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Pressemeldung

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Newsletter "Rechtsfragen der Jugendhilfe"

Ausgabe August 2021

1. Aus der Gesetzgebung des Bundes

Ganztagsförderungsgesetz

Der Bundesrat hat am 25. Juni 2021 den Vermittlungsausschuss angerufen (BR-Drs.503/21(B)). Im Kern geht es bei dem Gesetz um die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Förderung in einer Tageseinrichtung für Kinder der ersten vier Klassenstufen von mindestens acht Stunden. Der Bundesrat hat in seinem Anrufungsbeschluss eine Reihe von Änderungen, die die Finanzierung des Ganztagsanspruches betreffen, gefordert. Beispielsweise wird kritisiert, dass das Gesetz die Verwendung bestimmter Mittel an Investitionen knüpft, durch die zusätzliche Ganztagsplätze oder räumliche Kapazitäten geschaffen werden. Gerade in Ländern, die bereits über hohe Betreuungsquoten verfügen, müsse auch die qualitative Verbesserung der Betreuungs- und Bildungssituation ermöglicht werden. Ferner müsse der Kofinanzierungsanteil der Länder abgesenkt werden und verlangt wird eine dynamisierte hälftige Kostenbeteiligung des Bundes an den Betriebskosten. Ein Termin für die Sitzung des Vermittlungsausschusses steht bisher nicht fest.

Vermittlungsverfahren

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2. Rechtsprechung

Umgangsrecht des leiblichen Vaters im Falle der privaten Samenspende und Einwilligung zur Adoption

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16. Juni 2021

Az. XII ZB 58/20

Zwei Frauen in gleichgeschlechtlicher Partnerschaft vereinbarten mit einem Mann eine private Samenspende. Nach der Geburt des Kindes adoptierte die Partnerin der leiblichen Mutter 2014 das Kind mit Einwilligung des biologischen Vaters. Bis 2018 hatte dieser vereinbarungsgemäß Umgangskontakte im Haushalt der rechtlichen Eltern. In der Folge hatte der Mann jedoch den Wunsch geäußert, den Umgang auszuweiten, was die Eltern jedoch abgelehnt haben. Der Kontakt ist daraufhin gänzlich abgebrochen.

Der Antrag des leiblichen Vaters auf Umgang scheitere nach Ansicht der vorinstanzlichen Gerichte an der fehlenden Rechtsgrundlage. Es bedürfe bei Verzicht auf die Elternstellung durch Einwilligung in die Adoption keines Schutzes und es solle eine Vaterschaft light verhindert werden, also eine Rechtsposition des biologischen Vaters, die ein Umgangsrecht ohne weitere rechtliche Verantwortung ermögliche.

Dies sah der Bundesgerichtshof (BGH) nun anders und bejahte einen Anspruch nach § 1686a Absatz 1 Nummer 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Danach habe der leibliche Vater, der ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt habe, ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn der Kontakt dem Kindeswohl diene. Dass das Kind mithilfe einer privaten Samenspende gezeugt worden sei, hindere die Anspruchsberechtigung nicht, zumal dem privaten Samenspender im Unterschied zur ärztlich unterstützten Befruchtung auch die Feststellung seiner Vaterschaft nicht nach § 1600d Abs. 4 BGB versperrt sei. Auch die Adoption schließe das Umgangsrecht nicht aus. Insofern bestehe kein sachlicher Unterschied zwischen einer Stiefkindadoption durch den Ehemann der Mutter und der durch Adoption begründeten Elternschaft der Lebenspartnerin oder Ehefrau der Mutter. Auch die vom leiblichen Vater erklärte Einwilligung in die Adoption stehe dem Umgangsrecht nicht entgegen. Aus dem Verzicht auf das Elternrecht folge nicht ohne Weiteres, dass ihm nicht einzelne Befugnisse verbleiben könnten. wenn diese von seinem Verzicht nicht erfasst seien. Darauf sei insbesondere dann abzustellen, wenn das Kind nach Absprache der Beteiligten den leiblichen Vater kennenlernen und Kontakt zu ihm haben sollte.

