Dormagen und Neuss unterstützen mit Eltern-Apps
von Natalie Deissler-Hesse
Die kleine Angelina macht ihrer Mutter große Freude. Die 22-jährige Saskia ist sich ganz sicher, bei ihrem wenige Tage alten Baby schon ein zaghaftes Lächeln entdeckt zu haben. Trotz der vielen schönen Momente mit ihrer Tochter fühlt sich Saskia „vom vielen Papierkram“ gestresst, der auf sie wartet: In der Schwangerschaft hat sie sich vom Vater ihrer Tochter getrennt. Zudem ist sie die erste Mutter in ihrem Freundeskreis. Wen soll sie fragen, wo und wie sie Elterngeld beantragen oder wie sie das gemeinsame Sorgerecht beurkunden kann?
Die Familienapp – eine Antwort auf viele Fragen
Mit ihren Fragen rund um die Mutter- und Elternschaft ist Saskia nicht allein. Die Städte Neuss und Dormagen haben sich deshalb einen Service ausgedacht, der wichtige Tipps, Kontakte und Hilfsangebote für Eltern bündelt. In den kostenfreien Apps „Dormagener Familien-App“ und „Neusser Familien-Navi“ sind u.a. Informationen zu Kindergärten, Spielplätzen, Elternkursen und finanziellen Hilfen zusammengestellt. Saskia findet in der App ihres Wohnorts Unterstützungsangebote, die auf ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Sie gibt den Geburtstermin ihrer Tochter ein und erfährt, in welchem Zeitraum die Vorsorgeuntersuchungen von Angelina stattfinden und wie sie Elternzeit beantragen kann. In der Checkliste wird die junge Mutter auch darüber informiert, dass sie schon bald mit der Rückbildungsgymnastik beginnen kann. Die angegebene Telefonnummer des kinderärztlichen Notdienstes hat sie sich sicherheitshalber gemerkt. Nun fühlt sie sich gut gerüstet für die nächsten Monate mit ihrem Baby. Auch Saskias schwangere Freundin Elif wünscht sich Unterstützung in der Mutterschaft. Sie ist auf der Suche nach einer Hebamme. Außerdem hat sie von den Frühen Hilfen gehört und möchte mehr über deren Angebote erfahren. Als sehr entlastend empfindet sie es, dass die Kernaussagen der Ratgeber auf Türkisch verfügbar sind. Sieben weitere Sprachen gibt es, darunter Russisch, Polnisch, Griechisch, Kroatisch und Arabisch.
Von der Idee bis zur fertigen App
Wie aus einer guten Idee eine breit gefächerte, aber unkomplizierte Anwendung wurde, erläutern Uwe Sandvoss (Jugendamt Dormagen) und Christina Kloster (Jugendamt Neuss). Angefangen habe alles mit dem Wunsch, die vielen wichtigen Informationen für Eltern und Kinder überschaubar und leicht zugänglich zusammenzufassen. Davon ausgehend, dass laut statistischen Berechnungen rund 97 Prozent der 14 bis 39-Jährigen 2019 über ein Smartphone verfügten, kam eine kostenlose App schnell ins Gespräch. „Auch wir als über 40-Jährige nutzen ja überwiegend unsere Smartphones oder Tablets zur Informationssuche und kaum noch Printprodukte“, begründet Uwe Sandvoss die Entscheidung für eine App. Die Benutzerfreundlichkeit und Interaktivität einer App haben die Jugendämter gegenüber einer möglichen Website oder gar einer Broschüre dann schnell überzeugt. Ein weiterer Pluspunkt: Durch die Möglichkeit des kurzfristigen Einstellens neuer Angebote ist die Aktualität gewährleistet. Am Puls der Zeit ist insbesondere die Dormagener App, die mit dem Menüpunkt Covid 19 wichtige Informationen, Rufnummern und Links der Stadt bereithält.
Intensive Zusammenarbeit von Beginn an
Die Zusammenarbeit der beiden Jugendämter, die nahezu zeitgleich eine Familien-App auf den Weg brachten, erwies sich als sehr fruchtbar. Die Koordinatoren beider Familien-Apps standen und stehen in regem Austausch über Konzept, Inhalt und Weiterentwicklung. Wohlfahrtsverbände und freie Träger zeigten sich schnell interessiert und stellten ihre Kurse oder andere Angebote ein. Dem Schutz der persönlichen Daten der Eltern wird Rechnung getragen, indem diese ausschließlich auf dem Endgerät gespeichert und nicht an andere Server übermittelt werden. Die Apps entstanden mit finanzieller Unterstützung des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen (MKFFI), das den Ausbau von Präventionsketten in den Kommunen in NRW aktuell mit dem Landesprogramm „kinderstark – NRW schafft Chancen“ (www.kinderstark.nrw) fördert. Die Apps sind ein Baustein in den Präventionsketten der Städte Dormagen und Neuss, die diese seit vielen Jahren – auch mit Unterstützung der LVR-Koordinationsstelle Kinderarmut (www.kinderarmut.lvr.de) – schrittweise auf- und ausbauen. Und wie kommt die App zu den Hilfesuchenden? Um auf den digitalen Service aufmerksam zu machen, haben die beiden Jugendämter Flyer sowie Plakate in verschiedenen Institutionen ausgelegt. Auch im Willkommenspaket der Frühen Hilfen der Stadt Neuss für Eltern von Neugeborenen findet sich ein Hinweis auf die App. Dormagen hat darüber hinaus ein Erklärvideo über die wichtigsten App-Funktionen entwickelt, das in Kürze u.a. auf der Website der Stadt Dormagen verfügbar sein wird. „Die Nutzung der App nimmt aber auch ohne umfangreiche Werbemaßnahmen zu“, hält Christina Kloster fest. Sie setzt auch auf die Mund-zu-Mund-Propaganda in der Elternschaft.
Weiterentwicklung in Planung
In Zukunft sollen die Rückmeldungen zur App ausgewertet und Wünsche der Familien soweit möglich berücksichtigt werden. „Ziel ist es, dass die App mit den Familien mitwächst“, wünscht sich Christina Kloster. Eine Nutzerin regt verbesserte Filtermöglichkeiten an, zum Beispiel nach Alter des Kindes. Insgesamt fallen die Nutzer*innen-Bewertungen positiv aus. Gelobt wird insbesondere die einfache, schlüssige Anwendung. „Gut finde ich, dass die nächsten Schritte der Elternschaft in Form einer Checkliste angezeigt werden, wenn man das Geburtsdatum des Kindes angibt“, erläutert eine Mutter, die die Neusser App regelmäßig nutzt. Auch dass man erfahre, welche Formulare für diverse Anträge benötigt würden, findet sie hilfreich. „Ich habe in den letzten Wochen immer verzweifelt gegoogelt, um zu erfahren, wie welche Sachen bei mir hier in Neuss geregelt werden“, berichtet eine werdende Mutter. Sie sei „sehr froh, dass es jetzt eine ‚Hilfsapp‘ gibt, die genau auf die lokalen Gegebenheiten ausgerichtet ist.“ Eine Nutzerin der Dormagener App hebt den Veranstaltungskalender als „besonders gut“ hervor. „In der App sind viele wichtige und gute Informationen für Familien und Fachkräfte aus dem Stadtgebiet zusammengestellt!“, urteilt die Nutzerin. Auch dass die Jugendämter einen großen Schritt in Richtung Digitalisierung gemacht haben, begrüßen die Nutzer*innen. Saskia bleiben nun viele Telefonate und Ämtergänge erspart. So bleibt ihr mehr Zeit, das Lächeln ihrer Tochter zu genießen.