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Pressemeldung

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Nach dem Maßregelvollzug: Resozialisierung psychisch kranker Straftäter in Gesellschaft und Gemeinden

200 Fachleute reisten zu Tagung nach Bedburg-Hau / Fokus liegt auf der der steigenden Zahl entlassener Forensik-Patienten / Justiz, Sozialpsychiatrie und Maßregelvollzug in engem Austausch

Bedburg-Hau. 21. Januar 2016. Von rund 1500 Patientinnen und Patienten, die der Landschaftsverband Rheinland als bundesweit größter Träger des Maßregelvollzugs an sechs Standorten im Rheinland versorgt, leben rund 240 außerstationär – in Heimen, im betreuten Wohnen oder der eigenen Wohnung.
Über die angemessene Betreuung der wachsenden Zahl entlassenen Menschen aus dem Maßregelvollzug tauschten sich heute rund 200 Fachleute in der LVR-Klinik Bedburg auf der Tagung „In-Out: Forensische Patienten in sozialpsychiatrischen Netzwerken – eine Herausforderung“ aus.

Grundsätzlich begrüßt wurde von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern von Gerichten (u.a. vom 2. Strafsenat des OLG Düsseldorf und Strafvollstreckungskammern), Gemeindepsychiatrie und Maßregelvollzugskliniken die steigende Zahl von Entlassungen aus dem Maßregelvollzug.
Dadurch verringerte sich die durchschnittliche Verweildauer forensischer Patientinnen und Patienten von 8,5 Jahren im Jahr 2012 auf 7,6 Jahren in 2014.

Die gestiegene Zahl von Entlassungen hat drei wesentliche Ursachen: Die Gerichte ordnen häufiger die Entlassung aus Verhältnismäßigkeitsgründen an, wenn in ihren Augen die Dauer der forensischen Unterbringung nicht mehr im Verhältnis zur Schwere der Straftat steht. Darüber hinaus bereiten die Kliniken die Patienten und Patientinnen von Anfang an stärker auf die Entlassung vor und werden in ihren Bemühungen zunehmend von der Gemeindepsychiatrie dabei unterstützt, die Menschen nach ihrer Entlassung zu versorgen - beispielsweise bei der Suche nach außerstationären, betreuten Wohnformen.

„Jeder Patient und jede Patientin im Maßregelvollzug, bei der die Behandlung und Betreuung in der Klinik dazu geführt hat, dass von ihr in Freiheit keine schweren Straftaten mehr erwartet werden , hat den Anspruch auf Lockerung, langfristige Beurlaubung und nach erfolgreicher Bewältigung dieser Übergangszeiten auch auf die endgültige Entlassung – Maßregelvollzug ist keine Sackgasse, sondern ein therapeutisch hochgesicherter Transitbereich“, stellte Klaus Lüder, Fachbereichsleiter Maßregelvollzug beim LVR, fest.

Dr. Friedhelm Schmidt-Quernheim von der Behörde des Landesbeauftragten für den Maßregelvollzug NRW sieht den Maßregelvollzug im Rheinland auf einem guten Weg: „Die flächendeckende Einführung von forensischen Ambulanzen und die gute Kooperation mit der Gemeindepsychiatrie drückt sich in konkreten Erfolgszahlen aus: Bundesweit liegen Rückfälle deutlich unter zehn Prozent; eigene Untersuchungen haben ergeben, dass es in Nordrhein-Westfalen nur in sieben von 225 Fällen zu erneuten Gewalt- oder Sexualdelikten kam“.

Dennoch diskutierten die Vertreterinnen und Vertreter von Gerichten, Kliniken und Gemeindepsychiatrie auch kontrovers über die Entscheidung für und Vorbereitung von Entlassungen. Insbesondere die Gefährlichkeit von Patientinnen und Patienten wird von Gerichten und den Kliniken im Einzelfall unterschiedlich eingeschätzt und bewertet. Dadurch stellen sich Fragen wie: Wer trägt die Verantwortung für Lockerungsentscheidungen? Wer die Verantwortung für die Entlassung? Wie können angemessene Rahmenbedingungen für die ehemaligen forensischen Patientinnen und Patienten geschaffen werden, wenn die Gerichte aufgrund von Verhältnismäßigkeitsentscheidungen Entlassungen ankündigen?

Zum Hintergrund:
Forensische Patientinnen und Patienten sind Menschen, die in speziellen Kliniken untergebracht werden, weil sie aufgrund einer psychischen Erkrankung oder einer Suchterkrankung straffällig geworden, jedoch nur eingeschränkt oder gar nicht schuldfähig sind. Der Landschaftsverband Rheinland verfügt über ein Netzwerk von Spezialeinrichtungen für den Maßregelvollzug. An sieben Standorten mit unterschiedlichen Behandlungsschwerpunkten werden psychisch kranke Straftäterinnen und Straftäter therapiert. Die forensischen Abteilungen der LVR-Klinik Bedburg-Hau, in denen knapp 400 Patientinnen und Patientinnen stationär behandelt werden, sind von überregionaler Bedeutung.

Ansprechpartnerin für redaktionelle Rückfragen:

Landschaftsverband Rheinland
LVR-Fachbereich Kommunikation
Karin Knöbelspies
Tel 0221 809-7714
Mobil 01520-9321 803
E-Mail Karin.knoebelspies@lvr.de

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