Pressemeldung
Newsletter "Rechtsfragen der Jugendhilfe"
Ausgabe Dezember 2025
Inhalt dieser Ausgabe:
1. Aus der Gesetzgebung des Bundes und des Landes NRW
Stärkung der Angebote der Jugendarbeit im Ganztag während der Schulferien
Die Bundesregierung hat am 10. Dezember 2025 den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Angebote der Jugendarbeit im Ganztag während der Schulferien in den Bundestag eingebracht.
Der Gesetzentwurf sieht eine Ergänzung des am 1. August 2026 in Kraft tretenden § 24 Absatz 4 SGB VIII vor. In einem neuen Satz 4 wird klargestellt, dass der Anspruch in den Schulferien auch als erfüllt gilt, sofern Angebote der Jugendarbeit nach § 11 SGB VIII eines öffentlichen Trägers oder eines anerkannten freien Trägers der Jugendhilfe zur Verfügung gestellt werden. Damit wird Ländern und Kommunen bei der Bereitstellung und Sicherstellung ausreichender rechtsanspruchserfüllender Angebote ein größerer Gestaltungsspielraum ermöglicht und gleichzeitig das Potenzial der Jugendarbeit in den Ferienzeiten ausgeschöpft.
Entwurf des Gesetzes zur Stärkung der Angebote der Jugendarbeit im Ganztag während der Schulferien
Verhinderung der missbräuchlichen Anerkennung von Vaterschaften
Die Bundesregierung hat am 10. Dezember 2025 einen Gesetzentwurf beschlossen, der zur Verhinderung der missbräuchlichen Anerkennung von Vaterschaften künftig unter anderem die Zustimmung der Ausländerbehörde und eine Verschärfung von Mitwirkungspflichten vorsieht. Missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen zeichnen sich regelmäßig dadurch aus, dass Männer mit deutscher Staatsangehörigkeit oder mit unbefristetem Aufenthaltsrecht die Vaterschaft für ausländische Kinder anerkennen, die nicht ihre sind. Für das Kind wird dadurch der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit herbeigeführt und mittels Familiennachzug ein Aufenthaltsrecht der drittstaatenangehörigen Mutter begründet. Kinder und Mütter bekommen Aufenthaltstitel und Sozialleistungen.
Diese missbräuchlichen Anerkennungen werden häufig nicht erkannt. Der Gesetzentwurf sieht daher eine zwingend notwendige Zustimmung der Ausländerbehörde vor, wenn es ein „aufenthaltsrechtliches Gefälle“ gibt. Falsche oder unvollständige Angaben werden zukünftig strafbewehrt. Anhand von gesetzlich vorgesehenen Vermutungstatbeständen soll der Missbrauch leichter festgestellt werden können. Zudem sollen die Mitwirkungspflichten der Beteiligten verschärft werden. Von einer Zustimmung der Ausländerbehörde kann in den Fällen abgesehen werden, wenn zwischen Vater und Kind eine sozial-familiäre Beziehung besteht oder der Anerkennende tatsächlich Verantwortung für das Kind übernimmt.
Gesetzentwurf zur Verhinderung der missbräuchlichen Anerkennung von Vaterschaften
Einführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung und der Täterarbeit im Gewaltschutzgesetz
Das Bundeskabinett hat am 19. November 2025 den Gesetzentwurf zur Einführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung und der Täterarbeit im Gewaltschutzgesetz (eAÜ) beschlossen. Ziel ist es, Menschen besser vor häuslicher Gewalt zu schützen, schneller zu handeln und bundesweit einheitliche Regeln zu schaffen.
Mit dem Gesetz sollen wesentliche Verbesserungen auf dem Gebiet des zivilrechtlichen Gewaltschutzes erreicht werden. Die eAÜ soll im Gewaltschutzgesetz verankert werden und es wird eine Rechtsgrundlage für die Verpflichtung von Tätern zur Teilnahme an sozialen Trainingskursen normiert. Zudem erhalten die Familiengerichte zur Gefährdungsanalyse in Gewaltschutz- und Kindschaftssachen die Möglichkeit für Auskünfte aus dem Waffenregister.