Das Kammergericht Berlin müsse nun prüfen, ob und inwiefern der Umgang dem Kindeswohl dient. Hierfür sei auch das inzwischen siebenjährige Kind persönlich anzuhören.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Eingliederungshilfe in einer Pflegefamilie

Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Juni 2021

Az. L 9 SO 27/19

Der im Jahr 1988 geborene Kläger erhielt seit seiner Geburt vom Jugendamt Leistungen im Rahmen der Vollzeitpflege.

Aufgrund einer geistigen Behinderung des Klägers beantragte die Pflegemutter im Jahr 2008 beim beigeladenen überörtlichen Sozialhilfeträger die Übernahme der Unterbringungskosten im Rahmen eines Modellprojekts. Der Antrag wurde abgelehnt.

Im Jahr 2010 folgte eine gerichtliche Klärung der Zuständigkeit des örtlichen Sozialhilfeträgers, der daraufhin die Vollzeitpflege als Eingliederungshilfe gewährte.

Die Hilfe wurde zum Ende des Jahres 2014 eingestellt. Der örtliche Sozialhilfeträger führte aus, die Vollzeitpflege sei seit der Volljährigkeit nur noch aus Vertrauensschutzgründen gewährt worden und ein Wechsel in eine betreute Wohnform nur ausgeblieben, weil ein Platz fehlte.

Die gegen die Einstellung erhobene Klage wurde abgewiesen, da der örtliche Sozialhilfeträger zwar zuständig, aber ein Anspruch nach § 54 Absatz 3 SGB XII wegen der Volljährigkeit des Klägers ausgeschlossen sei. Allein der Grundsatz der Hilfekontinuität führe nicht zu einer Anspruchsbegründung.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger 2018 Berufung für eine Fortgewährung der Vollzeitpflege von 2015 bis 2019 durch den beigeladenen überörtlichen Sozialhilfeträger eingelegt.

Das Landessozialgericht hält die zulässige Berufung für begründet. Der Kläger habe im Jahr 2008 beim überörtlichen Sozialhilfeträger die Kostenübernahme für die Betreuung in der Pflegefamilie nach Ende der Erziehungsbedürftigkeit beantragt. Das Ende der Erziehungsbedürftigkeit sei als eine Zäsur anzusehen, sodass ab diesem Zeitpunkt der zu deckende Bedarf einen neuen Leistungsfall darstelle. Damit sei der überörtliche Sozialhilfeträger für die Leistungserbringung zuständig und im Sinne des § 14 Absatz 2 SGB IX erstangegangener Rehabilitationsträger.

Der Kläger erfülle unstreitig die Voraussetzungen der §§ 19 Absatz 3, 53 SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung und die begehrte Leistung stelle eine Leistung der Eingliederungshilfe dar. Dies folge aus dem offenen Leistungskatalog des § 54 SGB XII, alte Fassung. Voraussetzung für die Kostenübernahme sei, dass in der Pflegefamilie eine über die reine Erziehung hinausgehende Förderung erfolgt ist. Da der Kläger volljährig und in seiner Entwicklung als Heranwachsender abgeschlossen war, lägen auch diese Voraussetzungen vor. Hier könne die Betreuung nur in einer über die familiäre Erziehung herausgehende weitere Förderung bestanden haben.

Entscheidung des Landessozialgerichts NRW

Unberechtigte Veröffentlichung von Kinderfotos in den sozialen Medien

Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 20. Juli 2021

Az. 1 UF 74/21

Die beiden Töchter von getrenntlebenden, gemeinsam sorgeberechtigten Eltern, leben bei der Mutter und haben regelmäßigen Umgang mit ihrem Vater. Die Lebensgefährtin des Vaters betreibt einen Friseursalon und hat Fotos der Mädchen zu Werbezwecken auf ihren Instagram- und Facebook-Account eingestellt. Der Vater hatte der Verbreitung der Bilder zugestimmt. Die Mutter, die vorab nicht informiert worden war und die Verbreitung ablehnt, forderte die Lebensgefährtin des Vaters daraufhin auf, die Fotos von allen Plattformen zu entfernen und eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen.

