Zum Inhalt springen

Auswahl der Sprachversion

Pressemeldung

Zurück zur Übersicht

Newsletter "Rechtsfragen der Jugendhilfe"

Ausgabe März 2025

1. Aus der Gesetzgebung des Bundes

Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen

Der Bundestag hat am 31. Januar 2025 das Gesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen (UBSKMG) in zweiter und dritter Lesung beschlossen. Der Bundesrat hat dem Gesetz in seiner Sitzung am 21. März 2025 zugestimmt. Das neue Gesetz tritt am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Quartals in Kraft. Die Änderungen im Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz werden am 1. Januar 2026 in Kraft treten.

Mit dem Gesetz wird der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch verbessert. Eine vom Parlament gewählte Person als Unabhängige Bundesbeauftragte oder Beauftragter sowie ein dort angesiedelter Betroffenenrat und eine Unabhängige Aufarbeitungskommission werden als neue Strukturen etabliert. Zudem sind Schutzkonzepte in allen Aufgabenbereichen der Kinder- und Jugendhilfe verbindlich.

Das Gesetz enthält auch Änderungen des SGB VIII und des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG). Es wird unter anderem ein neuer § 9b „Aufarbeitung“ in das SGB VIII eingefügt. Bei Vorliegen eines berechtigten Interesses Betroffener ist die Einsicht in Akten zu gestatten und Auskunft hierüber zu erteilen. Zudem werden die datenschutzrechtlichen Bestimmungen in den §§ 64 und 65 SGB VIII angepasst, um wissenschaftliche Analysen nach einem neuen § 79a SGB VIII zu ermöglichen. Im KKG wird ein neuer § 6 zur Beratung im medizinischen Kinderschutz eingefügt.

UBSGMG

Neuregelung der Vormünder- und Betreuervergütung

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 21. März 2025 der vom Bundestag beschlossenen Neuregelung der Vormünder- und Betreuervergütung zugestimmt.

Für berufsmäßige Vormünder, Verfahrenspfleger, Umgangspfleger, Ergänzungspfleger und Nachlasspfleger bleibt das bisherige Vergütungssystem erhalten. Das Gesetz sieht eine Erhöhung entsprechend der Inflation seit 2022 vor. Darüber hinaus schafft es mit Sondervergütungen Anreize zur Übernahme von Pflegschaften

Die Neuregelungen treten zum 1. Januar 2026 in Kraft, die Änderungen der Anwalts- und Justizkosten zwei Monate nach Verkündung des Gesetzes.

Neuregelung der Vormünder- und Betreuervergütung

Nach oben

2. Rechtsprechung

Keine Berichtigung des Arbeitszeugnisses im Hinblick auf laufendes Ermittlungsverfahren

Arbeitsgericht Siegburg, Urteil vom 23. Januar 2025

Az. 5 Ca 1465/24

Der Kläger war als Teamleitung der Abteilung Soziale Dienste im Jugendamt der Beklagten eingesetzt. Unter anderem war er zuständig für die Wahrnehmung des Kinderschutzes. Mit Datum vom 24. August 2022 erteilte die Beklagte dem Kläger ein qualifiziertes Zwischenzeugnis. Am 22. Dezember 2023 wurden die Diensträume des Klägers aufgrund des Verdachts des Besitzes kinderpornografischer Schriften polizeilich durchsucht. Die Beklagte erhielt einen Polizeibericht, worin empfohlen wurde, dem Kläger jeglichen Zugriff auf Kinder und Jugendliche zu verweigern. Das Strafverfahren gegen den Kläger ist noch nicht abgeschlossen. Über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses einigten sich die Parteien vergleichsweise in einem Vorprozess, nachdem die Beklagte eine außerordentliche fristlose Kündigung ausgesprochen hatte. Danach erhielt der Kläger ein Zeugnis mit dem Hinweis auf die Freistellung aufgrund eines laufenden Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts des Besitzes kinderpornografischer Schriften.

Der Kläger erhob sodann Klage beim Arbeitsgericht und verlangte Berichtigung des Zeugnisses. Die Passagen, in denen das gegen ihn laufende Ermittlungsverfahren erwähnt wird, seien zu entfernen.

Das Gericht hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen.

Die gesetzlichen Anforderungen nach § 109 Gewerbeordnung (GewO) erfülle das Zeugnis der Beklagten nicht vollständig, weshalb dem Kläger ein neues Zeugnis zu erteilen sei.

Die Ausführungen der Beklagten zu dem gegen den Kläger eingeleiteten Ermittlungsverfahren und dem Kündigungsgrund seien aber nicht aus dem Arbeitszeugnis zu streichen. Insoweit schließt sich das Gericht einer Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts an, da es sich vorliegend um einen Ausnahmefall handele, welcher die Aufnahme in das Zeugnis rechtfertige. Aufgrund der Schwere der Vorwürfe müsse zum Schutz eines zukünftigen Arbeitgebers und zum Schutz der zukünftig berufsbedingt kontaktierten Kinder ausgeschlossen werden, dass der Kläger in einem neuen Arbeitsverhältnis erneut seinen Beruf ausüben kann. Auch der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses dürfe im vorliegenden Einzelfall explizit im Zeugnis erwähnt werden.