§ 1684 BGB soll um die Absätze 5 und 6 ergänzt werden. Das Familiengericht soll bei Vorliegen einer Tat gegenüber dem Kind im Sinne des Gewaltschutzgesetzes dort genannte Anordnungen treffen können, ohne dass das Einverständnis des deliktverursachenden Elternteils erforderlich ist. Bei Zuwiderhandlung gegen die Anordnungen nach § 1684 Abs. 5 oder 6 BGB ist eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vorgesehen.
Besserer Jugendschutz bei Online-Spielen
In seiner Sitzung am 21. November 2025 hat der Bundesrat eine Entschließung gefasst, um glücksspielähnliche Mechanismen wie Lootboxen bei Video- und Onlinespielen stärker zu reglementieren. Lootboxen sind virtuelle Gegenstände, die in Spielen als Überraschung gekauft werden können, um neue Items oder Fähigkeiten freischalten zu können. Der Kauf erfolgt durch spielinterne Währung, welche zuvor mit echtem Geld erworben werden muss. Ob solche Lootboxen als Glücksspiel gelten könne, ist rechtlich umstritten, da kein echtes Geld gewonnen werden kann, sondern lediglich virtuelle Gegenstände. Daher fordert der Bundesrat die Bundesregierung in seiner Entschließung auf zu prüfen, inwiefern Lootboxen im Bereich des Kinder- und Jugendschutzes reglementiert werden können.
Zudem fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, das Jugendschutzgesetz im Einklang mit dem Glücksspielrecht der Länder zu erweitern. Außerdem soll das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit Informationsmaterialien entwickeln, um Eltern und Jugendliche über die Gefahren von Lootboxen aufzuklären.
Die Entschließung wird der Bundesregierung zur weiteren Befassung zugestellt.
Verarbeitung von personenbezogenen Daten zum Schutz der Beschäftigten öffentlicher Stellen vor gefährdenden Personen
Am 19. November 2025 ist das nordrhein-westfälische Beschäftigtenschutzgesetz in Kraft getreten. Es zielt darauf ab, die Beschäftigten öffentlicher Stellen vor gefährdenden Personen zu schützen und die Funktionsfähigkeit der Verwaltung zu gewährleisten. Zur Erreichung dieser Ziele erlaubt das Gesetz öffentlichen Stellen die Verarbeitung personenbezogener Daten von gefährdenden Personen in einem Melde- und Auskunftsregister. Eine gefährdende Person ist eine natürliche Person, gegen die die öffentliche Stelle bereits eine Strafanzeige erstattet oder ein Hausverbot erlassen hat. Die Datenverarbeitung ist auf das erforderliche Maß zu beschränken.
Änderung des Kinderbildungsgesetzes
Das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration (MKJFGFI) des Landes Nordrhein-Westfalen hat am 8. Dezember 2025 den Referentenentwurf für eine Änderung des Kinderbildungsgesetzes dem Landtagspräsidenten zur Einleitung der Verbändeanhörung vorgelegt.
Die geplante Reform zielt darauf ab, das System der Kindertagesbetreuung zu stabilisieren und die Verlässlichkeit der frühkindlichen Bildungs- und Betreuungsangebote in NRW zu erhöhen. Hauptprobleme, die adressiert werden, sind ein zunehmender Fachkräftemangel, die finanzielle Stabilisierung der Träger und der Abbau von Bürokratie. Konkrete Lösungsansätze umfassen eine Ausbildungsoffensive mit zusätzlichen Mitteln, die Vereinfachung von Förderprogrammen (etwa Integration der Sprach-Kitas), und die Einführung flexiblerer Personal- und Betreuungszeiten (Kern- und Randzeiten). Zudem sind erhebliche Mehrausgaben für den Landeshaushalt ab dem Kindergartenjahr 2027/2028 vorgesehen, um die Finanzierung zu sichern.