Da die Bilder nicht entfernt wurden, hat das Amtsgericht der Mutter auf ihren Antrag das Sorgerecht für die beiden Kinder für außergerichtliche und gerichtliche Auseinandersetzung mit der Lebensgefährtin wegen der unerlaubten Veröffentlichung und gewerblichen Verbreitung von Bildern der Kinder im Internet und in den sozialen Netzwerken übertragen. Zur Begründung hat das Gericht auf § 1628 BGB und § 22 Kunsturhebergesetz verwiesen. Hiergegen hat der Vater Beschwerde eingelegt.

Das Oberlandesgericht hat die familiengerichtliche Entscheidung bestätigt. Die Entscheidung über das rechtliche Vorgehen gegen eine unberechtigte Veröffentlichung von Fotos des Kindes im Internet betreffe eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind im Sinne des § 1628 BGB. Das öffentliche Teilen der Bilder bei Facebook und bei Instagram und ihre Einstellung auf der Webseite habe schwer abzuändernde Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder. Der Personenkreis, dem die Fotos auf diese Weise zugänglich gemacht werden, sei unbegrenzt, ihre Weiterverbreitung kaum kontrollierbar und eine verlässliche Löschung der Bilder nicht möglich. Die Kinder würden mit diesen Abbildungen aus ihrer Kindheitszeit potenziell für immer seitens eines unbeschränkten Personenkreises konfrontiert sein. Das tangiere spürbar die Integrität ihrer Persönlichkeit und ihrer Privatsphäre, weshalb die Erheblichkeitsschwelle des § 1628 BGB erreicht sei.

Ferner entspreche die Übertragung der Entscheidungsbefugnis auf die Mutter dem Kindeswohl gemäß § 1697a BGB, da sie Gewähr für die Verhinderung der weiteren Verbreitung von Fotos der Kinder durch die Lebensgefährtin des Vaters ohne Einwilligung beider Eltern biete. Das Erfordernis der Einwilligung auch der Mutter ergebe sich aus § 22 Kunsturhebergesetz und aus Artikel 6 Absatz 1a) Datenschutzgrundverordnung. Dabei sei allein auf die konkrete rechtswidrige Bildverbreitung abzustellen, so dass es nicht darauf ankomme, ob die Mutter in einem anderen Fall eine unrechtmäßige Verbreitung von Fotos des Kindes veranlasst oder zugelassen hat.

Kein neues Wechselmodell bei funktionierendem Umgangsmodell

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 6. Juli 2021

Az. 3 UF 144/20

Nach der Trennung ihrer verheirateten Eltern lebten die gemeinsamen Kinder im Haushalt der Mutter. Da sich die Eltern nicht auf eine konkrete Ausgestaltung des Umgangsrechts des Vaters einigen konnten, wurde ein Umgangsverfahren eingeleitet.

Das Amtsgericht hat beschlossen, das bereits praktizierte Umgangsmodell weiterzuführen und damit das vom Vater neu vorgeschlagene Wechselmodell abgelehnt.

Gegen die Entscheidung hat der Vater Beschwerde beim Oberlandesgericht eingelegt.

