Pressemeldung
Newsletter "Rechtsfragen der Jugendhilfe"
Ausgabe Juni 2025
Inhalt dieser Ausgabe:
1. Aus der Gesetzgebung des Bundes und des Landes NRW
Ferienangebote in der Ganztagsbetreuung
Auf Initiative mehrerer Bundesländer hat der Bundesrat am 13. Juni 2025 beschlossen, den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des SGB VIII "Rechtsanspruchserfüllende Ferienangebote in der Ganztagsbetreuung von Kindern im Grundschulalter" beim Bundestag einzubringen.
Der Gesetzentwurf soll sicherstellen, dass der ab dem 1. August 2026 geltende Rechtsanspruch auf ganztägige Förderung in Tageseinrichtungen für Kinder im Grundschulalter auch während der Schulferien verlässlich erfüllt werden kann.
Bis zu vier Wochen Schließzeit könnten zwar während der Ferien festgelegt werden, dennoch seien viele Kommunen nicht in der Lage, so die Gesetzesinitiatoren, den vollständigen Betreuungsbedarf in den Ferien ausschließlich über Tageseinrichtungen abzudecken.
Konkret sieht der Entwurf vor, § 24 Absatz 4 SGB VIII ab dem 1. August 2026 um einen zusätzlichen Satz zu ergänzen. Diese Regelung soll klarstellen, dass der Rechtsanspruch während der Schulferien auch durch Angebote der Jugendarbeit erfüllt werden kann, sofern keine Betreuung in Tageseinrichtungen möglich ist. Damit sollen die Kommunen mehr Handlungsspielraum zur Erfüllung des Rechtsanspruchs unter Berücksichtigung örtlicher Gegebenheiten erhalten.
Mehr Zeit zum Ausbau der Ganztagsbetreuung
Der Ausschuss für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Bundestags hat am 25. Juni 2025 einen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen für längere Fristen im Investitionsprogramm Ganztagsausbau einstimmig angenommen.
Hintergrund ist das „Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter“, mit dem ab dem Schuljahr 2026/2027 zunächst ein Rechtsanspruch auf Ganztagsförderung für Kinder im Grundschulalter der Klassenstufe 1 eingeführt wird. Im Schuljahr 2029/2030 soll der Rechtsanspruch dann für alle Schüler bis Klasse 4 gelten. Dafür hat der Bund den Ländern ein milliardenschweres Förderprogramm bereitgestellt. Wegen sich lange hinziehender Planungsprozesse, Lieferengpässen und Fachkräftemangel läuft der Mittelabruf aber schleppend. Die Verantwortlichen vor Ort können Fristen zur Beantragung von Bundes-Fördermitteln vielfach nicht mehr einhalten.
Aus diesem Grund wird das Investitionsprogramm nun durch eine Änderung des Ganztagsfinanzhilfegesetzes (GaFinHG) um zwei Jahre verlängert, damit Maßnahmen bis zum 31. Dezember 2029 abgeschlossen werden können. Die Frist zur Auflösung des Sondervermögens im Ganztagsfinanzierungsgesetz GaFG wird ebenfalls um zwei Jahre, bis zum 31. Dezember 2030, verlängert.
Änderung der nordrhein-westfälischen Ausführungsgesetze zum SGB VIII
Der nordrhein-westfälische Landtag hat am 4. Juni 2025 das Gesetz zur Änderung nordrhein-westfälischer Ausführungsgesetze zum SGB VIII (AG-KJHG) beschlossen. Das Gesetz sieht Änderungen im 1. AG KJHG, Änderungen und Anpassungen im Kinder- und Jugendförderungsgesetz und im 5. AG-KJHG vor.
Im 1. AG-KJHG wird unter anderem für kreisangehörige Gemeinden die Möglichkeit geschaffen, unter bestimmten Voraussetzungen einen Antrag bei der obersten Landesjugendbehörde auf Widerruf der Bestimmung zum örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe zu stellen.
Zudem wird der Kreis der beratenden Mitglieder im Jugendhilfeausschuss auf örtliche Jugendringe und Jugendselbstvertretungen erweitert sowie im Landesjugendhilfeausschuss die Vertretung des Landeselternbeirates obligatorisch.
Weitere Änderungen betreffen die Vollzeitpflege sowie die Erlaubnis und Untersagung des Betriebs einer Einrichtung. Ferner wird eine grundsätzliche Regelung zu überregionalen und regionalen Ombudsstellen eingefügt.
Die sogenannte Erstmeldung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern gemäß § 4 Abs. 1 des 5. AG-KJHG NRW bei der Landesstelle NRW entfällt ersatzlos. Bislang mussten gegenüber der Landesstelle zwei Meldungen abgegeben werden. Zum einen die Erstmeldung innerhalb von zwei Werktagen, zum anderen die umfangreichere Meldung mit den Ergebnissen des Erst-Screenings innerhalb von sieben Werktagen. Zukünftig muss nur noch zuletzt genannte Meldung abgegeben werden.