Referentenentwurf für eine Änderung des Kinderbildungsgesetzes NRW
Neue Düsseldorfer Tabelle 2026
Zum 1. Januar 2026 tritt die neue Düsseldorfer Tabelle in Kraft. Das Oberlandesgericht Düsseldorf gibt Richtwerte an, die dabei helfen können, den Kindesunterhalt festzulegen. In der aktuellen Tabelle erfolgt die Anpassung der Unterhaltsbeträge in kleinerem Umfang als in den Vorjahren und spiegelt die moderate Inflationsentwicklung wider. Die Selbstbehaltsätze bleiben gegenüber dem Vorjahr unverändert und die bestehende Einkommensgruppen-Struktur wird beibehalten.
Die Bedarfskontrollbeträge für Unterhaltsberechtigte werden angepasst. Neu ist eine konkrete Bezifferung des angemessenen Selbstbehalts beim Elternunterhalt und erstmals enthält die Tabelle auch Vorgaben zum angemessenen Selbstbehalt beim Enkelunterhalt.
2. Rechtsprechung
Widerruf der Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe gemäß § 75 SGB VIII
Verwaltungsgericht Aachen, Urteil vom 12. November 2025
Az. 2 K 713/25
Der Kläger ist ein seit dem 5. Dezember 2019 in das Vereinsregister eingetragener Verein, dessen Zweck nach seiner Satzung die Förderung der Jugend- und Altenhilfe, der internationalen Gesinnung und der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens sowie die Bildung und Erziehung von Frauen ist. Seit dem 1. Juni 2023 ist der Verein durch den Kinder- und Jugendhilfeausschuss der Beklagten als Träger der freien Jugendhilfe im Sinne des § 75 SGB VIII anerkannt. Seither förderte die Beklagte im Jahr 2023 durch das kommunale Integrationszentrum (KIZ) verschiedene Einzelprojekte des Vereins. Unter anderem bewilligte das Integrationszentrum eine Förderung für die Projekte „Die afrikanischen kulturellen und literarischen Landschaften“ und „Geschichten des Rassismus, seine Auswirkungen auf schwarze Gemeinschaften und der Widerstand dagegen“, welche der Kläger im Rahmen des Black History Month 2024 (BHM) durchzuführen beabsichtigte. Der Kläger bewarb den BHM auf Facebook mit einem Post, unter welchem sich ein Portrait von Muammar al Gaddafi befand und folgendes Zitat: „Die Freiheit des Menschen mangelt, wenn jemand anderes kontrolliert, was er braucht, denn Not kann dazu führen, dass der Mensch den Menschen versklavt.“ Darunter waren die Logos der beklagten Stadt Aachen und des KIZ aufgeführt.
Nachdem die Beklagte von dem Post Kenntnis erhalten hatte, wandte sie sich an den Kläger und teilte mit, dass das Bewerben des BHM mit Muammar al Gaddafi, dem als Diktator Libyens unter anderem Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen würden, weder dem Ziel des BHM noch den Anträgen des Klägers entspreche, der ansonsten keinesfalls eine Empfehlung durch das KIZ erhalten hätte. Die Beklagte forderte den Kläger auf die Post in allen Veröffentlichungen zu löschen und die Logos zu entfernen, eine Stellungnahme abzugeben, dass die Beklagte nicht mit einer Unterstützung Gaddafis in Verbindung stehe sowie eine Information zu geben, wie die Veranstaltung durchgeführt wurde und ob Gaddafi eine Rolle gespielt habe. Der Kläger sagte dies zu und distanzierte sich von der Verbindung zu Gaddafi.