Das Gericht hat die Beschwerde mit der Begründung abgelehnt, das Amtsgericht habe eine ausgewogene und dem Kindeswohl entsprechende Umgangsregelung getroffen. Sie entspreche dem konstant geäußerten Willen der Kinder. Für die Beibehaltung der bisherigen Umgangsregelung spreche insbesondere das Wohl der Kinder. Dem Kindeswillen komme, abhängig vom Alter und von der individuellen Reife des Kindes, im Umgangsverfahren eine hohe Bedeutung zu. Langzeitstudien deuteten darauf hin, dass ein den Kindern aufgedrängter Umgang von diesen als Belastung empfunden wird und das Verhältnis zum umgangsberechtigten Elternteil negativ beeinflusst. Der Kinderwille habe eine doppelte Funktion und sei sowohl Ausdruck der empfundenen Personenbindung als auch Akt der Selbstbestimmung. Nachvollziehbare Gründe für das neue Wechselmodell habe der Vater nicht dargelegt. Im Übrigen setze die Anordnung eines paritätischen Wechselmodells die Kindeswohldienlichkeit und damit auch die Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern voraus, woran es hier mangele.

Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt

Amtshaftung des Jugendhilfeträgers wegen nicht rechtzeitig nachgewiesenem Betreuungsplatz

Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 28. Mai 2021,

Az. 13 U 436/19

Eine Mutter meldete 2017 unmittelbar nach der Geburt ihres Kindes Bedarf der Betreuung in einer Kinderbetreuungseinrichtung oder Kindertagepflege ab dem ersten Lebensjahr in der kreisangehörigen Heimatgemeinde an.

Der zuständige Landkreis wies der Mutter einen Betreuungsplatz nach, der in räumlicher und zeitlicher Entfernung von etwa 30 Minuten Autofahrt vom Wohnort entfernt lag.

Daraufhin hat die Mutter Klage auf Schadensersatz für Ihren Verdienstausfall gegen den Landkreis erhoben, weil ihr im Zeitraum von März 2018 bis zum November 2018 kein zumutbarer Betreuungsplatz zur Verfügung gestellt worden sei. Im erstinstanzlichen Urteil hat das Landgericht Darmstadt der Klage überwiegend stattgegeben, hiergegen hat der Landkreis Berufung eingelegt. Die Klägerin hat im Wege der Anschlussberufung beantragt, der Klage insgesamt stattzugeben.

Das Oberlandesgericht hat in seinem Urteil der Klage vollumfänglich stattgegeben und der Klägerin Schadensersatz zugesprochen. Der Klägerin stehe gegenüber dem Landkreis ein Anspruch gemäß § 839 Absatz 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Artikel 34 Grundgesetz wegen Verletzung der Amtspflicht zur Erfüllung des Förderanspruchs aus § 24 Absatz 2 SGB VIII zu. Den beklagten Landkreis treffe als Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen des § 24 Absatz 2 SGB VIII eine unbedingte Gewährleitungspflicht, unter den dort normierten Bedingungen einen Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen. Diese Pflicht bestehe auch nicht etwa nur im Rahmen der vorhandenen, von der Gemeinde geschaffenen Kapazitäten, sondern der Landkreis sei aufgrund seiner Gesamtverantwortung gehalten, eine ausreichende Anzahl von Betreuungsplätzen selbst zu schaffen oder durch geeignete Dritte bereitzustellen. Da die Gemeinde zur Weiterleitung von Bedarfsmeldungen gemäß § 16 SGB I verpflichtet sei, sei eine Anmeldung unmittelbar gegenüber dem Beklagten nicht erforderlich.

Trotz Anmeldung des Bedarfs habe der Beklagte der Mutter keinen zumutbaren Platz für den betreffenden Zeitraum nachgewiesen. Ein Platz müsse dem konkret-individuellen Bedarf des Kindes und seiner Eltern in zeitlicher und räumlicher Hinsicht entsprechen. Der Nachweis erfordere das aktive Handeln im Sinne eines Vermittelns. Der bloße Hinweis, es seien freie Plätze vorhanden gewesen, genüge nicht. Der vom Beklagten tatsächlich nachgewiesene Betreuungsplatz sei nach Ansicht des Gerichts angesichts der räumlichen Entfernung nicht zumutbar gewesen. Berücksichtige man die bereits ohne die erhebliche Verkehrsbelastung dieser Strecke betragende Fahrzeit von 30 Minuten, wäre die Klägerin bis zum Arbeitsplatz 56 Minuten für eine Strecke unterwegs. Bei der Zumutbarkeitsprüfung sei neben dem individuellen Bedarf des Kindes auch auf die Bedürfnisse der Eltern einzugehen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beim Bundesgerichtshof eingereicht worden ist.

Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt

Verfahrensfehler bei Altersfeststellung im Rahmen einer vorläufigen Inobhutnahme unbegleiteter, ausländischer Minderjähriger

Oberverwaltungsgericht Bremen, Beschluss vom 22. Juni 2021

Az. 2 B 166/21

Die vorläufige Inobhutnahme eines eingereisten gambischen Staatsbürgers nach § 42a SGB VIII wurde beendet, nachdem im Rahmen einer qualifizierten Inaugenscheinnahme die Volljährigkeit durch die Mitarbeitenden des Jugendamts festgestellt worden war.

Gegen die Beendigungsentscheidung hat er Widerspruch eingelegt und erfolglos Eilrechtsschutz beim Verwaltungsgericht beantragt. Die gegen die Ablehnung des Verwaltungsgerichts eingelegte Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen.

Das Gericht hat zwar festgestellt, dass im Rahmen des Altersfeststellungsverfahrens gegen § 42f Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit § 42 Absatz 2 Satz2 SGB VIII verstoßen wurde, wonach dem Jugendlichen unverzüglich Gelegenheit zu geben ist, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Allerdings führe dieser Verfahrensfehler nur dann zur Aufhebung des Bescheides über die Beendigung der vorläufigen Inobhutnahme, wenn die konkrete Möglichkeit bestehe, dass die Alterseinschätzung bei Anwesenheit einer Vertrauensperson anders ausgefallen wäre, § 42 SGB X. Dies war hier nicht der Fall. Die bloße abstrakte Möglichkeit einer anderen Entscheidung genüge nicht.

Auch das Argument des Antragstellers, § 42 SGB X greife hier aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben nicht, wies das Gericht ab. Auf die Altersfeststellung nach § 42f SGB VIII finde Art. 25 der Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU mit den dort geregelten Garantien für unbegleitete Minderjährige jedenfalls nur bei Anträgen auf internationalen Schutz Anwendung. Damit seien Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder Gewährung subsidiären Schutzes gemeint. Die Gewährung auf Jugendhilfe sei dabei aber nicht Teil des Asylverfahrens. Diese seien getrennt voneinander zu betrachten. Weder die vorläufige Inobhutnahme nach § 42a SGB VIII noch die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII setzten voraus, dass ein Asylantrag gestellt wurde oder wird, so dass Art. 25 der Richtlinie nicht greife.

Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Bremen

Akteneinsicht in die Jugendamtsakte nach anonymer Meldung einer Kindeswohlgefährdung

Verwaltungsgericht Bremen, Beschluss vom 28. April 2021

Az. 4 V 72/12

Ein Vater beantragte nach der Anzeige durch einen anonymen Melder wegen angeblicher Kindeswohlgefährdung gegen ihn die Einsicht in die Jugendamtsakte seiner Tochter. Zwar wurde ihm Akteneinsicht gewährt. Diese nahm er jedoch nicht wahr, da sämtliche Inhalte zur Meldung aus Gründen des Datenschutzes unkenntlich gemacht worden waren.

Daraufhin hat er einen Eilantrag auf uneingeschränkte Akteneinsicht ohne Herausnahme oder Schwärzung der Angaben zur Meldung beim Verwaltungsgericht gestellt. Der Vertrauensschutz nach § 65 SGB VIII fände hier keine Anwendung, da der Schutzgedanke der Norm lediglich innerfamiliär (zwischen Verwandten ersten Grades) läge, so der Antragsteller. Nur Inhalte, die er oder seine Tochter Mitarbeitern des Jugendamtes im Vertrauen mitteilten, seien geschützt. Daten Dritter unterlägen hingegen nicht dem Vertrauensschutz.

