels. Die Personensorge spielt im BGB hingegen eine untergeordnete Rolle. In der heute häufigsten Konstellation der Vormundschaft, übernimmt das Jugendamt für ein Kind die Amtsvormundschaft, nachdem den Eltern die elterliche Sorge entzogen wurde.

Der Mündel soll mit seinen Rechten als Subjekt im Vordergrund stehen. Eine persönliche Beziehung zwischen dem Vormund und seinem Mündel soll ebenfalls angeregt werden; das Mündel hat ein Recht auf persönlichen Kontakt. Außerdem darf ein hauptberuflich tätiger Vormund nicht mehr als 50 Vormundschaften gleichzeitig übernehmen. Berufliche Vormünder und das Jugendamt als Amtsvormund sollen bei ihrer Bestellung als gleichrangig angesehen werden. Lediglich ehrenamtlichen Vormündern soll bei einer Bestellung der Vorrang eingeräumt werden. Außerdem soll es die Möglichkeit geben, dass ein Vormundschaftsverein oder das Jugendamt vorläufig Vormund wird, damit ein geeigneter Vormund in Ruhe ausgewählt werden kann.

BT-Drs. 19/27287

Reform des Jugendschutzgesetzes

Am 26. März 2021 hat der Bundesrat der Reform des Jugendschutzgesetzes zugestimmt (BR-Drs. 195/21). In einer begleitenden Entschließung fordert der Bundesrat die Bundesregierung allerdings zu einem konstruktiven Dialog über die Fortentwicklung des Gesetzes und zur Berücksichtigung der Verbesserungsvorschläge aus der Stellungnahme des Bundesrats vom 27. November 2020 (BR-Drs. 618/29) auf.

Die Gesetzesreform soll einen modernen Kinder- und Jugendmedienschutz sowie ein gutes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen mit digitalen Medien gewährleisten. Im digitalen Raum soll der gleiche Jugendschutz gelten wie auch in der analogen Welt.

Zum Schutz vor Mobbing, sexualisierter Ansprache oder Kostenfallen im Internet wird das Konzept der Anbietervorsorge eingeführt. Internetdienste werden verpflichtet, strukturelle Vorsorgemaßnahmen und geeignete Schutzkonzepte zu entwickeln und umzusetzen. Zudem sollen einheitliche Alterskennzeichen für Spiele und Filme den Eltern, Fachkräften und Jugendlichen mehr Orientierung bieten. Zur besseren Durchsetzung des Schutzes wird die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien zur Bundeszentrale für Kinder- und Jugendschutz weiterentwickelt. Das Gesetz schafft auch Erleichterungen beim Zugang zu Kinos und öffentlichen Filmvorführungen. Die Begleitung bei Filmen mit Alterskennzeichnung ist nicht mehr nur durch personensorgeberechtigte, sondern auch durch erziehungsbeauftragte Personen möglich, um flexiblen Lebens- und Familienformen gerecht zu werden.

Das Gesetz wurde am 15. April 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet und tritt ab dem 1. Mai 2021 in Kraft.

Link zum Zweiten Gesetz zur Änderung des Jugendschutzgesetzes

Abstimmung über Kinder- und Jugendstärkungsgesetz im Bundestag

Am 22. April 2021 hat der Bundestag den Entwurf eines Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes in 2./3. Lesung beschlossen. Der Familienausschuss hatte am Tag zuvor über die Reform beraten und Änderungen vorgenommen (BT-Drs. 19/28870). Neu ist beispielsweise, dass im Rahmen der Kostenbeteiligung junger Menschen ein Freibetrag von 150 Euro gelten und Einkommen aus kurzfristigen Ferienjobs und ehrenamtlicher Tätigkeit ganz ausgenommen sein sollen. Ferner soll ein § 13a SGB VIII eingefügt werden, der die Schulsozialarbeit definiert, die Kooperation zwischen Jugendamt und Schulen als Ergänzung zu § 81 SGB VIII konkretisiert und die Ausgestaltung dem Landesrecht überlässt. Grundlage der Debatte waren auch die Stellungnahmen des Bundesrates (BR-Drs. 19/27481), die Gegenäußerung der Bundesregierung (BT-Drs. 19 27481) und der Bericht des Haushaltsausschusses zur Finanzierbarkeit (19/28871). Mit der Reform des Kinder- und Jugendhilferechts sollen die rechtlichen Grundlagen der Kinder- und Jugendhilfe weiterentwickelt und die Teilhabechancen aller jungen Menschen verbessert werden. Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates.