Das Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
2. Rechtsprechung
Beantragung eines Reisepasses durch die Pflegeperson
Verwaltungsgericht Dresden, Beschluss v. 16.Mai 2025
Az. 6 L 542/25
Alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge für das Kind J.T. ist die Mutter. Die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren ist die Pflegeperson, die als Sonderpflegefachstelle tätig ist.
Die Antragstellerin hat das Kind am 24. April 2025 beim Meldeamt der Antragsgegnerin umgemeldet und zugleich die Ausstellung eines Reisepasses beantragt. Zur Legitimation legte sie eine als Vollmacht bezeichnete Erklärung der Mutter des Kindes vom 17. April 2025 vor, wonach die Antragstellerin das Kind an ihrem Wohnsitz anmelden und einen Reisepass beantragen solle. Zudem legte sie eine Kopie des Personalausweises der Mutter sowie eine weitere Vollmacht vom 28. März 2025 vor, welche die Antragstellerin bevollmächtigt, die Mutter in allen Angelegenheiten des täglichen Lebens und von erheblicher Bedeutung und in Behördenangelegenheiten zu vertreten. Die zunächst angekreuzte Rubrik " Aufenthaltsbestimmung" hatte die Mutter durchgestrichen.
Die Antragsgegnerin hat den Antrag auf Ausstellung des Reisepasses nach § 6 Abs. 1 S. 5 Passgesetz (PassG) in Verbindung mit Ziffer 6.1.3.7 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Passgesetzes (PassVwV) mit der Begründung abgelehnt, dass Pflegepersonen nur dann einen Antrag stellen dürfen, wenn das Familiengericht ihnen das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen habe.
Daraufhin beantragte die Antragstellerin im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihrem Pflegekind einen Reisepass auszustellen.
Das Gericht hält den Anordnungsanspruch für gegeben. Die antragstellende Pflegeperson habe gemäß § 6 Abs. 1 S. 6 PassG rechtmäßig als Vertreterin der sorgeberechtigten Mutter gehandelt.
Aus den von der Antragstellerin vorgelegten Vollmachten der Mutter vom 28. März und 17. April 2025 ergebe sich, dass die Antragstellerin einen solchen Antrag stellen solle. Soweit in der erstgenannten Vollmacht die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Antragstellerin ausgeschlossen sein soll, sei dies durch die zum späteren Zeitpunkt am 17. April 2025 erstellte Vollmacht überholt. Aus
§ 1688 Abs. 1 Satz 1 BGB ergebe sich, dass die Antragstellerin als Pflegeperson berechtigt ist, für das Kind J. T. in Angelegenheiten des täglichen Lebens zu entscheiden sowie dessen Mutter als Inhaberin der elterlichen Sorge in solchen Angelegenheiten zu vertreten.
Die Beantragung eines Reisepasses durch eine Pflegeperson ist nach Überzeugung des Gerichts eine Angelegenheit des täglichen Lebens, auch wenn sie nicht häufig, sondern eher selten vorkommt.
3. Publikationen
Aktualisierte Arbeitshilfen zum Betreuungsunterhalt gemäß § 1615l BGB und zum Leistungsprofil des Beistandes
Die Landschaftsverbände Westfalen-Lippe und Rheinland haben im Rahmen ihrer Reihe "Qualitätsstandards für Beistände" die Arbeitshilfe zum Thema Betreuungsunterhalt gemäß § 1615l BGB sowie zum Leistungsprofil des Beistandes mit Stand vom 1. Januar 2025 aktualisiert. Mütter und Väter, die allein für ein Kind sorgen, haben einen Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Geltendmachung des Betreuungsunterhalts gemäß § 1615l BGB. Um dem Rechtsanspruch gerecht zu werden, muss der Fachdienst Beistandschaft diesen Unterhaltsanspruch kennen und vermitteln können. Die Arbeitshilfe soll dem Fachdienst Beistandschaft ein einheitliches Arbeiten ermöglichen und bei der täglichen Praxis helfen. Die Arbeitshilfe informiert über die gesetzlichen Grundlagen und gibt verschiedene Berechnungsbeispiele.
Das von den Landesjugendhilfeausschüssen Rheinland und Westfalen-Lippe beschlossene Leistungsprofil für die Beistände verfolgt das Ziel, Kinder und ihre Eltern umfassend in ihren besonderen Lebenssituationen und Ansprüchen zu unterstützen, damit sie die für sie geeignete Förderung erhalten. Diese fünfte Auflage stellt eine überarbeitete Version der Qualitätsstandards für den Fachdienst Beistandschaft dar. Neben rechtlichen Änderungen erfolgten inhaltliche Anpassungen, die aufgrund diverser Urteile sowie der Weiterentwicklung des gesellschaftlichen Lebens notwendig waren.