Mit Verweis auf den besonderen Sozialdatenschutz hat das Verwaltungsgericht den Eilantrag abgelehnt. Sozialdaten, die dem Mitarbeiter eines Träger der öffentlichen Jugendhilfe zum Zweck persönlicher und erzieherischer Hilfe anvertraut würden, dürften nach § 65 SGB VIII nur unter ganz bestimmten Voraussetzung weitergegeben werden. Aus dem Gesetzeswortlaut und dem Schutzzweck des § 65 SGB VIII folge nach Ansicht des Gerichts, dass es für seine Anwendbarkeit genügt, wenn es um Daten geht, die dem Jugendamt in einem Zusammenhang anvertraut werden, der zu persönlicher oder erzieherischer Hilfe führen kann, wie eben im Falle einer anonymen Meldung im Kinderschutz. Im Jugendhilferecht überwiege zudem der Sozialdatenschutz das nachvollziehbare Interesse von Betroffenen, sich über Behördeninformationen zu informieren, um sich gegebenenfalls gegen bewusste Falschmeldungen wehren zu können.

Entscheidung des Verwaltungsgerichts Bremen

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3. Publikationen

Genehmigung Einzelpädagogischer Maßnahmen

Die beiden nordrhein-westfälischen Landesjugendämter haben ein gemeinsames Arbeitspapier mit dem Titel - Aufsichtsrechtliche Grundlage zur Genehmigung betriebserlaubnispflichtiger Einzelpädagogischer Maßnahmen (EPM) im Rahmen des § 45 SGB VIII in Verbindung mit §§ 27 ff. SGB VIII im Bereich der NRW-Landesjugendämter veröffentlicht. Ziel dieser aufsichtsrechtlichen Grundlage ist es, konzeptionelle Kriterien zur Erlangung einer Betriebserlaubnis darzustellen, die sich erkennbar von den regelhaften Rahmenbedingungen einer Betriebserlaubnis der stationären Jugendhilfe unterscheiden und so die Konzeptionierung und Durchführung dieser Einzelpädagogischen Betreuungsmaßnahmen ermöglichen.

Genehmigung Einzelpädagogischer Maßnahmen

Gemeinsame Empfehlungen zur Kostenbeteiligung nach dem SGB VIII

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter hat eine überarbeitete Fassung der Gemeinsamen Empfehlungen zur Heranziehung zu den Kosten nach den §§ 91 ff. SGB VIII herausgegeben. Die Empfehlung wurde an die Neuregelungen des reformierten SGB VIII angepasst.

Gemeinsame Empfehlungen zur Kostenbeteiligung

Vertrauensschutz im Kinderschutz

Das niedersächsische Ministerium für Soziales, Jugend und Familie hat zusammen mit dem Gesundheitsministerium des Landes einen über 100 Seiten starken praxisnahen Leitfaden zu den brennenden datenschutzrechtlichen Fragen im Rahmen des Kinderschutzes von Prof. Dr. Christof Radewagen veröffentlicht. Zum gezielten Nachschlagen und für eine erhöhte Praxistauglichkeit des Leitfadens orientiert sich die Reihenfolge der bearbeiteten Fragestellungen aus den Perspektiven des Jugendamtes und freier Jugendhilfeträger an dem in § 8a SGB VIII beschriebenen Verfahrensablauf. Im Schnittstellenbereich zwischen Jugendamt und Berufsgeheimnisträgern und Berufsgeheimnisträgerinnen dient entsprechend § 4 Gesetz zur Kooperation und Information als Strukturierungsgrundlage. Kurze Zusammenfassungen am Ende jedes Abschnitts sowie Schaubilder erleichtern zudem das Verständnis. Der Leitfaden bezieht sich auf den Stand der Rechtslage im März 2021.

