Pressemeldung
Beim „Tag der Archäologie" ist die Ausgrabung einer Römervilla eine von zahlreichen Attraktionen
Buntes Programm für die ganze Familie in Titz am Samstag, 30. August
Titz. 26. August 2014. Eine der vielen Attraktionen beim Tag der Archäologie am Samstag, den 30. August 2014, wird die Fahrt zu einer laufenden Ausgrabung im Tagebaugebiet sein. Aus Anlass des Römerjahres 2014 im Rheinland werden diesmal die Überreste eines repräsentativen römischen Landgutes, einer sogenannten villa rustica, vorgestellt.
Im Vorfeld des Braunkohlentagebaus Garzweiler wird seit Anfang 2013 eine der größten römischen Villenanlagen im rheinischen Braunkohlenrevier archäologisch untersucht. Das Villenareal umfasst eine 230 x 240 Meter große Fläche, in deren Zentrum das mit 50 Meter Länge ebenfalls groß dimensionierte Hauptwohnhaus mit einer Badeanlage stand. Die freigelegten Spuren deuten darauf hin, dass der langrechteckige Bau ein repräsentatives Erscheinungsbild abgegeben hat. Von der pars urbana – dem Wohnbereich – war eine pars rustica – der Wirtschaftsbereich mit mehreren Gebäuden – mittels einer massiven Mauer abgetrennt. Auch einige Brunnen, Ofenbatterien, Arbeitsflächen und ein oder zwei kleine, in Holzbauweise errichtete Tempel konnten nachgewiesen werden.
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- In einem Frauengrab an der Römervilla im Tagebau Garzweiler wurde dieses fragile Gefäß gefunden, das teilweise wieder zusammengesetzt werden konnte. Foto: Jürgen Vogel, LVR-LMB
Wie die Funde belegen, wurde der Gutshof bereits im frühen 1. Jahrhundert gegründet und erlebte wohl in den 90er Jahren des 1. Jahrhunderts den Ausbau in Stein. Einen wirtschaftlichen Einschnitt gab es dann – wie auf dem Lande allgemein üblich – im 3. Jahrhundert, vielleicht vom Durchzug plündernder Germanenverbände verursacht. Der Siedlungsplatz blieb jedoch bis ins späte 4. Jahrhundert geringer intensiv bewohnt, bevor er schließlich aufgegeben wurde. Erst als man im 11. Jahrhundert für die ersten Gebäude des neu gegründeten Rodungsortes Otzenrath viele Steine als Baumaterial benötigte, bediente man sich – auch zum Bau einer ersten kleinen romanischen Kirche im Ort – an den Ruinen und baute die Mauerreste der villa rustica systematisch ab.
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- Der Grabgarten der Römervilla im Tagebau Garzweiler während der Ausgrabung. Im Vordergrund ein schon ausgegrabenes Brandgrab (2. Jahrhundert). Gut zu sehen sind die Pfostenlöcher des quadratischen Grabhauses. Foto: Alfred Schuler, LVR-ABR
Im Zuge der Ausgrabungen durch ein Team der Außenstelle Titz unter Leitung von Dr. Alfred Schuler war die Freilegung einer kleinen Familiengrabstätte von besonderem Interesse. Diese bestand aus vier, teilweise reich ausgestatteten Brandgräbern des frühen 2. Jahrhunderts, über denen hölzerne Grabbauten gestanden hatten. Die beiden, parallel angeordneten Totenhäuschen mit je einem Männer- und einem Frauengrab lagen separiert an prominenter Position auf dem Gutshofgelände und waren idyllisch von einer Baumgruppe umgeben. Zu den außerordentlichen Funden aus den beiden Frauengräbern gehört auch ein im Feuer des Scheiterhaufens zerplatztes Schälchen aus Chalcedon (mikrokristalliner Quarz), das wieder zusammengesetzt werden konnte. Hier waren sicher zwei aufeinander folgende Generationen der Gutsbesitzerfamilie beigesetzt, die einen engen Bezug in die Provinzhauptstadt CCAA (Köln) gehabt haben müssen. Dies belegen Funde von Dachziegeln mit einem seltenen Stempel, die im Rheinland – mit Ausnahme von Xanten – nur aus Köln bekannt sind – und nun eben auch aus dem Tagebau Garzweiler.