BT-Drs. 19/28870

Bundestag beschließt Teilhabestärkungsgesetz

Der Bundestag hat am 22. April 2021 in 2./3. Lesung das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sowie zur landesrechtlichen Bestimmung der Träger von Leistungen für Bildung und Teilhabe in der Sozialhilfe (Teilhabestärkungsgesetz) in der vom Ausschuss für Arbeit und Soziales geänderten Fassung (BT-Drs. 19/28834) beschlossen. Mit dem Gesetz soll Menschen mit Behinderungen die Teilhabe im Alltag und im Berufsleben erleichtert werden. Es regelt mit einem Bündel an Neuerungen unter anderem die Umsetzung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2020 zum unzulässigen Aufgabendurchgriff des Bundes im SGB VIII (Az. 2 BvR 696/12). Die betreffenden Zuständigkeitsbestimmungen werden insofern punktuell für das Bildungspaket in einem neuen § 34c SGB XII aufgehoben. Vorgesehen sind ferner verschiedene Anpassungen im Bereich der Leistungserbringung und -koordinierung für Rehabilitandinnen und Rehabilitanden, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beziehen. Ihre Betreuungssituation in den Jobcentern soll verbessert werden, indem den Jobcentern die Möglichkeit eingeräumt wird, Leistungen nach den §§ 16a ff. SGB II neben einem Rehabilitations-verfahren zu erbringen. Vorgesehen ist auch, das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) um eine Gewaltschutzregelung zu ergänzen, um die Verpflichtung aus Artikel 16 der UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen. Eine Änderung des Behindertengleichstellungsgesetzes regelt, dass Menschen mit Behinderungen der Zutritt nicht wegen einer Begleitung durch einen Assistenzhund verweigert werden darf. Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates.

BT-Drs. 1928834

Ganztagsangebote für Kindern im Grundschulalter

Das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend und das Bundesministerium für Bildung und Forschung haben einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter erarbeitet. Mit dem Ganztagsförderungsgesetz (GaFöG) soll der Ausbau von ganztägigen Bildungs- und Betreuungsangeboten vorangetrieben werden. Der Referentenentwurf beinhaltet eine stufenweise Einführung eines Anspruchs auf ganztägige Förderung für Grundschulkinder ab dem Jahr 2025 durch Änderung des § 24 Absatz 4 SGB VIII, ein Gesetz über Finanzhilfen zur Investitionsförderung und eine Umschichtung der Umsatzsteuerverteilung zur anteiligen Unterstützung bei den Betriebskosten. Die Verbände wurden kurzfristig angehört und im Folgenden wird sich das Bundeskabinett mit dem Entwurf befassen. Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrats.

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2. Rechtsprechung

Verfassungsbeschwerde gegen Verbleibensanordnung

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Februar 2021

Az. 1 BvR 1780/20

Ein Kind, das seit kurz nach der Geburt bei Pflegeeltern lebte, wurde in einer Wohngruppe untergebracht, als bekannt wurde, dass der Pflegevater wegen des Besitzes und der Verbreitung kinderpornografischer Inhalte verurteilt worden war. Die Pflegeeltern scheiterten mit ihrem Antrag auf eine gerichtliche Verbleibensanordnung. Nach der Trennung von ihrem Ehemann obsiegte die Pflegemutter mit ihrer Beschwerde beim Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg. Das Gericht sah das Kindeswohl durch einen Beziehungsabbruch zur Pflegemutter gefährdet. Die Gefahr einer Trennung zum Schein sei ebenso berücksichtigt worden, wie die Feststellung, dass Grund für die Trennung allein der Verlust des Kindes war.

