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Pressemeldung

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Dornröschen im Borderland – Frauenforensik in der LVR-Klinik Bedburg-Hau

Fachtagung zu Frauen im Maßregelvollzug / Schwerpunkt sind Patientinnen mit Borderline-Störungen/ Nur etwa sieben Prozent der forensischen Patienten sind weiblich

Köln/Bedburg-Hau, 26. September 2017. In der LVR-Klinik Bedburg-Hau hat heute die zweitägige Fachtagung „Dornröschen im Borderland…“ mit rund 100 Fachleuten begonnen.

Nur etwa sechs bis acht Prozent aller forensischen Patienten sind weiblich. Um sie besser behandeln zu können, wurde vor gut elf Jahren eine für das Rheinland zentrale Frauenabteilung in der größten forensischen Klinik Deutschlands, der LVR-Klinik Bedburg-Hau, eingerichtet. Im Moment werden dort fast 100 Frauen behandelt.
Bei einem knappen Fünftel dieser Patientinnen führte eine Borderline-Störung zu den Straftaten, die zur gerichtlich angeordneten Unterbringung in der LVR-Klinik geführt haben.

So wie bei Christine P. Die vierzigjährige Bonnerin bedrohte Anfang 2014 eine Bekannte; anschließend zündete sie zwei Matratzen in einem unbewohnten Zimmer an und setzte sich in eine Ecke des Zimmers. Glücklicherweise wurde niemand verletzt, aber es entstand ein Sachschaden von rund einer Million Euro.
Das Gericht befand, dass Christine P. psychisch krank und schuldunfähig sei und ordnete ihre Unterbringung in einer forensischen Klinik an. Dort wird sie bis heute auf einer hochgesicherten forensischen Abteilung behandelt. Ihre Diagnose: Emotional-instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ. Bei ihr äußerte sich diese gravierende Erkrankung durch rund 60 Suizidversuche, erhebliche Selbstverletzungen und psychotische Schübe.
Die Brandstiftung beging Frau P. in einem dissoziativen Zustand: Sie war überzeugt, dass sich ihre Mutter und Onkel in dem Zimmer befänden und beschloss, beide und sich selbst umzubringen. Ihr Bewusstsein konnte Informationen von außen und innen nicht mehr sinnvoll in Einklang bringen: „Als hätte ich neben mir gestanden.“
Wie viele Menschen mit Borderline-Syndromen wurde Christine P. in ihrer Kindheit schwer traumatisiert: Sie wurde jahrelang durch den Onkel missbraucht, Mutter und Stiefvater waren körperlich und verbal gewalttätig.

Nur ein kleiner Teil der Forensik-Patientinnen leidet an einer Borderline-Störung. Ihre Behandlung allerdings ist besonders mühsam und langwierig.
Dr. Rudolf Schlabbers, Chefarzt der Frauenforensik der LVR-Klinik Bedburg-Hau: „Die Therapie von Borderline-Patientinnen wie Christine P. stellt uns vor große Herausforderungen. Borderline-Patientinnen „testen“ uns, die sie behandeln. Sie wollen wissen, ob wir genauso sind wie die Menschen, mit denen sie ihre bisherigen (oft traumatischen) Erfahrungen gemacht haben. In der konkreten Therapie geht es darum, die extremen Gefühlsschwankungen für die Patientinnen besser aushaltbar zu machen. Insbesondere müssen die Missbrauchserfahrungen so bearbeitet werden, dass sie keine psychotischen Veränderungen auslösen, die zu Straftaten führen können.“

Zum zweiten Mal beschäftigt sich eine Fachtagung der LVR-Klinik Bedburg-Hau mit der kleinen Gruppe von forensischen Patientinnen. Zukünftig richtet die Klinik alle zwei Jahre eine frauenspezifische Forensik-Veranstaltung für Fachleute aus.
Auf der heute beginnenden Tagung tauschen sich die teilnehmenden Expertinnen und Experten über die komplexen Behandlungsansätze für Borderline-Störungen aus und wollen sie gemeinsam weiterentwickeln – im Interesse der betroffenen Forensik-Patientinnen.



Forensische Patientinnen und Patienten sind Menschen, die in speziellen Kliniken untergebracht werden, weil sie aufgrund einer psychischen Erkrankung oder einer Suchterkrankung straffällig geworden, jedoch nur eingeschränkt oder gar nicht schuldfähig sind und die Gefahr besteht, dass sie aufgrund ihrer Erkrankung erneut Straftaten begehen. Der Landschaftsverband Rheinland verfügt über ein Netzwerk von Spezialeinrichtungen für den Maßregelvollzug. An sieben Standorten mit unterschiedlichen Behandlungsschwerpunkten werden psychisch kranke Straftäterinnen und Straftäter therapiert. Die forensischen Abteilungen der LVR-Klinik Bedburg-Hau, in denen rund 400 Patientinnen und Patientinnen stationär behandelt werden, sind von überregionaler Bedeutung.

Ihre Ansprechpartnerin für redaktionelle Rückfragen:
Landschaftsverband Rheinland
LVR-Fachbereich Kommunikation
Karin Knöbelspies
Tel 0221 809-7714
Mobil 01520-9321 803
E-Mail Karin.knoebelspies@lvr.de

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