Broschüre Vertrauensschutz im Kinderschutz

Synopse zu Änderungen des Vormundschaftsrechts

Das Bundesforum Vormundschaft und Pflegschaft hat eine Synopse zu den Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Zuge der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts veröffentlicht. Sie stellt die aktuelle sowie die ab dem 1. Januar 2023 geltende Rechtslage einander gegenüber. In einer dritten Spalte werden Auslegungshilfen in Form von Erläuterungen und Hinweisen, die sich auf die Begründung des Regierungsentwurfs beziehen, gegeben.

Synopse Vormundschaftsrecht

Kostenheranziehung junger Menschen nach dem SGB VIII

Das Bundesnetzwerk Ombudschaft in der Jugendhilfe e.V. hat ein Rechtsgutachten zum Thema Wiederaufnahme des Verfahrens und Rücknahme eines bestandskräftigen rechtswidrigen Kostenbescheids veröffentlicht. Es beschäftigt sich mit Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung von Überprüfungsanträgen nach § 44 SGB X bei bestandskräftigen, rechtswidrigen Kostenbescheiden. Die Inhalte des Rechtsgutachtens sollen Betroffenen, Ombudspersonen sowie Fachkräften der öffentlichen Träger der Jugendhilfe Orientierung bei der Bearbeitung solcher Überprüfungsanträge geben.

Gutachten Kostenheranziehung junger Menschen nach dem SGB VIII

Praxisbericht und Rechtsgutachten zum Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten

PRO ASYL hat gemeinsam mit JUMEN einen Praxisbericht und Rechtsgutachten über das Verfahren zum Familiennachzug von Angehörigen subsidiär Schutzberechtigter veröffentlicht. Mit Erlass des § 36a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) am 1. August 2018 wurde eine Kontingentregelung geschaffen, die eine Erteilung von maximal 1.000 Visa pro Monat vorsieht. Der Bericht schafft einen Überblick über die zentralen Probleme der Anwendung des § 36a AufenthG und befasst sich mit dessen Vereinbarkeit mit Menschen- und Grundrechten.

Das Verfahren weise mit langer Verfahrensdauer und fehlender Transparenz Schwächen auf. Bemängelt werden auch Nachweisanforderungen, die teilweise von den Geflüchteten nicht erfüllbar seien. In Afghanistan beispielsweise erhielten Frauen und Kindern ohne männliche Angehörige keine Dokumente. Ferner wird die Verfassungsmäßigkeit der Regelung in Frage gestellt. Zwar könne aus Artikel 6 Grundgesetz kein unmittelbarer Nachzugsanspruch hergeleitet werden, wohl aber die Verpflichtung des Staates, die familiären Belange in der Abwägungsentscheidung im Einzelfall zu berücksichtigen. Diesem Anspruch werde ein Kontingent nicht gerecht.

Praxisbericht und Rechtsgutachten

Sorgeregister und Auskunft gemäß § 58a SGB VIII – Neuerungen durch das KJSG

Das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht e.V. hat einen Aufsatz zu der Neufassung des § 58a SGB VIII veröffentlicht. Prof. Dr. Bernhard Knittel stellt die damit einhergehende Erweiterung der in das Sorgeregister aufzunehmenden Angaben und Formulierungsvorschläge für die schriftliche Auskunft vor. Nunmehr ist auch einzutragen, dass die elterliche Sorge aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung ganz oder zum Teil der Mutter entzogen oder auf den Vater allein übertragen worden ist.

Aufsatz Sorgeregister und Auskunft gemäß § 58a SGB VIII

Familienleistungen - Die Ansprüche für Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit

Der paritätische Gesamtverband hat eine aktualisierte Broschüre zur Information über Ansprüche für Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit herausgebracht. In der Migrationsberatung für Erwachsene Zugewanderte (MBE) gehört die Frage nach Familienleistungen zu den häufigsten Beratungsthemen. Die Broschüre dient der Unterstützung in der Beratungspraxis und informiert über die Leistungen Kindergeld, Kinderzuschlag, Unterhaltsvorschuss und Elterngeld. Die jeweiligen Kapitel gliedern sich in allgemeine Regelungen zu den einzelnen Leistungen und ausländerrechtliche Sonderbedingungen für Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit, jeweils unterteilt für Unionsbürgerinnen und Unionbürger sowie drittstaatsangehörige Personen.