Das Jugendamt hat als Amtsvormund für das Kind erfolgreich Verfassungsbeschwerde gegen die Rückkehrentscheidung erhoben. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Begehren auf Grundlage der Schutzpflicht des Staates nach Artikel 2 Absatz 1 und 2 in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 2 Grundgesetz stattgegeben. Das OLG habe sich nicht ausreichend mit den fachlichen Einschätzungen unter anderem des Jugendamts auseinandergesetzt, die die Ernsthaftigkeit der Trennung und die Verhinderung eines unbeaufsichtigten Kontakts durch die Pflegemutter in Zweifel zogen.

Beschluss des Bundesverfassungsgerichts

Anerkennung der Mit-Mutter als rechtlicher Elternteil

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 24.03.2021

Az. 3 UF 1122/20

Das Kind der gleichgeschlechtlichen Ehepartnerinnen ist durch künstliche Befruchtung mittels einer anonymen Samenspende zur Welt gekommen. Die Mutter, die Mit-Mutter und das Kind haben erfolglos beim Familiengericht die Feststellung beantragt, dass zwischen dem Kind und der Ehefrau der Mutter ein Eltern-Kind-Verhältnis besteht. Auf die daraufhin eingelegte Beschwerde hat das Kammergericht Berlin das Verfahren gemäß Artikel 100 Absatz 1 Grundgesetz (GG) ausgesetzt und die Vorlage beim Bundesverfassungsgericht beschlossen. Das Gericht hält § 1592 Nummer 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für verfassungswidrig. Nach der Regelung wird der Ehemann einer Mutter rechtlicher Vater, wenn das Kind während der Ehe geboren wird. Eine solche Regelung gibt es für die Lebenspartnerin der Mutter nicht. Nur im Wege der Adoption kann sie zum Elternteil des Kindes werden. Darin sieht das Gericht einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Artikel 3 Absatz 1 GG, weil es an einem sachlichen Grund für die Ungleichbehandlung fehle und die Mit-Mutter diskriminiere.

Beschluss des Kammergerichts Berlin

Anforderungen an Rückkehrentscheidungen gegen unbegleitete minderjährige Geflüchtete

Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 14. Januar 2021

Az. C - 441/19

Im Juni 2017 stellte ein unbegleiteter, aus Guinea stammender Minderjähriger in den Niederlanden einen Antrag auf eine befristete Aufenthaltserlaubnis als Asylbewerber. Ein Jahr später wurde der Antrag des damals 16-Jährigen abgelehnt. Hiergegen hat der geflüchtete Minderjährige Klage eingelegt und vorgetragen, dass er den Aufenthaltsort seiner Eltern nicht kenne, sie nicht wiedererkennen würde und auch keine anderen Familienangehörigen habe. Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass zwar kein aufenthaltsrechtlicher Schutz mangels Flüchtlingseigenschaft bestehe, die niederländische Ausländerverordnung regele aber, dass nur bei unter 15-jährigen Geflüchteten eine Prüfung stattfindet, ob im Rückführungsstaat eine geeignete Aufnahmemöglichkeit vorhanden ist. Diese Regelung sei mit europäischem Gemeinschaftsecht unvereinbar. Daran ändere auch nichts, dass in der Praxis bis zur Volljährigkeit abgewartet werde, bis die Rückkehrentscheidung umgesetzt wird. Das Gericht hat die Frage, ob hier zwischen über und unter 15-Jährigen unterschieden werden dürfe, dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt.