Keine Berichtung des Arbeitszeugnisses hinsichtlich laufenden Ermittlungsverfahrens

Umgang des rechtlichen Vaters

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 12. Dezember 2024

Az. 17 UF 135/23

Der Beschwerdeführer ist vietnamesischer Staatsangehöriger und rechtlicher Vater einer im Jahr 2015 geborenen Tochter. Die Vaterschaft hat er mit Zustimmung der Mutter am 21. Juni 2016 anerkannt und eine mit der Mutter übereinstimmende Sorgerechtserklärung abgegeben. Sowohl die Mutter, als auch möglicherweise der leibliche Vater sind seit vielen Jahre drogenabhängig. Die Mutter hat noch vier weitere, jüngere Kinder, welche vier unterschiedliche rechtliche, vietnamesische Väter haben, welche alle zwischenzeitlich fremduntergebracht sind. Die Mutter hatte gegenüber dem Jugendamt erklärt, sie habe jeweils 8.000 Euro für eine Scheinvaterschaft aus vietnamesischen Mafiakreisen erhalten. Der Beschwerdeführer hatte angegeben, er wisse nicht, ob er der Vater sei, es könnte aber sein. Der Beschwerdeführer ist nur sporadisch mit der Tochter in Kontakt getreten. Dennoch machte er eine gerichtliche Regelung seines Umgangs mit der Tochter geltend. Das Jugendamt hatte angegeben, der Beschwerdeführer habe eine Umgangsbestätigung für die Ausländerbehörde begehrt, da er aufgrund fehlender Umgänge und Nichterscheinen bei der Ausländerbehörde nur noch einen auf sechs Monate befristeten Aufenthaltstitel erhalten habe. Nach mehreren familienpsychologischen Gutachten hatte das Amtsgericht Berlin den Umgang des Beschwerdeführers mit der Tochter für die Dauer von vier Jahren gemäß § 1684 Abs. 4 BGB ausgeschlossen, die rechtliche Vaterschaft sei eine „leere Hülle“. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren.

Das Kammergericht Berlin erachtete die zulässige Beschwerde als unbegründet.

Ob der rechtliche Vater auch leiblicher und/oder sozialer Vater sei und ob das Umgangsbegehren (auch) aufenthaltsrechtlich motiviert sei, sei für das Recht auf Umgang grundsätzlich nicht relevant, sondern komme bei der Prüfung eines Umgangsausschlusses erst bei der erforderlichen Abwägung und Gewichtung im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zum Tragen.

Das Umgangsrecht aus § 1684 Abs. 1 BGB stehe dem rechtlichen Vater auch dann zu, wenn seine Vaterschaft eine „leere Hülle“ sei, sein Umgang könne gemäß § 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB nur im Falle einer Kindeswohlgefährdung ausgeschlossen werden.

Eine solche liege hier nach den Feststellungen mehrerer Sachverständiger vor. Die Anordnung eines Umgangsausschlusses sei zur Abwendung der Gefährdung verhältnismäßig gewesen.

Umgangsrecht rechtlicher Vater

Gewährung von Hilfe für junge Volljährige gemäß § 41 SGB VIII

Verwaltungsgericht München, Beschluss vom 30. Januar 2025

Az. M 18 E 25.281

Nach der Zuweisung durch die zuständige Landesstelle für die Verteilung von unbegleiteten ausländischen Kindern und Jugendlichen wurde die Antragstellerin von dem Antragsgegner nach § 42 SGB VIII in Obhut genommen.

Für den Tag vor dem Eintritt von Volljährigkeit bewilligte der Antragsgegner zudem Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 34 SGB VIII, lehnte es jedoch ab, der Antragstellerin, bei der inzwischen eine Schwangerschaft festgestellt worden war, anschließend die von ihr in stationärer Form beantragte Hilfe für junge Volljährige gemäß § 41 in Verbindung mit § 34 SGB VIII zu gewähren und bewilligte die Hilfe lediglich in ambulanter Form als Erziehungsbeistandschaft gemäß §§ 41, 30 SGB VIII.

Gegen diese Entscheidung erhob die Vormundin im Namen der noch minderjährigen Antragstellerin Klage vor dem Verwaltungsgericht und beantragte gleichzeitig, die aufschiebende Wirkung der erhobenen Klage anzuordnen.

Der Antrag, der gemäß § 88 VwGO als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO ausgelegt wurde, hat Erfolg.