Broschüre Familienleistungen

Voraussetzungen zum Zugang zu Maßnahmen der Berufsausbildung und Berufsausbildungsförderung von Geflüchteten

Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge hat eine Handreichung über die Voraussetzungen für die Berufsausbildung und Berufsausbildungsförderung von Geflüchteten herausgegeben. Sie soll einen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen der Ausbildungs- und Arbeitsmarktintegration verschaffen.

Dabei geht es nicht nur um die Erteilung der Beschäftigungserlaubnis, sondern auch um vorbereitende Maßnahmen der Berufsausbildung wie die Vermittlung von Sprach- und Kulturkenntnissen. Es werden mögliche Leistungen und Zugangskriterien sozial-, aufenthalts- und asylverfahrensrechtlicher Art aufgezeigt.

Handreichung Voraussetzungen für Berufsausbildung und Berufsausbildungsförderung für Geflüchtete

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4. Termine

Entscheidungskompetenz im Jugendhilfeausschuss - Jahrestagung für Mitglieder von Jugendhilfeausschüssen

Am 25. und 26. November 2021 bietet das LVR-Landesjugendamt eine Tagung für Mitglieder von Jugendhilfeausschüssen an. Im Rahmen der zweitägigen Veranstaltung soll erarbeitet werden, wie Jugendhilfeplanung in Kooperation von Verwaltung, freien Trägern und Politik gelingen kann. Hier macht ein fiktives Szenario eines Planspiels die Arbeit mit strategischen Zielen in der Jugendhilfeplanung erlebbar. Zudem wird nach den Ereignissen in Lügde, Münster und Bergisch Gladbach thematisiert, was die Jugendhilfe braucht, um Kinder und Jugendliche besser vor sexualisierter Gewalt zu schützen. Weiterhin wird ein kurzer Überblick über das neue Adoptionshilfegesetz und das neue Kinder- und Jugendstärkungsgesetz gegeben.

Veranstaltungs- und Anmeldeseite im Online-Katalog

Migrationsrecht an der Schnittstelle zum SGB VIII

Das LVR-Landesjugendamt veranstaltet am 3. Dezember 2021 ein Online-Seminar zur Einordnung der unterschiedlichen Personengruppen in das rechtliche System des Migrationsrechts und die Auswirkungen migrationsrechtlicher Statusfragen von zugewanderten und geflüchteten Familien auf die sozialpädagogische Praxis. Die Referentin Prof. Marion Hundt ist Professorin für Öffentliches Recht an der Evangelischen Hochschule Berlin, ehemalige Richterin am Verwaltungsgericht Berlin und Fachbuchautorin. Die Veranstaltung bietet allen Teilnehmenden die Möglichkeit zum Austausch zu aktuellen Problemfragen aus der Praxis. Dabei geht es um Fragen zum Aufenthaltsstatus, zum humanitären Aufenthaltsrecht, zur Duldung, zur Abschiebung und zu Leistungen des SGB VIII für ausländische Kinder- und Jugendliche.

Veranstaltungs- und Anmeldeseite im Online-Katalog

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5. Coronavirus: Aktuelle Informationen für die Kinder- und Jugendhilfe

Aktuelle Informationen aus allen Arbeitsbereichen des LVR-Landesjugendamtes Rheinland

Weiterhin finden Sie auf der Homepage des Landesjugendamtes aktuelle Informationen und Dokumente zum Thema Coronavirus aus den Bereichen Kinder, Jugend und Familie.

www.lvr.de/corona-landesjugendamt

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