Der EuGH hat entschieden, dass Mitgliedstaaten bei Erlass von Rückkehrentscheidungen, die unbegleitete minderjährige Geflüchtete betreffen, in allen Stadien des Verfahrens zwingend das Kindeswohl zu berücksichtigen haben. Stets sei eine umfassende und eingehende Beurteilung der Situation des betreffenden Minderjährigen erforderlich. Zudem sehe die Richtlinie vor, dass sich die Behörden vor der Umsetzung einer Abschiebung des Minderjährigen vergewissern müssen, dass er einem Mitglied seiner Familie, einem offiziellen Vormund oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird. Der Europäische Gerichtshof hat damit festgestellt, dass schon vor Erlass einer Rückkehrentscheidung eine Überprüfung einer geeigneten Aufnahmemöglichkeit zu erfolgen hat. Dies folge aus dem Kindeswohlprinzip, da ansonsten für den Minderjährigen eine große Unsicherheit hinsichtlich seiner Rechtsstellung und seiner Zukunft entstehe. Das Alter des Minderjährigen stelle zwar im Rahmen der Prüfung einen von mehreren Gesichtspunkten dar, die Durchführung einer Überprüfung einer geeigneten Aufnahmemöglichkeit als solche habe jedoch stets unabhängig vom Alter zu erfolgen.

Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs

Übernahme der örtlichen Zuständigkeit nach § 88a Abs. 2 Satz 3 SGB VIII

Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, Beschluss vom 15. März 2021

Az. 2 B 361/20

Der Antragssteller wurde als unbegleiteter, ausländischer Minderjähriger nach der vorläufigen Inobhutnahme gemäß § 42b SGB VIII dem Landkreis Vorpommern-Greifswald zugewiesen. Dieser brachte den Antragssteller in einer Einrichtung im Bereich der Antragsgegnerin unter und gewährte im Anschluss an die Hilfe zur Erziehung Hilfe für junge Volljährige.

Im Juli 2020 stellte der Antragssteller bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf Übernahme der örtlichen Zuständigkeit, welcher abgelehnt wurde. Hiergegen hat der Antragssteller Widerspruch eingelegt und beim Verwaltungsgericht Bremen den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, mit der die Antragsgegnerin zur Übernahme der Zuständigkeit verpflichtet werden sollte.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss abgelehnt. Es sei nicht ausreichend dargelegt, was sich an seiner Situation durch eine Übernahme verbessern würde.

Mit seiner Beschwerde verfolgte der Antragssteller sein Begehren auf einstweiligen Rechtsschutz weiter. Das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen hat die Beschwerde zurückgewiesen.

Ein Anspruch auf Übernahme könne aufgrund der mittlerweile eingetretenen Volljährigkeit nicht mehr unmittelbar aus § 88a SGB VIII folgen, dafür sei aber ab der Volljährigkeit § 86a Abs. 4 SGB VIII anzuwenden. Danach bleibt der Jugendhilfeträger zuständig, der bis zum Zeitpunkt des 18. Lebensjahres zuständig war. Diese Zuständigkeitsbindung greife aber nicht, wenn die bisherige Zuständigkeit rechtwidrig begründet wurde. Hatte der Antragsteller vor dem 18. Lebensjahr einen Anspruch auf Übernahme der Zuständigkeit, sei die rechtmäßige und nicht die rechtswidrige Zuständigkeit des Landkreises Vorpommern-Greifswald fortzuführen.

Ebenso stehe der Anwendung des § 88a Absatz 2 Satz 3 SGB VIII nicht entgegen, dass § 88a Absatz 2 SGB VIII nur die Zuständigkeit für eine Inobhutnahme regele. Bereits im März 2018 habe die Arbeitsgemeinschaft der obersten Landesjugend- und Familienbehörden beschlossen, dass eine freiwillige Fallübernahme auch bei einer Hilfe zur Erziehung erfolgen könne.

Im Ergebnis könne aber dahinstehen, ob der Antragssteller unmittelbar vor Vollendung des 18. Lebensjahres einen Anspruch auf Übernahme der Zuständigkeit durch die Antragsgegnerin hatte. Die Beschwerde lege keine Nachteile dar, die dem Antragsteller aufgrund der nicht erfolgten Übernahme durch die Antragsgegnerin entstanden sind.