In seiner Sitzung vom 16. April 2024 beschloss der Kinder- und Jugendhilfeausschuss der Beklagten, die Anerkennung des Klägers als Träger der freien Jugendhilfe wegen Wegfalls der Anerkennungsvoraussetzungen auf Grundlage von § 48 SGB X zu widerrufen. Der Kläger leiste aktuell keine dem Grundgesetz förderliche Arbeit im Sinne des § 75 Abs. 1 Nr. 4 SGB VIII. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, welcher als unbegründet zurückgewiesen wurde. Am 26. Februar 2024 hat der Kläger Klage vor dem Verwaltungsgericht Aachen erhoben. Das Gericht hat die Klage als begründet angesehen.
Die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Anerkennung nach § 75 SGB VIII hätten nicht vorgelegen. Nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X sei ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Hier käme lediglich eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse in Bezug auf die in § 75 Abs. 1 Nr. 4 SGB VIII geforderte Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit in Betracht, welches jedoch abzulehnen sei. Es fehle an der geforderten qualitativen Intensität des kritikwürdigen Verhaltens des Klägers sowie an dem durchgehend zweifelhaften Verständnis von Demokratie und Menschenrechten.
3. Publikationen
Orientierungshilfe zur Umsetzung des § 20 SGB VIII
Der AFET-Bundesverband für Erziehungshilfe e.V. hat eine Orientierungshilfe zur Umsetzung des § 20 SGB VIII, der die Betreuung und Versorgung von Kindern in Notsituationen regelt, veröffentlicht. Die Broschüre konzentriert sich auf die Organisation niedrigschwelliger und präventiver Hilfen, insbesondere für Familien mit psychisch oder suchtkranken Eltern. Sie erläutert die Anspruchsvoraussetzungen, grenzt die Leistung von anderen Sozialgesetzbüchern (insbesondere SGB V) ab und beschreibt die verschiedenen Möglichkeiten der Leistungsgewährung durch Jugendämter oder beauftragte Beratungsdienste. Des Weiteren werden organisatorisch-konzeptionelle Herausforderungen für Jugendämter diskutiert, wie die Bedarfsplanung und die rechtlich gesicherte Kostenübernahme der Hilfen, inklusive konkreter Praxisbeispiele und Mustervereinbarungen.
AFET-Orientierungshilfe zur Umsetzung des § 20 SGB VIII
Umsetzung der Kinderrechte in den Bundesländern
Der Bericht vom Deutschen Kinderhilfswerk e.V. stellt auf 20 Seiten den Kinderrechte-Index 2025 dar, eine zusammenfassende Studie zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in den Bundesländern. Die Untersuchung gliedert sich in sechs Teilindizes, die verschiedene Aspekte der Kinderrechte bewerten, wie etwa das Recht auf Beteiligung, Schutz, Gesundheit, Bildung und einen angemessenen Lebensstandard. Mit insgesamt 101 Indikatoren wird die reale Situation empirisch untersucht, um Stärken und Handlungsbedarfe in den einzelnen Regionen aufzuzeigen. Die Ergebnisse werden länderübergreifend dargestellt und anhand von Karten visualisiert, um durchschnittliche, überdurchschnittliche und unterdurchschnittliche Leistungen zu veranschaulichen. Die aktuelle Studie baut auf der Pilotstudie aus dem Jahr 2019 auf. Durch die Fortführung der Erhebung können erstmals Entwicklungsverläufe dargestellt werden.
4. Akuelles
Fachportal kindgerechte Justiz
Die Koordinierungsstelle Kinderrechte des Deutschen Kinderhilfswerks e.V. bietet ein Fachportal „Kindgerechte Justiz“ an, welches die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention sowie der Leitlinien des Europarates für eine kindgerechte Justiz in Verwaltungs- und Justizverfahren in Deutschland voranbringen möchte. Dazu versorgt das Portal am Verfahren beteiligte Professionen mit Informationen zum Thema Kinderrechte und bietet vielfältige Materialien an. Von dem Angebot können auch Eltern, Sorgeberechtigte und betroffene Kinder und Jugendliche profitieren und sich über das Justizverfahren sowie die Rechte von Kindern- und Jugendlichen informieren.
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