Nach Auffassung des Gerichtes wurde die ablehnende Entscheidung des Antragsgegners entgegen der Beurteilung der pädagogischen Fachkraft getroffen, die die Bewilligung der Hilfe für junge Volljährige in stationärer Form aus sozialpädagogischer Sicht befürwortet hatte. Zudem sei es nicht nachvollziehbar, dass ab Volljährigkeit nur noch eine ambulante Maßnahme als erforderlich angesehen, andererseits aber die für den letzten Tag der Volljährigkeit gemäß § 27 in Verbindung mit § 34 SGB VIII bewilligte Hilfe zur Erziehung als notwendig und geeignet erachtet wurde. Darüber hinaus sei nicht davon auszugehen, dass der Antragsgegner bei seiner Entscheidung, dass eine ambulante Erziehungsbeistandschaft im Rahmen der Hilfegewährung für junge Volljährige ausreichend sei, die Schwangerschaft der Antragstellerin berücksichtigt habe. Denn in der Begründung der Entscheidung seien hierzu keinerlei Ausführungen gemacht worden. Es obliege dem Antragsgegner, unverzüglich den aktuellen Hilfebedarf zu ermitteln und darauf beruhend eine Entscheidung auf Grundlage sozialpädagogischer Fachlichkeit zu treffen. Bis zu einer solchen Entscheidung habe die Antragstellerin einen Anspruch auf Gewährung von Hilfe für junge Volljährige in stationärer Form nach § 41 in Verbindung mit § 34 SGB VIII ausreichend glaubhaft gemacht.

Gewährung von Hilfe für junge Volljährige gemäß § 41 SGB VIII

Nach oben

3. Publikationen

Einsatz von K.o.-Tropfen

Schärfere Strafen beim Einsatz von K.o.-Tropfen hat der Bundesrat in seiner Sitzung am 21. März 2025 gefordert. Hintergrund ist das Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem vergangenen Jahr. Hier wurde klargestellt, dass das Verabreichen von K.o.-Tropfen zwar als Gewalt anzusehen sei, aber kein „gefährliches Werkzeug“ im Sinne des Strafgesetzbuches darstellten. Diese Kategorie könne nur auf feste Körper angewendet werden, nicht jedoch auf Flüssigkeiten. Ein solches Verhalten sei zwar bereits strafbar, falle jedoch nicht unter den genannten Qualifikationstatbestand. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, eine entsprechende Gesetzesänderung zu erarbeiten, um künftig eine angemessene Bestrafung zu gewährleisten.

Einsatz von K.o.-Tropfen

Positionspapier- Heranwachsende gehören in das Jugendstrafrecht!

Der Vorstand der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen e.V. wendet sich mit einem Positionspapier dagegen, Heranwachsende aus dem Jugendstrafrecht herauszunehmen. Argumentiert wird, dass Heranwachsende im Jugendstrafrecht genauso zur Verantwortung gezogen würden, wie im allgemeinen Strafrecht und die Sonderbehandlung junger Volljähriger sei keine Spezialität des Jugendstrafrechts. Dies sei vielmehr in der Rechtsordnung an vielen Stellen der Fall. Diese Sonderbehandlung beruhe auf gesicherten psychologischen und sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen. Der Verein geht davon aus, dass von einer Herausnahme der Heranwachsenden aus dem Jugendstrafrecht kein kriminal- und sicherheitspolitischer Nutzen zu erwarten sei. Sachgerechter sei es, Heranwachsende generell in das Jugendstrafrecht, das in seinen Rechtsfolgen wesentlich differenzierter ist als das allgemeine Strafrecht, einzubeziehen.

Positionspapier

Eltern in Haft – Was nun? Was tun?

Die Landschaftsverbände Westfalen-Lippe und Rheinland haben gemeinsam eine Broschüre zum Thema „Eltern in Haft – Was nun? Was tun?“ veröffentlicht. Sie richtet sich an Betroffene und gibt einen Überblick über erste Schritte nach einer Inhaftierung. Es werden konkrete Handlungsanweisungen und Beratungs- und Unterstützungsangebote für das verbleibende Elternteil gegeben. Zudem beleuchtet die Broschüre die Bedürfnisse der betroffenen Kinder. Im Übrigen wird der Verwaltungsablauf nach einer Inhaftierung erläutert und die häufigsten gestellten Fragen von Angehörigen und Inhaftierten beantwortet.

Eltern in Haft

Nach oben

Datenschutz

Newsletter-Abo verwalten

Am 25. Mai 2018 trat die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft. Wir möchten Sie vor diesem Hintergrund darüber informieren, dass wir Ihre personenbezogenen Daten weiterhin ausschließlich für die Zusendung des Newsletters intern speichern. Wir geben Ihre Daten nicht an Dritte weiter. In der Fußzeile finden Sie den Link, mit dem Sie Ihr Abonnement jederzeit ändern oder beenden können.

Nach oben

Über den Newsletter

Der Newsletter "Rechtsfragen der Jugendhilfe" ist ein kostenloser Service des Landschaftsverbandes Rheinland, LVR-Dezernat Kinder, Jugend und Familie, 50663 Köln.

Nach oben

Bei Fragen helfe ich Ihnen gerne weiter

Portrait von Regine Tintner

Regine Tintner

Telefon

workTelefon:
0221 809-4024
faxTelefax:
0221 8284-1312

E-Mail

nach oben

Zurück zur Übersicht