Beschluss des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen

Akteneinsicht in Jugendhilfeakten

Verwaltungsgericht München, Beschluss vom 2. Oktober 2020

Az. M 18 E 20.3970

Die nicht sorgeberechtigte Mutter eines Kindes beantragte Akteneinsicht in alle beim Jugendamt zu ihrem Sohn geführten Akten. Das Jugendamt verweigerte die Einsichtnahme mit der Begründung, dass die Verfahren zu den meisten Akten bereits abgeschlossen seien, die Mutter in Bezug auf die Mitwirkung des Jugendamts in familiengerichtlichen Verfahrens keine Verfahrensbeteiligte und im Übrigen der Sozialdatenschutz vorrangig sei. Die Mutter beantragte sodann den Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Das Verwaltungsgericht hat die Ansicht des Jugendamts bestätigt. Der Antragstellerin stehe kein Akteneinsichtsrecht nach § 25 Absatz 1 SGB X zu, da ein solches nur im Rahmen eines laufenden Verwaltungsverfahrens bestehe. Die betreffenden Akten zu Verfahren in den Bereichen Unterhaltsbeistandschaft, Unterhaltsvorschuss und wirtschaftliche Hilfen seien im Zeitpunkt der Antragstellung bereits rechtskräftig abgeschlossen gewesen.

Soweit Akteneinsicht in Akten der Familiengerichtshilfe nach § 50 SGB VIII verlangt wurde, fehle es bereits an einem Verwaltungsverfahren im Sinne des § 8 SGB X. Die Mitwirkung des Jugendamts im familiengerichtlichen Verfahren gehöre nicht zu den Leistungen der Jugendhilfe und die Tätigkeit sei nicht nach außen auf den Erlass eines Verwaltungsakts oder den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags gerichtet.

Dem Recht auf Einsicht in die Akten des Allgemeinen Sozialdienstes in Bezug auf Gefährdungsmitteilungen und allgemeine Beratung stehe der Sozialdatenschutz des § 65 SGB VIII entgegen. Sozialdaten, die einem Mitarbeitenden eines Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zum Zwecke persönlicher oder erzieherischer Hilfe anvertraut worden sind, dürfen danach von diesem grundsätzlich nur mit der Einwilligung der Person, die die Daten anvertraut hat, weitergegeben und übermittelt werden. Nur bei Vorliegen klar definierter Ausnahmetatbestände ist eine Weitergabe der Daten ohne Einwilligung zulässig. Eine Ausnahme läge nicht vor.

Hinsichtlich ärztlicher Atteste zum Gesundheitszustand des Kindes, polizeilicher Mitteilungen und Korrespondenz mit dem Kindsvater habe sich das Jugendamt zu Recht auf das Weitergabeverbot des § 25 Abs. 3 SGB X gestützt.

Beschluss des Verwaltungsgerichts München

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3. Publikationen

Jugendhilfe-Report 2/2021

Das LVR-Landesjugendamt hat eine neue Ausgabe des Jugendhilfe-Reports mit dem Schwerpunktthema: Von der Partizipation zur Demokratieerfahrung veröffentlicht.

Jugendhilfe-Report 2/2021

Ein Kind adoptieren – Rechtliche Informationen und Hinweise

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat eine Broschüre herausgegeben, mit der sie über Regelungen rund um eine Adoption informiert. Sie erläutert die rechtlichen Voraussetzungen, die Auswirkungen und das Verfahren der Adoption. Dabei wird zwischen der Annahme eines fremden Kindes in Deutschland, aus dem Ausland, der Stiefkindadoption und der Adoption eines Pflege- oder verwandten Kindes unterschieden. Die Broschüre zeigt auch die seit dem 1. April 2021 geltenden Neuerungen des Adoptionshilfe-Gesetzes auf. Zudem sind die jeweiligen Stellen aufgeführt, die eine Adoption begleiten.

Broschüre: Ein Kind adoptieren

Ein Kind zur Adoption freigeben – Rechtliche Informationen und Hinweise

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat eine Broschüre zur Erläuterung der Regelungen einer Freigabe zur Adoption veröffentlicht. Sie beschreibt die Voraussetzungen und die rechtlichen Auswirkungen der Adoptionsfreigabe. Ferner wird der Ablauf des Verfahrens erläutert und elementare Fragen, wie die Kontaktmöglichkeit der abgebenden Eltern zu dem Kind nach der Adoption, beantwortet. Das Ministerium informiert auch über die seit dem 1. April geltenden Neuerungen des Adoptionshilfe-Gesetzes, die die Situation der abgebenden Eltern und der Adoptivfamilie in den Blick nehmen.

