Zum Inhalt springen

Auswahl der Sprachversion

Pressemeldung

„Ein stärkeres Engagement des Gesundheitswesens wäre wünschenswert“

In einem Interview äußert sich Annette Berger, Fachberaterin für Frühe Hilfen in der LVR-Koordinationsstelle Kinderarmut, u.a. über aktuelle Entwicklungen und künftige Herausforderungen der Frühen Hilfen.

2012 trat das Bundeskinderschutzgesetz in Kraft. Durch die finanziellen Mittel des Bundesfonds wurden in der Bundesrepublik flächendeckend Netzwerke für die frühzeitige Unterstützung von Schwangeren und Familien mit Kindern in ihren ersten Lebensjahren auf- und ausgebaut. Außerdem sind viele neue Angebote für diese Adressat*innengruppe entstanden. Was ist aus Ihrer Sicht das Besondere an dieser Entwicklung?

Frühe Hilfen richten sich an alle Familien in dieser Lebensphase, sie sind niedrigschwellig zugänglich, und insbesondere auch durch die enge Verbindung zum Gesundheitswesen positiv besetzt. Das Besondere ist auch, dass, egal ob eine Familie in Bayern, Brandenburg oder Nordrhein-Westfalen lebt, sie Ansprechpersonen für den Bereich der Frühen Hilfen hat.

Gibt es aus Ihrer Sicht Angebote, die besonders gut ankommen und sich bewährt haben?

Hier sind sicher die sog. Gesundheitsorientierten Familienbegleitungen (in erster Linie Familienhebammen und Familiengesundheitskinderkrankenpflegepersonen-FGKiKP) zu nennen. Familienhebammen unterstützen insbesondere beim Bindungsaufbau und können bereits in der Schwangerschaft und im ersten Lebensjahr des Kindes in Anspruch genommen werden. Sie sind in NRW nahezu flächendeckend vorhanden und erfreuen sich großer Beliebtheit. Die FGKiKP unterstützen bei Bedarf bis zum 3. Lebensjahr des Kindes und legen in ihrer Begleitung einen besonderen Fokus auf die Gesundheit des Kindes.

NRW zeichnet sich aber darüber hinaus durch eine sehr vielfältige und kreative Angebotslandschaft aus. Auch die guten Kooperationsprojekte mit Kliniken und der Ärzteschaft – Lotsendienste an Geburtskliniken und Interprofessionelle Qualitätszirkel Frühe Hilfen – sind hervorzuheben.

Was sind die Besonderheiten in NRW?

NRW ist mit seinen 186 Jugendämtern besonders bunt. Durch den überörtlichen Austausch der koordinierenden Fachkräfte auf Basis der zahlreichen Austausch- und Fortbildungsformate der Fachberatungen beider Landesjugendämter findet eine gegenseitige Anregung statt und immer neue Angebote entstehen. Ein Beispiel: Familienbildung on Tour –hier werden Spielplätze aufgesucht und dort Angebote für die Kleinsten gemacht (siehe Jugendhilfereport Schwerpunkt Frühe Hilfen 03/2019).

Wo sehen Sie aktuell und bezogen auf die zukünftige Entwicklung dieses Handlungsfeldes besondere Herausforderungen?

Sicher erwächst eine große Herausforderung nach wie vor aus der Pandemielage. Viele Angebote konnten nicht in Präsenz stattfinden und auch wenn die Fachkräfte sehr kreative Lösungen gefunden haben, ist der persönliche Kontakt zu den (werdenden) Familien bei den Frühen Hilfen von besonderer Relevanz.

Angebote der Frühen Hilfen werden von den Familien sehr gerne in Anspruch genommen, stehen vielerorts aber nicht in ausreichender Menge zur Verfügung. Dies liegt zum einen an zu geringen Mitteln und zum anderen an dem sich immer gravierender auswirkenden Fachkräftemangel.

Was wünschen Sie sich für die nächsten Jahre für den Bereich der Frühen Hilfen?

Ich würde mir ein stärkeres Engagement des Gesundheitswesens wünschen. Die Mittel der Krankenkassen aus dem Präventionsgesetz könnten Hand in Hand mit der Jugendhilfe die Angebote der Frühen Hilfen hervorragend unterstützen. Außerdem wünsche ich mir, dass die Initiative des Bundesrates für eine Erhöhung der Bundesmittel Erfolg hat.

Annette Berger ist Fachberaterin für Frühe Hilfen in der Koordinationsstelle Kinderarmut. Sie unterstützt alle mit der Netzwerkkoordination betrauten Personen in den Kommunen bei der Klärung von Fragestellungen, die sich aus der Umsetzung der Bundesstiftung Frühe Hilfen und beim Aus- und Aufbau kommunaler Netzwerke Früher Hilfen ergeben. Eine armutssensible und partizipative Haltung sowie der ressourcenorientierte Blick auf die Adressat*innen sind aus Annette Bergers Sicht von zentraler Bedeutung für ihr Tätigkeitsfeld.

Frühe Hilfen

Bei Fragen helfe ich Ihnen gerne weiter

Portrait von Annette Berger

Annette Berger

Telefon

workTelefon:
0221 809-6268
faxTelefax:
0221 8284-1200

E-Mail