Zwischen 10 und 16 Uhr finden die kostenlosen Busfahrten zur Ausgrabung statt. Die Plätze für die Fahrten sind begrenzt. Um die Mittagszeit ist der Andrang zu den Bussen weniger groß. Wer an der Fahrt teilnehmen möchte, sollte an festes Schuhwerk und (der Wetterlage entsprechend) an Sonnenschutz oder Regenkleidung denken. Eine eigenständige Anfahrt auf das Abbaugelände ist aus Sicherheitsgründen nicht möglich. Veranstalter des Tages der Archäologie sind wie immer das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, Außenstelle Titz, und die Stiftung zur Förderung der Archäologie im rheinischen Braunkohlenrevier.
Im Gelände der Außenstelle Titz laden zahlreiche Vorführungen und Mitmachaktionen für Kinder zum Besuch ein. Die Präsentation neuer Funde sowie Informationen zu aktuellen Forschungen und zu Projekten der Archäologiestiftung runden das Angebot ab.
Veranstaltungsort:
LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland, Außenstelle Titz
Ehrenstraße 14-16
52445 Titz-Höllen
Weitere Informationen, auch mit Anfahrthinweisen: www.archaeologie-stiftung.de
Tag der Archäologie 2014
Samstag, 30. August 2014, 10 – 18 Uhr
Das Programm im Überblick
Fahrt zu einer aktuellen Grabung im Tagebaugebiet:
Die Busfahrt führt zur Ausgrabung einer ehemals repräsentativen Römervilla im Vorfeld des Tagebaus Garzweiler
Kostenloser Shuttle-Bus ohne Anmeldung - letzte Abfahrt um 16 Uhr.
Eine individuelle Anfahrt ist nicht möglich!
Auf dem Gelände der Außenstelle in Titz-Höllen:
Neueste archäologische Funde aus dem Rheinischen Braunkohlenrevier, z.B.:
Präsentation der Funde von der Römervilla im Tagebau Garzweiler
Glasfunde, vergoldete Nadeln und eine vergoldete Fibel (s. Plakat) aus Pier (Tagebau Inden)
Urnen aus eisenzeitlichen Gräbern des Indetals
Die im Rheinland einzigartige eisenzeitlichen Hofanlage im Freigelände wurde im vergangenen Jahr mit der Fertigstellung des sechsten Hauses komplett. Hier demonstrieren zahlreiche Handwerker ihr Können und man kann das Leben in einem Dorf aus vorchristlicher Zeit nachempfinden.
Aktivitäten für Kinder:
Junior-Archäologen-Ausgrabung,
Antike Spiele,
Modellierarbeiten mit Ton,
Römische Reliefs zum Bemalen
Aktionen und Vorführungen:
Schwerpunktthema Römerzeit:
Wachstafelherstellung
Schreiben zur Römerzeit
Vorführungen zu römischem Militär
Erläuterungen zu römischer Glasproduktion
Weitere Programmpunkte:
Von der Wolle zum Tuch: Textilherstellung mit Handspindel und Gewichtswebstuhl
Mehlherstellung mit keltischen Mahlsteinen
Korbflechter vom Landschaftshof Baerlo
Bienenzüchter aus Rödingen mit Präsentation
Töpferarbeiten aus Langerwehe
Fladenbrote aus dem Lehmkuppelofen
Verkauf von archäologischen Fachbüchern und Repliken
Vorführung archäologischer Filmdokumentationen
Mittelalterliche Küche und moderne Speisen und Getränke
Vorführung in der historischen Schmiede
Infostand des LVR-Kulturhauses Synagoge Rödingen
LVR-Infomobil
Vorstellung von Forschungsprojekten der Archäologiestiftung:
Altersbestimmung durch Baumringkurven (Dendrochronologie)
Archäobotanik: Rekonstruktion der antiken Landschaft
Vorführung geophysikalischer Prospektionstechniken
Restaurierungstechniken am LVR-LandesMuseum Bonn
Frühmittelalterliche Gräberfelder von Pier
Aktuelle Promotions- und Masterarbeiten
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Till Döring
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