Broschüre: Ein Kind zur Adoption freigeben

Die eigene Adoption verstehen – Rechtliche Informationen und Hinweise

Mit einer Broschüre erläutert das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die rechtliche Bedeutung einer Adoption und beantwortet Fragen, die sich bei der Suche nach der eigenen Herkunft ergeben. Die Broschüre stellt dar, wie Adoptierte Informationen über die eigene Adoptionsgeschichte erhalten können und nennt begleitende Stellen. Auch die Neuregelungen des seit dem 1. April 2021 geltenden Adoptionshilfe-Gesetzes werden aufgegriffen.

Broschüre: Die eigene Adoption verstehen

Starke-Familien-Checkheft – Familienleistungen auf einen Blick

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat eine Aktualisierung des Starke-Familien-Checkhefts herausgegeben. Die Broschüre verschafft einen schnellen Überblick über staatliche Unterstützungen für Familien. Sie enthält Übersichten zu staatlichen Leistungen wie Kindergeld, Kinderzuschlag, Leistungen für Bildung und Teilhabe, Elterngeld oder Unterhaltsvorschuss.

Starke-Familien-Checkheft

Die Rechtsstellung von Kindern im neuen Migrations- und Asylpaket der EU

Das deutsche Kinderhilfswerk und weitere Wohlfahrtsverbände haben eine rechtliche Analyse zu den Rechten von Kindern im neuen Migrations- und Asylpaket der Europäischen Union (EU) in Auftrag gegeben.

Das Migrations- und Asylpaket ist ein umfangreicher und komplexer Gesetzesentwurf zu einer EU-weiten Lösung in Fragen des Migrations- und Asylrechts. Er basiert auf zahleichen Gesprächen über Reformbestrebungen, nachdem die Zahl der einreisenden, geflüchteten Menschen im Jahr 2015 stark anstieg. Aufgrund der unterschiedlichen Interessen ist bislang eine Umsetzung nicht zustande gekommen. Der Vorschlag der Europäischen Kommission für ein Migrations- und Asylpaket wird derzeit im EU-Parlament sowie in den nationalen Parlamenten diskutiert. Er ist Gegenstand des nun veröffentlichen Rechtsgutachtens.

Das juristische Gutachten stellt die verschiedenen Verordnungen des Pakets und ihre Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche dar, beispielsweise Regelungen zum Screening und zum Asylverfahren. Aus Sicht der Autoren werden die Rechte von Kindern in diesen Reformvorschlägen nicht ausreichend berücksichtigt. Die Unübersichtlichkeit und Komplexität berge die Gefahr, dass Kinderrechte nicht ausreichend zur Geltung gelangen. Im Screeningverfahren fehle es unter anderem an Regelungen zur Prüfung des Schutzbedarfs und zu kindgerechten Unterbringungsstandards. Speziell für den Bereich der unbegleiteten ausländischen Minderjährigen fehle es an Vorgaben zur Vormundschaft und zum Rechtsbeistand.

Die Rechtsstellung von Kindern im neuen Migrations- und Asylpaket der EU

Mindestanforderungen an die Qualität von Sachverständigengutachten für freiheitsentziehende Maßnahmen

Die Arbeitsgruppe Familienrechtliche Gutachten, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern juristischer, medizinischer, (sozial-)pädagogischer und psychologischer Fachverbände, der Bundesrechtsanwalts- und der Bundespsychotherapeutenkammer, hat ein Gutachten zu Mindestanforderungen an die Qualität von Sachverständigengutachten nach § 1631b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) veröffentlicht. Mitgewirkt haben das Bundesjustizministerium, der zwölfte Zivilsenat des Bundesgerichtshofs und die Landesjustizministerien beziehungsweise Landesjugendämter. Das Gutachten stellt die rechtlichen Voraussetzungen freiheitsentziehender Unterbringungen und Maßnahmen dar und definiert Standards für Gutachten, ärztlichen Zeugnisse und Anhörungen von Sachverständigen im Verfahren

Mindestanforderungen an die Qualität von Sachverständigengutachten für freiheitsentziehende Maßnahmen

Kontoeröffnung und Mobilfunkverträge durch den Amtsvormund ohne Preisgabe privater Daten

Der hessische Landtag hat zu einer kleinen Anfrage zum Thema Amtsvormundschaft und Datenschutz Stellung genommen.