Arbeitshilfe zum Betreuungsunterhalt gemäß § 1615l BGB
Arbeitshilfe zum Leistungsprofil des Beistandes
Telemedienangebote mit kinderpornografischem Inhalt
Das Internet spielt bei der Verbreitung von kinderpornografischen Inhalten eine besondere Rolle, weil die darüber angebotenen Inhalte weltweit für eine unbestimmte Zahl von Nutzenden zugänglich sind. Jeder Klick, der zu einer Missbrauchsdarstellung führt, verletzt erneut die Rechte der vom Missbrauch betroffenen Kinder. Aus diesem Grund setzt die Bundesregierung in Übereinstimmung mit der Entschließung des Deutschen Bundestages vom 1. Dezember 2011 (Bundestagsdrucksache 17/8001), neben der Strafverfolgung bei der Bekämpfung von Kinderpornografie im und über das Internet, auf das schnellstmögliche Löschen dieser Inhalte im Internet.
Wesentlicher Gegenstand des vorliegenden Berichts der Bundesregierung ist die statistische Auswertung von Maßnahmen, die auf die Löschungen von Telemedienangeboten mit kinderpornografischem Inhalt im Sinne des §184b des Strafgesetzbuchs (StGB) abzielen. Datenbasis für die Erhebung sind die im Jahr 2024 bei den Beschwerdestellen sowie dem BKA eingegangen berechtigten Hinweise auf kinderpornografische Inhalte.
Bericht zu kinderpornografischen Telemedienangeboten
Leitfaden zum sensiblen Umgang mit Kinderfotos und –videos
Der Save the Children Deutschland e.V. hat in Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten unterschiedlicher Fachbereiche einen Leitfaden zum sensiblen Umgang mit Kinderfotos und –videos in Institutionen und Organisationen herausgebracht.
Es soll verhindert werden, dass pädokriminelle Täterinnen und Täter (online) veröffentlichte Aufnahmen von Kindern zweckentfremden. Der Leitfaden gibt grundsätzliche Hintergrundinformationen zum Thema Pädokriminalität im Internet, erläutert die Rechtsverletzungen und ihre Folgen, thematisiert die sexualisierenden Elemente im Internet und sensibilisiert die Leser mit Illustrationen. Schließlich werden umfangreiche Empfehlungen für die Risikominimierung gegeben.
Empfehlungen zur Rechtsvereinfachung und Entbürokratisierung im Sozialrecht
Gesetze sind die Grundlage allen staatlichen Handelns. Gute Sozialgesetzgebung und eine funktionierende Verwaltung sollen unterstützen, wo Hilfe geboten ist, zur gesellschaftlichen Teilhabe beitragen und so das Vertrauen der Bürger und Bürgerinnen in den Sozialstaat sichern und damit nicht zuletzt die Demokratie fördern. Die Realität sieht oft, allen Ankündigungen zum Bürokratieabbau zum Trotz, anders aus. Hochkomplexe und unübersichtliche Leistungssysteme bewirken das Gegenteil. Bürgerinnen und Bürger scheitern an hochformalisierten Antragsverfahren. Und selbst Fachkräfte blicken oftmals nicht mehr durch.
Der Deutsche Verein sieht großen Handlungsbedarf, um das Vertrauen in den Sozialstaat zu sichern und dessen Sicherstellungsauftrag zu gewährleisten. Mit den vorliegenden Empfehlungen werden ganz grundlegend Komplexität und Handlungsbedarf verdeutlicht und konkrete Ansatzpunkte zur Rechtsvereinfachung und Entbürokratisierung im Sozialrecht aufgezeigt. Diese beziehen sich unter anderem auf die dringend notwendige Vereinheitlichung und Harmonisierung von Rechtsbegriffen wie zum Beispiel dem „Einkommensbegriff“, aber auch die Zusammenlegung von Leistungen, Stärkung von Beratungspflichten sowie der gesetzlichen Verankerung der rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit. Ein wichtiger Leitgedanke ist der Vertrauensvorschuss des Staates gegenüber seinen Bürgern und Bürgerinnen.
Mit diesen und weiteren konkreten Anregungen will der Deutsche Verein die aktuelle Diskussion fördern.
Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Vorsorge
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Der Newsletter "Rechtsfragen der Jugendhilfe" ist ein kostenloser Service des Landschaftsverbandes Rheinland, LVR-Dezernat Kinder, Jugend und Familie, 50663 Köln.
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Regine Tintner
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