Es wurde die Frage gestellt, ob ein Amtsvormund für den Mündel ein Konto eröffnen kann, ohne die eigenen persönlichen Daten offenbaren zu müssen. Grundsätzlich sind Kreditinstitute nach § 12 Geldwäschegesetz (GwG) verpflichtet, bei der Eröffnung eines Kontos ihre Vertragspartner und die für sie auftretenden Personen zu identifizieren. Das gilt folglich auch für den Amtsvormund. Die Identifizierung kann anhand eines gültigen amtlichen Ausweises erfolgen, Dienstausweise sind jedoch von § 12 Geldwäschegesetz nicht zugelassen. Jedoch haben Kreditinstitute die Möglichkeit, gem. § 14 GWG ihre Anforderungen zu reduzieren, wenn im Einzelfall ein geringeres Risiko der Geldwäsche vorliegt. Die Überprüfung des Amtsvormundes anhand seines Dienstausweises, gegebenenfalls in Verbindung mit der Bestellungsentscheidung des Gerichts, entspricht diesen geringeren Anforderungen. Auf diese Weise brauchen sie ihre privaten Daten nicht preisgeben.

Auch Telekommunikationsdienstleister sind grundsätzlich gem. § 111 Telekommunikationsgesetzes (TKG) verpflichtet, vor Abschluss eines Mobilfunkvertrages den Mündel und den Amtsvormund zu identifizieren. Auch hier sind Dienstausweise grundsätzlich nicht zugelassen. Diese Pflicht besteht jedoch nur bei im Voraus bezahlter Mobilfunkdienste (Prepaid-Vertrag) und nicht bei Verträgen mit monatlicher Grundgebühr. Im letzteren Fall kann der Mobilfunkanbieter zwar die Vorlage eines amtlichen Ausweises verlangen, wenn es zur Überprüfung der Angaben des Teilnehmers erforderlich ist. Der Mobilfunkanbieter und der Amtsvormund dürfen sich jedoch dahingehend einigen, dass die Angaben nur anhand des Dienstausweises des Amtsvormunds überprüft werden.

Stellungnahme des hessischen Landtags

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4. Termine

Migrationsrecht an der Schnittstelle zum SGB VIII

Das LVR-Landesjugendamt veranstaltet am 1. Juni 2021 ein Online-Seminar zur Einordnung der unterschiedlichen Personengruppen in das rechtliche System des Migrationsrechts und die Auswirkungen migrationsrechtlicher Statusfragen von zugewanderten und geflüchteten Familien auf die sozialpädagogische Praxis. Die Referentin Prof. Marion Hundt ist Professorin für Öffentliches Recht an der Evangelischen Hochschule Berlin, ehemalige Richterin am Verwaltungsgericht Berlin und Fachbuchautorin. Die Veranstaltung bietet allen Teilnehmenden die Möglichkeit zum Austausch zu aktuellen Problemfragen aus der Praxis. Dabei geht es um Fragen zum Aufenthaltsstatus, zum humanitären Aufenthaltsrecht, zur Duldung, zur Abschiebung und zu Leistungen des SGB VIII für ausländische Kinder- und Jugendliche.

Veranstaltungs- und Anmeldeseite im Online-Katalog

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5. Coronavirus: Aktuelle Informationen für die Kinder- und Jugendhilfe

Aktuelle Informationen aus allen Arbeitsbereichen des LVR-Landesjugendamtes Rheinland

Weiterhin finden Sie auf der Homepage des Landesjugendamtes aktuelle Informationen und Dokumente zum Thema Coronavirus aus den Bereichen Kinder, Jugend und Familie.

www.lvr.de/corona-landesjugendamt

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